Sehr geehrte Ratsuchende,
gerne beantworte ich Ihre Anfrage unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsschilderung und Ihres Einsatzes wie folgt:
Zunächst einmal dürfte rechtlich nicht zu beanstanden sein, dass bei einer Vertragsänderung eine erneute Mindestlaufzeit vereinbart wird. Sie können daher den Vertrag nur vorzeitig kündigen, wenn Ihnen wegen des Umzugs ein Sonderkündigungsrecht zusteht.
Enthält der Vertrag keine spezielle Regelung für den Fall eines Umzuges, muss hier das Merkmal „wichtiger Grund" entsprechend ausgelegt werden. Hierbei kann man sich an dem gesetzlich eingeräumten Kündigungsrecht für diese Fälle orientieren, § 314 BGB
bzw. § 626 BGB. Dort wird dem Verbraucher ein Rücktrittsrecht eingeräumt, wenn ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsparteien die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann. Das Rücktrittsrecht muss innerhalb angemessener Frist nach Kenntnis des Kündigungsgrundes erfolgen.
Ob ein Umzug einen wichtigen Grund darstellt, war bisher in der Rechtsprechung umstritten.
Ein Teil der Gerichte stellt darauf ab, dass ein Umzug keinen wichtigen Grund darstellt.
Das Amtsgericht Frankfurt /Main (Urteil vom 12.12.2007, AZ.: 387 C 1085/07) lehnt eine Kündigung aus wichtigem Grund zum Beispiel mit dem Argument ab, dass die Erbringung der Leistung an dem alten Wohnort möglich ist und es somit im Risikobereich des Kunden liegt, wenn dieser umzieht und seinen Anschluss nicht mehr nutzen kann. Bei einem Festnetzanschluss verpflichte sich der Anbieter nur, die Dienstleistung an dem vertraglich festgelegten Wohnort vorzunehmen. Der Vertrag sei also standortgebunden und müsse selbst dann weiter erfüllt werden, wenn der Verbraucher keine Leistung erhalte.
Auch nach Ansicht des Landgerichts München I (Urteil vom 14.02.2008, AZ.: 12 O 19670/07
) und des LG Bochum (Beschluss v. 27.04.2009, Az. I-5 S 2/09) reicht ein Umzug allein nicht aus, um ein Sonderkündigungsrecht zu begründen.
Dagegen stellen das Amtsgericht Ulm (Urteil vom 23.05.2008, AZ.: 2 C 211/08
) und das AG München (Urteil vom 20.03.2007, AZ.: 271 C 32921/06
) darauf ab, dass der Umzug dann ein Sonderkündigungsrecht begründet, wenn die Leistung an dem neuen Wohnort nicht erbracht werden kann, wie dies bei Ihnen der Fall ist.
Leider hat sich der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 11.11.2010 – III ZR 57/10
der kundenunfreundlichen Rechtsprechung angeschlossen und entschieden, dass der Inhaber eines DSL-Anschlusses den Vertrag mit seinem Telekommunikationsunternehmen vor Ablauf der vereinbarten Vertragslaufzeit nicht aus wichtigem Grund kündigen kann, wenn er an einen Ort umzieht, an dem noch keine DSL-fähigen Leitungen verlegt sind und DSL damit gar nicht verfügbar ist. Nach Ansicht der Richter des BGH trage der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung abschließt, grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können. Dementsprechend stelle ein Umzug, etwa aus beruflichen oder familiären Gründen, weder einen wichtigen Grund für eine Kündigung des DSL-Vertrags noch einen Wegfall der Geschäftsgrundlage dar. Damit bleibe der Kunde des beklagten DSL-Providers verpflichtet, die Grundentgelte für die verbliebenen Monate der Vertragslaufzeit zu entrichten.
Es muss davon ausgegangen werden, dass auch die unterinstanzlichen Gerichte sich in Zukunft an diesem Urteil orientieren werden und ein Sonderkündigungsrecht verneinen werden.
Von einer eigenmächtigen Zahlungseinstellung muss aufgrund der nunmehr klaren Rechtslage abgeraten werden. Da eine außerordentliche Kündigung nicht möglich ist, muss auch das monatliche Entgelt bis zum Ende der regulären Vertragslaufzeit gezahlt werden. Verweigert man in diesem Fall die Zahlung, gerät man mit den offenen Forderungen in Zahlungsverzug und muss damit rechnen, dass der Vertragspartner die Forderungen gerichtlich geltend macht und hiermit auch durchkommt.
Vielmehr sollte hier das Gespräch mit dem Vertragspartner gesucht werden. Denn die Telekom vertritt wohl den Standpunkt, dass bei Umzug kein Sonderkündigungsrecht besteht, berühmt sich aber damit, als kundenfreundliches Unternehmen meist eine Kulanzregelung zu finden, siehe http://www.pcwelt.de/ratgeber/Das-sagt-die-Deutsche-Telekom-Fast-unmoeglich-512926.html . Falls Ihr Nachmieter am bisherigen Wohnort Interesse an dem Vertrag hat, käme auch eine Abtretung Ihres Vertrages an diesen in Betracht.
Es tut mir leid, Ihnen keine positivere Auskunft geben zu können, hoffe aber, Ihnen einen ersten Überblick verschafft zu haben. Bei Unklarheiten nutzen Sie bitte die Nachfrageoption.
Bedenken Sie bitte, dass ich Ihnen hier im Rahmen einer Erstberatung ohne Kenntnis aller Umstände keinen abschließenden Rat geben kann. Sofern Sie eine abschließende Beurteilung des Sachverhaltes wünschen, empfehle ich, einen Rechtsanwalt zu kontaktieren und die Sachlage mit diesem bei Einsicht in sämtliche Unterlagen konkret zu erörtern.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 16.01.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Antwort
vonRechtsanwalt Jan Wilking
Brandsweg 20
26131 Oldenburg
Tel: 0441-7779786
Web: http://www.jan-wilking.de
E-Mail:
Rechtsanwalt Jan Wilking