Sehr geehrte Fragestellerin,
Sie haben weder Ort noch Bundesland angegeben. Ich gehe deshalb exemplarisch vom Land NRW aus.
Hier gilt das Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Schulgesetz NRW - SchulG) Vom 15. Februar 2005 (GV. NRW. S. 102) zuletzt geändert durch Gesetz vom 25. Juni 2015. Andere Bundesländer haben ähnliche oder vergleichbare Gesetze.
Ihre Frage ist:
Kann der Direktor das einfach tun, und ihr somit auch die Chance auf ihren erweiterten Realschulabschluss verwahren?
Antwort: Vorausgesetzt, Ihre Angaben betreffend die „entschuldigten" Fehltage Ihrer Tochter treffen zu und sind beweisbar, geht das nicht, schon gar nicht durch den Direktor allein. Dazu unten mehr.
Gäbe es hingegen unentschuldigte Fehltage, gibt es dennoch kein „von der Schule werfen", sondern das Verfahren eines Schulverweises ist streng reglementiert und auch verwaltungsgerichtlich überprüfbar.
Zunächst gilt § 47 zur Beendigung des Schulverhältnisses (1) Das Schulverhältnis endet, wenn 1. die Schülerin oder der Schüler den Bildungsgang durchlaufen oder die Schulpflicht erfüllt hat und ein Abschluss- oder Abgangszeugnis erteilt wird,... 3. ein weiteres Wiederholen der Klasse oder Jahrgangsstufe nicht mehr zulässig ist (§ 50 Abs. 5 Satz 2), 4. die Schülerin oder der Schüler die für den Bildungsgang bestimmte Höchstausbildungsdauer erreicht hat, 5. die Schulpflicht gemäß § 40 Abs. 2 ruht, 6. die Schülerin oder der Schüler gemäß § 54 Abs. 4 dauernd vom Schulbesuch ausgeschlossen wird...(gekürzt)
Sodann gibt es nach § 53 "Erzieherische Einwirkungen, Ordnungsmaßnahmen"
Absatz (3): Ordnungsmaßnahmen sind 1. der schriftliche Verweis, 2. die Überweisung in eine parallele Klasse oder Lerngruppe, 3. der vorübergehende Ausschluss vom Unterricht von einem Tag bis zu zwei Wochen und von sonstigen Schulveranstaltungen, 4. die Androhung der Entlassung von der Schule, 5. die Entlassung von der Schule, 6. die Androhung der Verweisung von allen öffentlichen Schulen des Landes durch die obere Schulaufsichtsbehörde, 7. die Verweisung von allen öffentlichen Schulen des Landes durch die obere Schulaufsichtsbehörde.
Nach Absatz 4 Satz 2 gilt: Bei Schulpflichtigen bedarf die Entlassung von der Schule der Bestätigung durch die Schulaufsichtsbehörde, die die Schülerin oder den Schüler einer anderen Schule zuweisen kann. Die Entlassung einer Schülerin oder eines Schülers, die oder der nicht mehr schulpflichtig ist, kann ohne vorherige Androhung erfolgen, wenn die Schülerin oder der Schüler innerhalb eines Zeitraumes von 30 Tagen insgesamt 20 Unterrichtsstunden unentschuldigt versäumt hat.
Absatz (7) Über Ordnungsmaßnahmen nach Absatz 3 Nr. 4 und 5 entscheidet eine von der Lehrerkonferenz berufene Teilkonferenz."
Also kann der Schulleiter alleine NICHT über den Verweis Ihrer Tochter entscheiden.
Und ganz wichtig zur Verfahrensweise: Absatz (8) Vor der Beschlussfassung hat die Teilkonferenz der betroffenen Schülerin oder dem betroffenen Schüler und deren Eltern Gelegenheit zu geben, zu dem Vorwurf der Pflichtverletzung Stellung zu nehmen; zu der Anhörung kann die Schülerin oder der Schüler eine Person des Vertrauens aus dem Kreis der Schülerinnen und Schüler oder der Lehrerinnen und Lehrer hinzuziehen.
Absatz (9) Ordnungsmaßnahmen werden den Eltern schriftlich bekannt gegeben und begründet. (Zitate der §§: SchulG NRW.
Abschließend: Rechtsbehelfe Widerspruch und Anfechtungsklage) gegen Ordnungsmaßnahmen nach Satz 1 Nr. 2 und 3 sind möglich, haben aber keine aufschiebende Wirkung. § 80 Abs. 4
, 5, 7 und 8 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt. Danach könnte die aufschiebende Wirkung auf Antrag durch das Verwaltungsgericht wieder hergestellt werden.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
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E-Mail:
Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
Sehr geehrter Herr Burgmer,
vielen Dank für Ihre schnelle Antwort.
Meine Tochter geht in Niedersachsen zur Schule, in Norden, Landkreis Aurich.
Gelten dort auch diese Bestimmungen?
Und es ist eine Berufsschule!
Vielen Dank für Ihre Bemühungen!
Mit freundlichem Gruß
Gerne zu Ihrer Nachfrage:
Ihre Frage:
Und es ist eine Berufsschule!
Antwort: Ja, für Ihre Tochter gilt das Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG) in der Fassung vom 3. März 1998 (Nds. GVBl. S. 137), zuletzt geändert durch Artikel 8 und 9 des Haushaltsbegleitgesetzes vom 15. Dezember 2005 (Nds. GVBl. Nr. 29, S. 426).
§ 15 des NSchG regelt die Fragen der Berufsschule.
Ihre Frage:
Gelten dort auch diese Bestimmungen?
Antwort:
Die Ordnungsmaßnahmen sind in Niedersachsen in § 61 NSchG geregelt:
Hier ein Auszug der für Ihre Tochter wichtigen Regelungen:
Absatz. 2 „ Die Verweisung von allen Schulen darf nur im Sekundarbereich II, jedoch nicht bei berufsschulpflichtigen Schülerinnen und Schülern, angeordnet werden. 3 Für die Dauer eines Ausschlusses vom Unterricht darf die Schülerin oder der Schüler das Schulgelände nicht betreten, während dort Unterricht oder eine andere schulische Veranstaltung stattfindet. (5) 1 Über Ordnungsmaßnahmen entscheidet die Klassenkonferenz unter Vorsitz der Schulleitung. 2 Die Gesamtkonferenz kann sich oder einer Teilkonferenz nach § 35 Abs. 4 1. die Entscheidung über bestimmte Maßnahmen oder 2. die Genehmigung von Entscheidungen über bestimmte Maßnahmen allgemein vorbehalten. (6) 1 Der Schülerin oder dem Schüler und ihren oder seinen Erziehungsberechtigten ist Gelegenheit zu geben, sich in der Sitzung der Konferenz, die über die Maßnahme zu entscheiden hat, zu äußern. 2 Die Schülerin oder der Schüler kann sich sowohl von einer anderen Schülerin oder einem anderen Schüler als auch von einer Lehrkraft ihres oder seines Vertrauens unterstützen lassen. 3 Eine volljährige Schülerin oder ein volljähriger Schüler kann sich auch von ihren oder seinen Eltern oder von einer anderen volljährigen Person ihres oder seines Vertrauens unterstützen lassen."
Nach alledem sollten Sie auch als Erziehungsberechtigte das Gespräch mit der Schulleitung suchen. Dazu haben Sie das Recht.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen und verbleibe mit guten Wünschen für Ihre Tochter,
Ihr
W. Burgmer
- Rechtsanwalt