Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Bis zur Aufhebung des Insolvenzverfahrens fließen alle pfändbaren Einnahmen in die Masse - dazu gehört auch ein Anspruch auf Zahlung auf Schmerzensgeld aus einem Autounfall. Wenn ein Anspruch vor Aufhebung des Insolvenzverfahrens zwar bereits entstanden, aber noch nicht gezahlt worden ist, fließt er der Masse zu, wenn er nachträglich ermittelt wird (§ 203 Abs. 1 Nr. 3 InsO
). In diesem Fall findet eine Nachtragsverteilung statt.
Der Schmerzensgeldanspruch ist dem Grunde nach bereits mit dem Autounfall am 21.03.2013 entstanden. In diesem Fall hatte Ihre Frau aus § 97 InsO
die Verpflichtung, den Verwalter auf diesen Anspruch vor Aufhebung des Verfahrens hinzuweisen. Wenn der Anspruch vom Verwalter nicht ermittelt und realisiert werden kann, weil sie ihn über dessen Existenz nicht informiert hat, liegt eine Obliegenheitsverletzung nach § 290 Abs. 1 Nr. 5 InsO
vor. Dann muss das Insolvenzgericht auf Antrag eines Gläubigers bis ein Jahr nach Bekanntwerden der Obliegenheitsverletzung die Restschuldbefreiung versagen, § 296 Abs. 1 InsO
.
Der Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld ist auf Dritte übertragbar und damit auch pfändbar. Damit ist er auch als Bestandteil der Insolvenzmasse anzusehen (BGH, Urteil vom 24. März 2011 - IX ZR 180/10
, WM 2011, 756
Rn. 21; BGH, Beschluss vom 10. November 2011 – IX ZA 99/11
–, juris). Der Haushaltsführungsschaden auf Grund einer Körperverletzung ist nach § 850 b Abs. 1 Nr. 1 ZPO
nur dann unpfändbar, wenn er als Rente gewährt wird. Das OLG Celle ist in seinem Beschluss vom 12.11.2012 - Az.: 14 W 39/12
(juris) davon ausgegangen, dass ein Anspruch auf Ersatz von Haushaltsführungsschaden in die Insolvenzmasse fällt und zur eigenständigen Geltendmachung durch den Geschädigten vom Insolvenzverwalter aus der Masse erst freigegeben werden muss.
Ich empfehle Ihnen daher, den Verwalter über den Eingang des Schmerzensgeldes und Schadenersatzes für Haushaltsführung zu informieren und anzufragen, ob er den Betrag für die Masse geltend macht. Nach § 203 Abs. 3 Satz 1 InsO
kann das Insolvenzgericht übrigens von der Anordnung einer Nachtragsverteilung absehen und den zur Verfügung stehenden Betrag dem Schuldner belassen, wenn dies mit Rücksicht auf die Geringfügigkeit des Betrags und die Kosten einer Nachtragsverteilung angemessen erscheint.
Schadenersatzzahlungen aus Ansprüchen wegen Verkehrsunfällen, die zeitlich erst nach Aufhebung des Insolvenzverfahrens, aber während des Weiterlaufs der sechsjährigen Wohlverhaltensphase entstanden sind, müssen nicht an den Treuhänder abgeführt werden. Nach § 295 Abs. 1 Nr. 2 und 4 InsO
ist der Schuldner in dieser Phase lediglich verpflichtet, Zahlungen aus Bezügen aus Dienstverhältnissen im Umfang ihrer Pfändbarkeit, die der Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 InsO
unterfallen, sowie Vermögen, das er von Todes wegen (Erbschaften, Pflichtteil) oder mit Rücksicht auf den Todesfall (vorzeitige Schenkung) erwirbt, zur Hälfte an den Treuhänder zu zahlen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Carsten Neumann, Rechtsanwalt
Bitte beachten Sie, dass ich im Hinblick auf die Höhe des Einsatzes meine Haftung bei Fahrlässigkeit gemäß § 51a Abs. 1 Nr. 2 BRAO
auf den vierfachen Betrag der Mindestversicherungssumme (250.000 €) beschränke, wenn insoweit Versicherungsschutz besteht.
Diese Antwort ist vom 18.08.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Wir hatten den Insolvenzverwalter über den Unfall informiert (darauf hat er gar nicht reagiert) - Schmerzensgeldansprüche waren damals aber noch kein Thema, da weder der Höhe nach, noch überhaupt bekannt.
Wenn ich Sie richtig verstehe, zählt somit die Schlußverteilung gemäß § 200 InsO als Beginn der Wohlverhaltensphase und nicht der Beschluß gemäß § 291 InsO - denn der Schlußterminstichtag war sogar der 25.02.2013 - also lange davor.
Was machen wir mit den Kosten die wir aufgrund des Unfalls hatten - auch gerade im Bezug auf den Haushaltsführungsschaden?
Sehr geehrter Fragesteller,
die 6-jährige Wohlverhaltensphase beginnt gleichzeitig mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, sie läuft mit diesem bis zu seiner Aufhebung parallel. In eine Nachtragsverteilung können nur Ansprüche fallen, die zum Zeitpunkt der Schlussverteilung noch nicht bekannt ("ermittelt") waren. Der sog. Insolvenzbeschlag, der das gesamte pfändbare Vermögen Ihrer Frau erfasst - dazu gehören auch pfändbare Forderungen - endete erst mit dem Beschluss, durch den das Gericht das Insolvenzverfahren aufhob. Dies war nach Ihrer Mitteilung der 15.04.2013.
Wenn Ihre Frau den Verwalter nicht über die erfolgten Zahlungen informiert, läuft sie Gefahr, dass - falls ein Gläubiger hiervon nachträglich (innerhalb eines Jahres) Kenntnis erlangt - er Versagung der Restschuldbefreiung beantragt. Als Ihre Frau den Verwalter erstmals über den Unfall informierte, war die Schuldfrage am Unfall offenbar noch nicht geklärt, so dass auch offen war, ob Ihrer Frau überhaupt Ansprüche gegen den Unfallgegner zustehen.
Der Gesetzgeber hat es so entschieden, dass Schadenersatzansprüche aus einem Unfall nicht generell pfändungsfrei sind. Im Insolvenzverfahren muss der Schukdner auch Einschränkungen seiner Lebensführung hinnehmen.
Mit freundlichen Grüßen,
Neumann
Rechtsanwalt