Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Ich gehe bei der Beantwortung meiner Frage davon aus, dass Sie niedergelassene Ärztin sind.
Als solche haben Sie dem Patienten gegenüber Schutzpflichten, die auch beinhalten, sich als behandelnde Ärztin zeitnah Kenntnisse über histologische und andere Befunde zu verschaffen. So sind die im Rahmen einer ärztlichen (horizontalen) Arbeitsteilung beteiligten Ärzte grundsätzlich verpflichtet, die Arbeitsteilung so zu koordinieren, dass ein gegenseitiger Informationsaustausch und gegenseitige Abstimmung möglich sind.
Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung stellt grundsätzlich eine Pflichtverletzung dar. Dies gilt natürlich in erster Linie hinsichtlich des untersuchenden Kardiologen, der Sie mittels eines Arztbriefes über die Erledigung des Überweisungsauftrages und über den Befund hätte informieren müssen. Es liegt mithin eine gemeinsame Verantwortung vor.
Voraussetzung ist jedoch, dass die Beschaffung der Befunde medizinisch auch geboten war. Dies zu beurteilen, ist anhand der von Ihnen mitgeteilten Informationen nicht abzuschätzen. Letztlich wird dies ohnehin von einem medizinischen Sachverständigen zu klären sein. Mögliche Kriterien sind z.B., ob bereits Hinweise auf das Karzinom vorlagen.
Unabhängig von der Frage, ob ein Behandlungsfehler (wegen Verletzung Ihrer Organisationspflichten) vorliegt, heißt dies ohnehin nicht, dass sich hierdurch automatisch haftungsrechtliche Konsequenzen ergeben.
Behandlungsfehler müssen nämlich immer auch kausal für die eingetretenen Gesundheitsschäden sein. Dies ist zunächst von dem Patienten zu beweisen, es sei denn, es liegt ein sogenannter grober Behandlungsfehler vor. Ob der Patientin dies gelingt, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, erscheint jedoch vor dem Hintergrund, dass die Kardiologin das Karzinom nicht erkannte unwahrscheinlich.
Nach alledem ist eine Haftung zwar möglich, aber nicht wahrscheinlich. Trotzdem sollten Sie unbedingt und unverzüglich Ihre Berufshaftpflichtversicherung verständigen um Ihren Versicherungsschutz nicht zu gefährden. Diese wird dann die Untersuchung und Regulierung des Versicherungsfalls übernehmen. Abhängig von dem Bundesland, in dem sich die Schlichtungsstelle befindet, wird Ihr Versicherer auch an dem Verfahren vor der Schlichtungsstelle beteiligt. Insgesamt ist die Schlichtungsstelle meiner Ansicht nach auch für die Ärzte zu empfehlen, da sie ihnen die Möglichkeit gibt, die Angelegenheit ohne Diskriminierung der Ärzte gütlich beizulegen. Die Entscheidung ist ohnehin nicht verbindlich. Bedenken Sie aber, dass Sie die Zustimmung zur Durchführung des Verfahrens nicht nachträglich widerrufen können.
Sollten Sie weiteren Beratungsbedarf in der Angelegenheit haben, stehe ich Ihnen gerne zur weiteren Vertretung zur Verfügung. Das hier gezahlte Honorar würde auf die weiteren anfallenden Gebühren angerechnet werden. Kontaktieren Sie mich einfach unter der angegebenen E-Mail-Adresse.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
André Meyer, Rechtsanwalt