Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Ob das Entfernen von Sicherheitsetiketten als schwerer Diebstahl zu beurteilen ist, kommt auf die genaue Art der Tatbegehung an.
War der Diebstahl zu dem Zeitpunkt, als das Sicherungsetikett hätte die Wegnahme verhindern sollen, schon vollendet, so fällt Ihre Tat nicht unter den § 243 StGB
.
Das heisst, wenn Sie zu dem Zeitpunkt, zu dem durch das Sicherungsetikett ein Signal hätte ausgelöst werden sollen, also etwa beim Passieren einer Sicherheitsschranke, das Buch in Ihrer Tasche oder Ihrem Rucksack verstaut hatten, war der Diebstahl vollendet und fällt nicht unter den § 243 StGB
.
Gewerblicher Diebstahl liegt vor, wenn Sie sich aus wiederholten Diebstählen eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle verschaffen wollten.
Entscheidend hierbei ist, welche Absicht Sie beim Diebstahl hatten und welche Angaben Sie gegenüber der Polizei bereits dazu gemacht haben. Dazu liegen leider keine Angaben vor.
Ausgehend von dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt, nach dem Sie sechs der Bücher bereits verkauft hatten, ist ein gewerbsmäßiger Diebstahl nicht auszuschliessen.
Für Sie wird bei der Strafzumessung sprechen, dass Sie sich bemüht haben den gesamten verursachten Schaden zu ersetzen und dass Ihnen dies auch gelungen ist, also dass die Bücher bereits wieder in der Bibliothek sind und die Käufer ihr Geld von Ihnen zurückerstattet bekommen haben und Sie dafür auch einigen Aufwand betrieben haben, wie etwa alle Käufer anzuschreiben und das Porto für die Rücksendung zu übernehmen.
Ebenfalls für Sie spricht, dass Sie sich bei dem Geschädigten entschuldigt haben, dass Sie Ersttäter sind und ein Geständnis abgelegt haben.
Die Verhängung einer Geldstrafe erscheint in Ihrem Fall realistisch. Wieviel Tagessätze gegen Sie verhängt werden, ist vorab nicht seriös einzuschätzen. Falls Ihre Tat als gewerbsmäßiger Diebstahl eingestuft wird, beginnt der Strafrahmen bei 90 Tagessätzen, also Ihrem Einkommen aus drei Monaten.
Eine genauere Einschätzung der Sachlage ist erst nach Akteneinsicht in die Ermittlungsakte möglich.
Ich rate Ihnen dringend, einen in Ihrer Nähe ansässigen Kollegen mit Ihrer Verteidigung zu beauftragen, dieser kann dann auch für Sie Akteneinsicht nehmen und die Lage genauer einschätzen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Bernhard Ratajczak, Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 08.05.2012 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Also die Etiketten hätten lediglich ein akkustisches Signal ausgelöst, da ich durch eine Lichtschranke gehen muss. Somit würde nur ein einfacher Diebstahl in Betracht kommen.
Mit dem Verkauf wollte ich eine offene Rechnung begleichen, sprich ich wollte mir keine dauerhafte Einnahmequelle verschaffen. Klingt jetzt halt nicht überzeugend und es würde wahrscheinlich den Richter auch nicht überzeugen...
Könnte der Anwalt den Richter von meinem Motiv überzeugen und " nur " auf einfachen Diebstahl zu plädieren??
Die STA würde auch von einer Geldstrafe im höheren Bereich ausgehen.
Natürlich werde ich ihrem Rat folgen und mich mit einem Kollgen vor Ort in Verbindung setzen.
Welches Signal die Etiketten ausgelöst hätten, ist nicht entscheidend, es kommt darauf an, ob Sie bereits eine sogenannte Gewahrsamsenklave geschaffen haben, also ob Sie das Buch bereits so in Ihren Besitz gebracht hatten, dass die Bibliothek aus ihrer Besitzerstellung endgültig verdrängt war. Lag das Buch z.B. lose auf einem Karton, den Sie hinaustrugen oder war es in einem anderen Buch der Bibliothek, dass Sie normal ausgeliehen haben, versteckt, so ist dies nicht gegeben.
Wenn Sie nur Angaben gemacht haben, dass Sie ausschließlich einmalig diese eine offene Rechnung mit dem Erlös begleichen wollten, stehen Ihre Chancen gut, dass Ihre Tat nicht als gewerbsmäßiger Diebstahl eingestuft wird. Es kommt hier allein auf Ihre innere Einstellung und Ihre Angaben dazu an.
Ihr Anwalt wird mit Sicherheit darauf hinwirken, dass es nicht zu einer Verurteilung nach § 243 StGB
sondern "nur" nach § 242 StGB
kommt, es ist durchaus möglich, dass das Gericht den Ausführungen Ihres Anwalts folgt.
Entscheidend ist, welchen Eindruck der Richter von Ihnen und Ihrer Tat bei der Verhandlung gewinnt, das kann man in diesem Rahmen nicht vorab einschätzen.
Dass Sie sich anwaltlich vertreten lassen wollen ist mit Sicherheit positiv.