Sehr geehrter Fragesteller,
ich bedanke mich für Ihre Anfrage, zu der ich auf der Grundlage Ihrer Schilderung und Ihres Einsatzes gerne wie folgt Stellung nehme:
I. Welche Pflichten ein Steuerberater hat, richtet sich grundsätzlich nach dem Inhalt und dem Umfang des ihm erteilten Mandats.
Sie haben Ihren Steuerberater - wenn ich Sie richtig verstehe - explizit beauftragt, (auch) gegen den Umsatzsteuerbescheid Einspruch einzulegen. Daß der Steuerberater die Frist hierfür versäumt hat, begründet deshalb ohne weiteres eine Pflichtverletzung i. S. des § 280 Abs. 1 BGB
, zumal Sorgfalt in bezug auf Rechtsbehelfsfristen ohnehin zu den Pflichten eines Steuerberaters gehört (vgl. BGH, Urt. v. 13.02.1992 - IX ZR 105/91
).
Nach § 208 Abs. 1 Satz 2 BGB
wird vermutet, daß der Steuerberater seine Pflichtverletzung zu vertreten hat, er also (zumindest) fahrlässig gehandelt hat. Diese Vermutung wird er kaum widerlegen können, wenn und weil er - nach eigenen Angaben - "vergessen und übersehen" hat, Einspruch einzulegen.
Ich gehe deshalb, soweit eine Beurteilung aus der Ferne möglich ist, davon aus, daß Ihr Steuerberater Ihnen grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet ist.
II. Festzustellen bleibt - was im Rahmen dieser Plattform nicht abschließend möglich ist -, ob und in welchem Umfang Ihnen durch die Pflichtverletzung des Steuerberaters ein Schaden entstanden ist.
Nach § 249 Abs. 1 BGB
sind Sie so zu stellen, wie Sie bei pflichtgemäßem Handeln des Steuerberaters stünden. Es muß also, mit anderen Worten, ermittelt werden, welchen Lauf die Dinge genommen hätten, wenn Ihr Steuerberater gegen den Steuerbescheid rechtzeitig Einspruch eingelegt hätte.
Insoweit kommt es in erster Linie darauf an, ob Sie dadurch, daß der Steuerbescheid bestandskräftig geworden ist, mehr Umsatzsteuer zu zahlen haben, als dies auf der Grundlage Ihres tatsächlichen Umsatzes der Fall gewesen wäre. Denn diese (mögliche) Mehrbelastung ist im Grundsatz Ihr Schaden, zu dessen Ersatz der Steuerberater nach dem Gesagten verpflichtet sein dürfte.
Ich hoffe, daß ich Ihnen mit dieser Auskunft weiterhelfen konnte, und bin gerne bereit, Ihre Interessen im Rahmen eines Mandats zu vertreten. Selbstverständlich haben Sie auch die Möglichkeit, hier eine kostenlose Nachfrage zu stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Trettin
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 16.09.2009 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Trettin,
vielen Dank für die detaillierte Antwort zu meinem Problem.
In der Tat ist es so, dass gegen BEIDE Bescheide hätte Einspruch eingelegt werden sollen.
Zusätzlich hat die Zusammenstellung der Unterlagen ergeben, dass nur ein margialer "Gewinn" (unter 50 EUR!) erwirtschaftet worden wäre - insofern, dass haben Sie richtig interpretiert, hätte es (lt. Steuerberater) überhaupt keine Zahlung geben müssen.
Ich verstehe es also so, dass (soweit in diesem Rahmen erkennbar) tatsächlich eine zumindest fahrlässige Pflichtverletzung vorliegen könnte und, da belegbar, der volle entstandene Schaden vom Steuerberater zu tragen sein könnte?
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Ich gehe tatsächlich davon aus, daß der Steuerberater fahrlässig seine Pflichten aus dem mit Ihnen geschlossenen Vertrag verletzt hat, indem er gegen den hier interessierenden Bescheid keinen Einspruch eingelegt hat.
Es ist Sache des Steuerberaters, sich zu entlasten und darzulegen, daß ihm keine Fahrlässigkeit zur Last fällt. Diese Entlastung dürfte ihm nach Ihrer Schilderung nicht gelingen, zumal der Steuerberater selbst einräumt, daß er den Einspruch schlicht "vergessen" hat.
Die Grundlage für eine Schadensersatzpflicht ist damit m. E. gegeben. Im übrigen ist - zumindest ohne Kenntnis aller Einzelheiten - anzunehmen, daß Ihnen ein Schaden in Höhe der festgesetzten Umsatzsteuer entstanden ist, wenn und weil Sie "eigentlich" keine Umsatzsteuer hätten abführen müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Trettin
Rechtsanwalt