Sehr geehrter Ratsuchender,
gerne darf ich Ihre Frage wie folgt beantworten:
Nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs handelt es sich in einem Vertrag über die Verschaffung des Zugangs zum Internet (Access-Provider-Vertrag) um einen Dienstvertrag. (BGH, 23.03.2005, III ZR 338/04
)
Ein Dienstvertrag kann nach § 626 BGB
fristlos gekündigt werden, wenn Umstände vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertrags bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Hierbei ist eine umfassende Interessenabwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles erforderlich.
Für den Fall, dass ein Internet-Provider die vertraglich vereinbarte Geschwindigkeit nicht einhalten kann, wird dem Kunden durch einige Instanzgerichte, wie Sie in Ihrem letzten Schreiben zutreffenderweise anmerken, in der Tat ein solches außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt. (AG Fürth, 07.05.2009, 340 C 3088/08
; AG Montabaur, 04.08.2008, 5 C 268/08) Das AG Oldenburg wiederum sieht den Provider in diesen Fällen nur dazu verpflichtet, einen DSL-Zugang zum Internet zur Verfügung zu stellen, der die durchschnittlichen Anforderungen an die Verfügbarkeit solcher Leitungen erfüllt und netzseitig Geschwindigkeiten ermöglicht, die jedenfalls durchschnittlich im Bereich der angegebenen Leistungen liegen. ( AG Oldenburg,16.03.2010, 7 C 7487/09
) In dem dort entschiedenen Fall waren die Bandbreiten in den AGB ausdrücklich als Maximalbreiten angegeben worden.
Da in Ihrem Fall jedoch lediglich eine Geschwindigkeit erreicht wurde, die nicht einmal annähernd im Durchschnitt eines 6000er Anschluss lag, dürfte auch nach dieser Entscheidung eine außerordentliche Kündigung zulässig gewesen sein.
Das Problem in Ihrem Fall sehe ich jedoch darin, dass die außerordentliche Kündigung nach § 6262 Abs. 2 BGB
innerhalb einer Frist von zwei Wochen erfolgen muss. Die Frist beginnt hierbei mit dem Zeitpunkt, in dem Sie erstmals davon erfahren haben, dass der Anschluss technisch nicht die vereinbarte Geschwindigkeit erreichen kann.
Nach Ihrer Schilderung des Sachverhalts haben Sie die zu geringe Geschwindigkeit seit Schaltung des Anschlusses mehrfach reklamiert. Es ist daher davon auszugehen, dass Sie bereits seit längerer Zeit wussten, dass der Anschluss die vereinbarte Geschwindigkeit nicht erreichen kann.
Dementsprechend gehe ich im Rahmen dieser Erstberatung leider davon aus, dass die Zwei-Wochen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB
im Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung bereits abgelaufen war. Die Kündigung wird einer gerichtlichen Überprüfung – jedenfalls im Hinblick auf den Aspekt der zu geringen Geschwindigkeit – somit aller Voraussicht nach nicht Stand halten können.
Auch der Umzug an sich stellt nach der Rechtssprechung des BGH selbst dann keinen Grund zur Kündigung dar, wenn an dem neuen Wohnsitz gar kein DSL verfügbar ist, der Anbieter also seine vertragliche Leistung gar nicht erbringen kann. (BGH, 11.11.2010, III ZR 57/10
)
Dementsprechend kann in Ihrem Fall nur außergerichtlich versucht werden, aus Kulanz eine Aufhebung des Vertrages zu erreichen. Ob sich hierbei die Inanspruchnahme eines Anwalts lohnt, hängt wirtschaftlich betrachtet davon ab, wie lange der Vertrag im Falle einer ordentlichen Kündigung noch laufen würde.
Abschließend hoffe ich, Ihnen mit meiner Antwort einen ersten Überblick über die Rechtslage verschafft zu haben.
Hierbei möchte ich Sie darauf hinweisen, dass es sich bei dieser Antwort, basierend auf Ihren Angaben, lediglich um eine erste rechtliche Einschätzung des Sachverhaltes handelt. Diese kann eine umfassende Begutachtung nicht ersetzen. Durch Hinzufügen oder Weglassen relevanter Informationen kann die rechtliche Beurteilung völlig anders ausfallen.
Sie können natürlich gerne im Rahmen der Nachfrageoption auf diesem Portal mit mir Verbindung aufnehmen.
Für eine über diese Erstberatung hinausgehende Interessenvertretung steht Ihnen meine Kanzlei selbstverständlich ebenfalls gerne zur Verfügung.
Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag und einen guten Rutsch in das neue Jahr und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Achtung Archiv
Diese Antwort ist vom 28.12.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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