Sehr geehrte Fragestellerin,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Vom Arbeitgeber für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlte Abfindungen unterliegen als außerordentliche Einkünfte seit 2006 komplett der Einkommensteuer (§ 34 EStG).
Lediglich Sozialversicherungsbeiträge (Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung) fallen nicht an.
Allerdings werden Abfindungen steuerlich durch Anwendung der Fünftelregelung begünstigt. Die einmalige Einnahme wird so behandelt, als erhielte der Empfänger diese gleichmäßig auf die nächsten fünf Jahre verteilt.
Trotzdem gelten die §§ 2, 19, 24 EStG.
Grundsätzlich muss der Arbeitgeber daher die Lohn- und Gehaltsabrechnung auf Grundlage der ihm vorliegenden Daten des Arbeitnehmers vornehmen.
Der Arbeitgeber ist zur Berechnung und Abführung der auf die Abfindung entfallenden Lohnsteuer verpflichtet, d.h. er muss bei der Auszahlung der Abfindung eine (Lohn-)Abrechnung hierüber erteilen und dabei die einzubehaltende Lohnsteuer berechnen, die errechnete Steuer bei der Auszahlung einbehalten und an das für den Betrieb zuständige Finanzamt als Betriebsstättenfinanzamt abführen.
Gem. § 1 EStG wird in der BRD zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht differenziert. Auch ohne Anmeldung eines Wohnsitzes in Deutschland reicht der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland aus, um unbeschränkt steuerpflichtig zu sein.
Als gewöhnlicher Aufenthalt gilt in der BRD gem. § 9 Abgabenordnung (AO) ein zeitlich zusammenhängender Aufenthalt von mehr als 6-monatiger Dauer; kurzfristige Unterbrechungen bleiben unberücksichtigt (183 Tage-Regel).
Bei unbeschränkter Steuerpflicht unterliegt das gesamte Welt-Einkommen der Einkommensteuer in der BRD, d.h. es kommt nicht mehr darauf an, in welchem Land es erzielt wurde (z.B. Auszahlung im Ausland).
Eine mehrfache Besteuerung verhindern sog. Doppelbesteuerungsabkommen.
Mit welchen Ländern Deutschland
ein DBA geschlossen hat, ist beim Bundesfinanzamt zu erfragen.
Bei beschränkter Steuerpflicht, d.h. ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland unterliegt lediglich das in Deutschland erzielte Einkommen der Steuerpflicht und ist hier zu versteuern.
Keine Einkünfte in Deutschland bedeutet dann auch keine Einkommensteuer!
Ihre Abfindungsanspruch ist aber in der BRD entstanden und wird auch hier abgerechnet und ausbezahlt. Damit bleibt es m.E. bei der Steuerpflicht in der BRD auch wenn Sie eine ausländische Bank haben.
Sie müssen daher Ihre Verhältnisse vor Abrechnung und Auszahlung der Abfindung im Januar 2022 verändern und das dem Arbeitgeber auch mitteilen, und zwar so rechtzeitig, dass er die neuen Daten noch berücksichtigen kann.
Allerdings unterliegt bei einem Aufenthalt im Ausland die Abfindung dort der Steuer.
Mir ist kein Land bekannt, in dem keine Steuern anfallen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Helge Müller-Roden
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Rechtsanwalt Helge Müller-Roden
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Sehr geehrter Herr Müller-Roden,
vielen Dank für Ihre schnelle und ausführliche Antwort, diese war sehr hilfreich und verständlich.
Verstehe ich Sie richtig, dass wenn ich noch im Dezember in einem EU Mitgliedsstaat mit DBA mich wohnhaft melde und dort wohne und dies meinem Arbeitgeber noch rechtzeitig mitteile, dass dann die Abfindung nicht mehr in Deutschland besteuert wird, sondern in dem jeweiligen Land? Oder müsste ich dort bspw. erst 6 Monate wohnen damit die Steuer nur dort anfällt?
Wie ich auch aus Ihrer Antwort verstehe, gibt es kein Land, in dem ich die Steuern auf meine Abfindung vermeiden kann, aber es gibt ein Gesetz (BFH, Urteil vom 10.06.2015, Az. IR 79/13, Abruf-Nr. 179869; BMF , Schreiben vom 31.03.2016, Az. IV B 2 - S 1304/09/10004, Abruf-Nr. 185963), die besagt, dass einige Länder wie die Niederlande, in denen keine Steuern auf die Abfindung gezahlt werden sollten, verstehe ich richtig?
Vielen Dank und viele Grüße
Es stellt sich die Frage, ob bei einer Ummeldung im Jahr 2021 die Finanzverwaltung bzw. der Arbeitgeber bereits von einem dauerhaften Aufenthalt im Ausland ausgeht.
Zumindest der Arbeitgeber wird vorsichtshalber die Abfindung nach den ihm vorliegenden Daten abwickeln und die Einkommensteuer zunächst einmal abführen.
Es wäre Ihre Sache, diesen unter Hinweis auf die zitiere Rechtsprechung davon abzuhalten, wenn Sie die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen haben.