Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Wenn Ihr Sohn als nicht-gesetzlicher Erbe der Erblasserin (also nicht verwandt mit ihr) etwas erben soll, geht das nur, wenn er durch ein Testament wirksam bedacht wurde. Ob dies vorliegend der Fall war, geht aus Ihrer Sachverhaltsschilderung nicht eindeutig hervor:
Zunächst müsste Ihr Sohn also durch ein wirksames Testament das Sparbuch als sog. Vermächtnis erhalten haben. Ein Testament ist nur dann wirksam, wenn es die Erblasserin eigen-handschriftlich oder vor einem Notar errichtet und unterschrieben hat. Bloße mündliche Zusagen oder auch ein mit Schreibmaschine geschriebenes (nicht-notarielles) Testament, das die Erblasserin lediglich unterschrieben hat, reichen nicht aus.
Auch ohne wirksames Testament kann Ihr Sohn aber das Eigentum am Sparbuch erworben haben, wenn die Erblasserin Ihrem Sohn das Sparbuch noch zu Lebzeiten geschenkt haben sollte, und Ihnen - als gesetzliches Vertreterin Ihres minderjährigen Sohnes - das Sparbuch noch zu Lebzeiten übergeben haben sollte (§§ 2301 Abs. 2
, 516 Abs. 1
, 518 Abs. 2 BGB
). Ob dies der Fall war, ist eine Frage der tatsächlichen Umstände, d.h. wollte die Erblasserin das Sparbuch noch zu Lebzeiten an Ihren Sohn schenken und übereignen. Zur Ermittlung, was die Erblasserin insoweit wollte, kommt es auf ihre Erklärungen und die Umstände an. Um dies zu klären, gibt Ihre Sachverhaltsschilderung aber nicht genug her. Sie teilen mit "Wir haben das Sparbuch erhalten." Eine wirksame Schenkung unter Lebenden kommt nur dann in Betracht, wenn Ihnen die Erblasserin das Sparbuch noch vor ihrem Tod übergeben hat (oder ein notariellles Schenkungsversprechen an Ihren Sohn auf den Todesfall errichtet hätte, § 518 Abs. 1 BGB
).
Im folgenden gehe ich davon aus, dass die Erblasserin Ihrem Sohn das Sparbuch durch ein wirksames Testament als Vermächtnis ausgesetzt hat, hifsweise, Ihrem Sohn das Sparbuch wirksam unter Lebenden geschenkt hat.
Ferner gehe ich davon aus, dass der Sohn der Erblasserin deren einziger gesetzlicher Erbe ist.
Dann beträgt der sog. Pflichtteil des Sohnes die Hälfte des Wertes des Nachlasses. Nach Ihrer Schilderung umfasst der gesamte Nachlass einen Wert von 114.000,00 €: 50.000,- € für den Sohn der Erblasserin, 50.000,- € für die Kinderklinik und 14.000,- € Einlage auf dem Sparbuch. Dann beträgt die Höhe des Pflichtteils des Sohnes der Erblasserin 57.000,- €.
Diesen Pflichtteil darf die Erblassrin ihrem Sohn nicht entziehen, und ihn auch nicht dadurch schmälern, indem sie Miterben einsetzt oder Vermächtnisse aussetzt, aber auch nicht, indem sie kurz vor ihrem Tod das Erbe verschenkt.
In diesen Fällen hat der Sohn als gesetzlicher Erbe gegen den/die Miterben, Vermächtnisnehmer und Beschenkte einen Ausgleichsanspruch bis zur Höhe seines gesetzlichen Pflichtteils. Gesetzliche Grundlage des Ausgleichsanspruchs des pflichtteilsberechtigten Erben ist gegen den Miterben § 2316 Abs. 2 BGB
, gegen den Vermächtnisnehmer §§ 2318 Abs. 3
, 2326 BGB
und gegen den zu Lebzeiten Beschenkten §§ 2335
, 2326 BGB
. (Bei einer Schenkung gilt die Besonderheit, dass sich der Ausgleichsanspruch ab dem Tod des Erblassers jedes Jahr um ein Zehntel mindert, § 2325 Abs. 3 BGB
).
Der Auasgleichsanspruch ist nicht auf Herausgabe des Sparbuchs gerichtet, sondern auf Zahlung des Ausgleichsbetrages in Geld.
Zwar beträgt der Ausgleichsanspruch des Sohnes des Erblasserin insgesamt 7.000,- € (s.o.). Allerdings kommt es zu einer Schmälerung des Pflichtteils des Sohnes der Erblasserin erst durch das Zusammenwirken des Vermächtnisses (bzw. der Schenkung an Ihren Sohn) und der Erbeinsetzung der Kinderklinik.
Wenn der Erbe Ihren Sohn als Vermächtnisnehmer auf Ausgleich in Anspruch nimmt, besteht nach § 4126 Abs. 1 BGB
gegen den Miterben (Kinderklinik) ein anteiliger Ausgleichsanspruch im Verhältnis der Werthöhe des Vermächtnisses zur Werthöhe des Miterbenanteils (14:50). Umgekehrt hat aber auch die Kinderklinik als Miterbe gegen Ihren Sohn einen anteiligen Ausgleichsanspruch, wenn sie vom Erben in voller Höhe auf Ausgleich in Anspruch genommen wird.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt C. Norbert Neumann
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Es muss im vorletzten Absatz richtig heißen: § 426 Abs. 1 BGB
.
Wichtig ist noch, dass die Ausgleichsansprüche des Erben (Sohnes) der Erblasserin innerhalb von drei Jahren, beginnend mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem die Erblasserin verstorben ist, verjähren, wenn sie nicht vorher durch Mahnbescheid oder Klage geltend gemacht worden sind.
Bei § 2325 Abs. 3 BGB muss es richtig heißen, dass sich der Ausgleichsanspruch des pflichtteilsberechtigten Erben gegen den Beschenkten pro Jahr zwischen Schenkung und Erbfall um ein Zehntel mindert, d.h. Schenkungen, die mehr als zehn Jahre vor dem Erbfall vorgenommen wurden, bleiben unberücksichtigt.