Sehr geehrter Rechtssuchender,
da Sie aus dem Ausland schreiben, darf ich Sie fragen, ob Sie die Abmahnung aus Deutschland erhalten haben bzw. Ihre Emails nach Deutschland versendet haben? Ich kann hier nur über deutsches Recht betreffende Fragen schreiben.
Sie haben recht, dass bereits die Versendung einer einzigen Werbeemail einen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb darstellen und damit kostenpflichtig abgemahnt werden kann.
Der Begriff der Werbung ist nach der Rechtsprechung vom Schutzzweck her weit auszulegen [siehe LG Berlin, NJW 2002, 2569
; AG Hamburg, Urteil vom 20.06.2005 - Az. 5 C 11/05
abgedruckt in NJW 2005, 3220
ff.]. Soweit Sie vortragen, dass neben Ihrer Studie eine Firma dahintersteht, die wohl auch die Gewinne ausschüttet, gehe ich stark davon aus, dass ein Gericht Ihre Emails als Werbe-Emails einstufen wird. Die finanzierende Firma dürfte zweifelsfrei kommerzielle Interessen verfolgen und nichts zu verschenken haben. Insbesondere Gutscheine haben doch den Zweck, den potenttiellen Kunden zu annimieren, noch weitere Produkte zu erwerben, ihn also erstmal zu locken, damit er dann kauft.
Ihre Forschungsarbeit ist sicher nicht das Problem, sondern der zusätzliche Werbeeffekt, der Firma, mit der Sie kooperieren.
Meiner Ansicht nach ist es weiterhin keine Frage, ob sich der Abmahntext oder die abzugebende Unterlassungserklärung als sog. Standarttext liest. Solche Texte werden oftmals von Rechtsanwälten rechtssicher formuliert und klingen daher entsprechend.
Auf die Unterscheidung zwischen "Unsolicited Bulk E-Mail =UBE" oder "Unsolicited Commercial E-Mail = UCE" also Massen-Emails oder Werbe-Emails kommt es meiner Ansicht nach in Ihrem Fall nicht an. Ich denke, dass Ihre Emails Werbung zumindest mit beinhalten. Hinzu käme die Masse, wobei ich nicht weiß, wie viele Mails Sie versendet haben.
Für den Gewerbetreibenden kostet es Zeit und damit Geld, seine Email-Postfächer nach wichtiger Geschäftskorrespondenz und Werbung bzw. unverlangten Emails zu filtern. Seit dem Email-Zeialter nimmt diese billige ja fast gar nichts kostende Werbemöglichkeit immer mehr zu. Die Rechtsprechung ist nicht ganz einheitlich. Ich denke aber, die solche, die das Versenden von unverlangten Massen- oder Werbe-Emails einzudämmen sucht, wird sich durchsetzen.
Meiner Ansicht nach ist die Unterlassungserklärung in Ihrem Fall zu recht erfolgt. Nach der Rechtsprechung kann die Wiederholungsgefahr allein durch die Abgabe einer strafbewährten Unterlassungerklärung ausgeräumt werden. Anderenfalls droht möglicherweise eine kostenintensive einstweilige Verfügung usw.
Die Höhe der Vertragsstrafe mit 5.100,00 € erscheint mir etwas hoch. Ich denke, es sollten 2.500,00 € ausreichend sein. Wenn Sie zumindest die Unterlassungserklärung abgeben und diese eventuell mit 2.500,00 € beziffern, geben die meisten Abmahner Ruhe. Sie müssen nicht den Vordruck des Gegners unterschreiben. Sie können diesen auch selbst formulieren.
Bei Ihnen stellt sich noch die Frage, inwieweit der Abmahner seine Anstrengungen bei der Geltendmachung ins Auslang ausdehnen will. Das hängt aber von ihm ab und kann von mir nicht eingeschätzt werden.
"Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht" bedeutet, dass Sie zwar tun, was man von Ihnen will, sie aber nicht die Auffassung vertreten, hierzu verpflichtet zu sein.
Ich verstehe nicht, warum die Berufsverbände Ihre Mails weitersenden sollten. Wenn Sie sich zu einer Unterlassung verpflichten, müssen ja nur Sie selbst unterlassen. Auf die Tätigkeit anderer haben Sie doch keinen Einfluss.
Ich habe über das Problem bereits einen Artikel geschrieben, den Sie unter folgendem Link nachlesen können: http://www.123recht.net/Unverlangte-Werbe-E-Mails-und-Werbe-Faxe-sind-unzul%E4ssig__a20118.html
Im Ergebnis: Schade um Ihre Studie. Aber lassen Sie das Versenden unverlangter Emails lieber sein!
Ich hoffe, ich konnte Ihnen in der Angelegenheit weiterhelfen. Für Rückfragen dürfen Sie sich gern an mich wenden. Meine Daten entnehmen Sie bitte diesem Forum. Oder Sie nutzen die Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Brudermann
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 10.04.2007 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Brudermann,
herzlichen Dank für Ihre rasche und gute Antwort!
Ich möchte hier noch die Möglichkeit einer Nachfrage nutzen und würde mich freuen, wenn Sie diese ebenso gut beantworten könnten.
Zur Klärung Ihrer Fragen:
Ja, es kommt meines Wissens nach deutsches Recht zur Anwendung, da die Mails von Österreich nach Deutschland versendet wurden.
