Sonderkündigungsrecht § 489 BGB
| 28.07.2016 12:03
| Preis:
***,00 € |
Beantwortet von
Rechtsanwalt Jan Wilking
Sehr geehrte Damen und Herren,
ich habe mich im Juni vorab bei meiner Sparkasse über das Sonderkündigungsrecht § 489 erkundigt. Die zuständige Sachbearbeiterin für Darlehensverträge konnte mir zu diesem Gesetz keine Auskunft geben und wollte dies mit Ihrer Rechtabteilung abklären. Sie rief mich daraufhin an und teilte mir mit wir sollten vorab pro forma eine Kündigung einreichen damit die Rechtsabteilung diese auf die Möglichkeit einer Kündigung nach § 489 prüft.
Darlehensdaten:
1. Darlehen vom 15.07.1999 bis 15.07.2009 10 Jahre Zinsfestschreibung
2. Darlehen ( Anschlussdarlehen ) Abschuss am 15.12.2006
vom 15.07.2009 bis 15.07.2019 10 Jahre Zinsfestschreibung
Grundschuld erstrangiger Eintrag im Grundbuch auf einen Neubau.
Nach dem Gesetz kann ich den Vertrag am 16.12.2016 für den 16.06.2017 kündigen.
Nur im Ablehnungsschreiben der Sparkasse wird, nach meiner Meinung, ein eindeutiges Gesetz zum Nachteil der Kunden ausgelegt.
Die Regelungen des
§ 489 I und II BGB dienen allein dem Schutz des Darlehensnehmers. Es darf also nicht zu Ungunsten des Darlehnsnehmers, wohl aber zugunsten des Darlehensnehmers davon abgewichen werden.
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Ablehnungsschreiben ( Rechtsabteilung Sparkasse )
Ich nehme Bezug auf Ihr an Frau XXXX gerichtet Schreiben vom 14.06.2016, welches mir mit der Bitte um Beantwortung zugeleitet worden ist.
Mit diesem Schreiben haben Sie die Kündigung des o.g. Darlehensvertrages zum 14.06.2017 erklärt.
Sie berufen sich auf ein Kündigungsrecht aus
§ 489 I Nr. 2 BGB und die Entscheidung des Landgerichts Bochum vom 14.09.2015 – Az. I-
1 O 68/15. Dieses stützt sich auf den Wortlaut der Norm und ist der Ansicht, dass die 10-Jahresfrist bereits mit Unterschrift der Prolongations-Vereinbarung beginne.
Die Auffassung des Landgerichts Bochum teilen wir nicht.
Vielmehr muss das Gesetz im Hinblick auf die Besonderheit eines Forward-Darlehens betrachtet werden.
Aus den Gesetzesmaterialien geht hervor, dass der Gesetzgeber bei Verfassung des Gesetzes nicht an die besondere Form des Forward-Darlehens gedacht hat.
Die Anwendbarkeit auf Forward-Darlehen ist daher nach Sinn und Zweck des Gesetzes zu bestimmen.
Zweck des
§ 489 I Nr.2 BGB ist es, dem Darlehensnehmer und dem Darlehensgeber ein Kapitalnutzungsrecht zum vereinbarten Zinssatz zu garantieren, begrenzt auf die Dauer von längstens 10 Jahren. Der Fristlauf ist also nach der Intention der gesetzlichen Regelung an die Dauer der tatsächlichen Kapitalnutzung durch den Darlehensnehmer gekoppelt. Mit Abschluss der Vereinbarung erhält der Darlehensnehmer noch kein Recht auf Kapitalnutzung. Diese besteht erst nach Auszahlung bzw. bei Prolongation nach Ablauf der bereits bestehenden Festzinsvereinbarung. Aus diesem Grund beginnt die Frist des § 489 I NR.2 BGB erst ab Geltung der neuen Konditionen.
Mit Ihrer Argumentation bzw. der Argumentation des Landgerichts Bochum würde der Fristbeginn unterschiedlich ausfallen, je nach dem, ob es sich um ein erstes Forward-Darlehen oder um eine Prolongation handelt. Bei einem ersten Forward-Darlehen beginnt die Frist erst, wenn das gesamte Darlehen ausgezahlt ist. Aus dem Gesetz ist nicht ersichtlich, dass bei einer Prolongation eines bereits ausgezahlten Darlehens eine deutliche Vorverlagerung des Fristbeginns gewollt ist. Durch die Formulierung „an Stelle" wird deutlich, dass vielmehr eine Entsprechung der beiden Fristen gemeint ist. Einen beliebigen Zeitpunkt vor tatsächlicher Kapitalnutzung als Fristbeginn zu wählen, ist mit der Intention des Gesetzes nicht zu vereinbaren.
Die 10-Jahresfrist des
§ 489 I Nr. 2 BGB beginnt für Ihr Darlehen am 15.07.2009 und endet am 14.07 2019.
Ihre Kündigung zum 14.06 2016 ist daher unwirksam.
Sie können das Darlehen gem. unseres Vertrages vom 15.12.2006 erstmals mit einer Frist von einem Monat zum 14.07.2019 kündigen.
Sofern gewünscht, bestätigen wir Ihnen gerne die Kündigung Ihres Darlehens
zum 14.07.2019.
Mit freundlichen Grüßen
XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX
Meine Frage:
Kann es sein das sie Rechtsabteilung der Sparkasse mit diesen Argumenten, ein eindeutiges und unmissverständliches Gesetz, nach Ihren Vorstellungen und Vermutungen umgestaltet und somit dem Kunden sein Recht zu nehmen.
Oder sind die Argumente der Sparkasse richtig und die Ablehnung korrekt und der Gesetzgeber, das Landgericht Bochum und meine Person können die Gesetzesformulierung nicht richtig deuten.
Der
§ 489 BGB ist doch zum Schutz des Darlehensnehmers und nicht für den Darlehensgeber zur Gewinnmaximierung.
Mit freundlichen Grüßen