Sehr geehrte Fragestellerin,
Sie müssen hier das Verhältnis zwischen den Wohnungseigentümern und Ihrem Vermieter und das Verhältnis zwischen Ihrem Vermieter und Ihnen trennen.
Im Wohnungseigentumsrecht ist anerkannt, dass ein Wohnungseigentümer eigenmächtig keine Veränderungen vornehmen kann, die das aüßere Erscheinungsbild des Gebäudes verändern. Hierzu gehört ein Sichtschutz und auch eine Markise. Wenn also die Mehrheit der Eigentümer der Ansicht ist, dass ein Sichtschutz oder eine Markise nicht zu dulden ist, so müssen Sie diesen wieder entfernen. Dies gilt dann auch für den von Ihnen erwähnten anderen Eigentümer im 1. Obergeschoss, der über den fest installierten Sichtschutz verfügt. Denkbar ist auch, dass Ihrem Vermieter die Anbringung einer Markise und / oder eines Sichtschutzes erlaubt wird, aber konkrete Vorgaben zur Ausführung gemacht werden.
Zu trennen ist hiervon Ihr Verhältnis zum Vermieter. Es gibt durchaus unterinstanzliche Entscheidungen, die Ihnen als Mieter einen Anspruch auf Anbringung einer Markise einräumen, insbesondere wenn Sie bereit wären, optische Wünsche des Vermieters zu berücksichtigen (AG München vom 07.06.2013, 411 C 4836/13
). Hinzu kommt, dass Ihr Vermieter bereits zugestimmt hat, dass Sie den Sichtschutz anbringen, so dass ein Balkon mit Sichtschutz Vertragsbestandteil geworden ist. Wenn dieser nunmehr doch nicht möglich ist, könnten Sie eine Mietminderung geltend machen, da Ihnen die Wohnung nicht in der vereinbarten Beschaffenheit überlassen wurde, wobei diese aber nur ganz gering ausfallen dürfte.
Wenn Sie glaubhaft argumentieren können, dass Sie die Wohnung nur deswegen angemietet haben, weil Sie einen uneinsehbaren Balkon erhalten konnten, könnten Sie von Ihrem Vermieter auch die Kosten für einen Umzug in eine Wohnung verlangen, die solche Eigenschaften aufweist.
Das Aufstellen von Pflanzen auf dem Balkon ist grundsätzlich erlaubt, wobei Sie natürlich darauf achten müssen, dass kein Wasser ausläuft und die Bausubstanz geschädigt. Ich habe auch kein Urteil dazu gefunden, wonach es dem Mieter verwehrt ist, große Pflanzen aufzustellen. Aber natürlich kann ich Ihnen nicht versprechen, dass Sie von Ihrem Vermieter auf Beseitigung des Bambus in Anspruch genommen werden, der ja die größtmögliche denkbare Pflanze ist, und der zuständige Richter meint, diese überschreitet den vertragsgemäßen Gebrauch.
Im Hinblick auf das bei Ihnen vorliegende Dreiecksverhältnis empfehle ich, dass Sie Ihrem Vermieter die Bereitschaft signalisieren, sich in Bezug auf die Ausführung des Sichtschutzes und / oder Markise nach den Wünschen der Wohnungseigentümergemeinschaft zu richten. So kann ggf. für alle Beteiligten eine zufrieden stellende Lösung gefunden werden.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwältin Dr. Elke Scheibeler
Heinz-Fangman-Str. 2
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Tel: 0202 76988091
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E-Mail:
Rechtsanwältin Dr. Elke Scheibeler
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Sehr geehrte Rechtsanwältin,
vielen Dank für die ausführliche und verständliche Antwort.
Nur noch eine Verständnisfrage, wenn man den Sichtschutz in
der 1. Etage duldet und KEIN Entfernen fordert, kann uns dann
der Sichtschutz verwehrt werden? Da wir erst eingezogen sind,
haben wir noch keinen installiert.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrte Fragestellerin,
gerne beantworte ich Ihre Nachfrage wie folgt: Die Wohnungseigentümergemeinschaft kann die Frage des Sichtschutzes nicht uneinheitlich beantworten. Entweder die Mehrheit ist der Ansicht, dass kein Sichtschutz oder eine Markise geduldet wird, dann muss auch der bereits installierte entfernt werden. Anderenfalls wäre der auf der Eigentümerversammlung gefasste Beschluss wohl angreifbar, wobei Ihr Vermieter aller Voraussicht nach eine Frist für eine Klage zu beachten hätte. Oder aber die Mehrheit der Eigentümer ist der Ansicht, dass ein Sichtschutz oder Markise erlaubt wird, dann dürfen alle Eigentümer hiervon auch Gebrauch machen. Jedenfalls ist es nicht so, dass ein nicht von der Beschlusslage gedeckter Präzedenzfall dazu führt, dass im Haus alle Eigentümer in Bezug auf den Sichtschutz tun und lassen können, was sie möchten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Scheibeler