Zur Anzahl der Mails: Es waren einige hundert Mails.
Eine wichtige Frage zu den Berufsverbänden:
Ich habe die Berufsverbände gebeten meinen Ideenwettbewerb zu bewerben indem sie meine Mail an ihre Mitglieder weiterleiten (oder einen Newsletter versenden oder ähnliches). Wenn nun ein Berufsverband meine Mail an Herrn Y weiterleitet, wird dann (nach unterschreiben der Unterlassungserklärung) die Vertragsstrafe fällig?
Kann ich mich absichern, indem ich den Berufsverbänden schreibe, dass sie meine Mail bitte an alle Mitglieder bis auf Herrn Y weiterleiten sollen?
(Wie sie sicher nachvollziehen können, ist diese Frage sehr wichtig für mich.)
Nur aus Interesse:
Sie gehen sehr nachvollziehbar davon aus, dass ein Gericht meine Mail als Werbe-E-Mail einstufen würde.
Wäre es keine Werbemail, wenn ich den Namen der Firma weg gelassen hätte?
Wäre eine Massenaussendung dann erlaubt gewesen?
Spielt das für eine Unterlassungserklärung überhaupt eine Rolle, ob es eine Werbe-Massenmail oder nur eine Massenmail ist?
Ich werde Ihrem Rat aber in jedem Fall folgen und Massenaussendungen dieser Art künftig unterlassen sowie meine Kollegen über die Rechtslage aufklären.
Noch Mals herzlichen Dank für Ihre gute Antwort und auch besten Dank im Voraus für Ihre Antwort auf meine Nachfrage.
Mit freundlichen Grüßen,
Ein Rechtsuchender
P.S.: Im Prinzip freut mich diese Rechtslage als Privatperson, da auch ich täglich einen Posteingang mit duzenden Werbemails vorfinde. Als Sozialwissenschafter muss ich allerdings feststellen, dass diese Rechtslage die Forschung massiv behindert und teilweise verunmöglicht.
Darüber hinaus nützt die Rechtlage gegen die viel häufigeren Viagra-Penisverlängerungs-Refinance-Aktientipp-E-Mails genau gar nichts.
Sehr geehrter Fragesteller,
zunächst einmal freut es mich, wenn ich Ihnen schon einmal weiterhelfen konnte.
Für den Abmahner stellt sich nach Auslotung seiner rechtlichen Möglichkeiten natürlich immer deren praktische Durchsetzung. Ich selbst empfehle meinen Mandanten eine solche im Ausland eher weniger. Hierbei handelt es sich allerdings - wie Sie selbst ausführen - um Viagra- oder "Penisvergrößerungs"-Werbung, die aus Übersee versendet wird und man derer kaum habhaft werden kann. Hier hilft im Prinzip nur ein guter Spam-Filter.
Österreich ist indes nicht weit von Deutschland entfernt und Mitglied der EU. Die Geltendmachung von Ansprüchen von Deutschland aus in Österreich ist daher durchaus möglich. Wir arbeiten selbst mit dortigen Kollegen zusammen.
Übrigens ist die Anspruchsgrundlage für den Abmahner in diesen Fällen der sog. "Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb". Einen solchen hat ein privat betroffener Spam-Empfänger nicht.
Meiner Ansicht nach haben Sie ein Problem, wenn jemand anders Ihre Email weiterleitet, soweit Sie als Absender verantwortlich sind. Der Abmahner wird also das Impressum der Email prüfen. Ich empfehle Ihnen, die Berufsverbände lieber zu bitten, die Emailweiterleitung einzustellen. Sicher kann man Ihrem und erst recht dem Unterfangen von Berufsverbänden die Seriösität nicht absprechen. Die meisten Email-Empfänger werden auch sicher nichts unternehmen. Aber schließlich reicht es aus, wenn Ihnen ein einziger Schwierigkeiten macht.
Ich würde mich aber nicht darauf verlassen, dass im Zweifel das zuständige Gericht Ihnen recht gibt. Für den Erlass einer einstweiligen Verfügung entscheidet das Gericht nach dem glaubhaft gemachten schlüssigen Vortrag des Antragstellers.
In der Praxis ist es übrigens schwierig, den Versand weiter Emails garantiert zu stoppen. Ich hatte in meiner Praxis einen Fall, da versteckte sich die Email-Adresse des Abgemahnten in sog. Backup-Dateien und der Versand ging munter weiter.
Wie gesagt mag - z. B. bei einer Sendung tatsächlich ohne Werbeinhalt - das Gericht dies auch so sehen. Aber was nützt Ihnen das in dem Fall noch? Vielleicht ist es eher hilfreich, die Firmen anzuschreiben, ob sie an Ihrem Forschungsprojekt partizipieren wollen. Die Schwierigkeit ist in der Praxis, dass Sie Werbe-Emails versenden dürfen, wenn der Empfänger einwilligt. Die größte Schwierigkeit aller Werbetreibenden ist es gerade, die Einwilligung "unbeschadet" erhalten zu können.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen, auch wenn Ihnen eine positivere Antwort sicher lieber gewesen wäre. Ich wünsche Ihnen trotzdem alles Gute für Ihre Forschungsarbeiten.
Mit freundlichen Grüßen
Brudermann
Rechtsanwalt