Sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworten möchte:
Maßgeblich für die Notwehr ist zunächst § 32 StGB:
§ 32
Notwehr
(1) Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.
(2) Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.
http://dejure.org/gesetze/StGB/32.html
Es ist aus der Distanz schwierig zu beurteilen, ob bei Ihrem Handeln von Notwehr gesprochen werden kann. Sofern es sich so verhalten hätte, dass Sie, um sich unmittelbar gegen den Angriff zu verteidigen, die Leute, von denen Sie vorher bedroht worden sind, selbst geschlagen hätten, wäre eine Notwehr wohl argumentativ zu begründen. Da Sie sich aber offenbar schon "befreit" hatten und zunächst noch zur Theke gegangen sind, Getränke abgestellt haben und dann (!) zugeschlagen haben, ist ein Handeln in Notwehr meiner Ansicht nach fraglich. In dem Moment, in dem Sie zugeschlagen haben, wurden Sie ja offenbar nicht weiter angegriffen.
Sie könnten in Notwehr gehandelt haben, wenn Sie trotz der Tatsache, dass Sie sich zuerst haben "befreien" können, weiter angegriffen worden sein sollten, wenn also weiterhin ein gegenwärtiger rechtswidriger Angriff auf Ihre Person bestanden hätte. Ob dies hier der Fall war, vermag ich nicht abschließend zu beurteilen.
Insgesamt betrachtet erscheint es mir also eher unwahrscheinlich, dass Ihr Handeln als Notwehr eingestuft werden kann. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Richter womöglich doch zu dem Schluss kommen könnte, dass es sich um Notwehr gehandelt habe und Ihr Handeln damit nicht rechtswidrig war.
Ich rate Ihnen dringend davon ab, selbst zur Polizei zu gehen und sich zu stellen. Damit die Polizei überhaupt auf den Vorfall aufmerksam werden und an Sie herantreten sollte, müsste ja schon von dritter Seite Strafanzeige gegen Sie erstattet worden sein. Offenbar wissen Sie aber nicht, ob dies überhaupt geschehen ist. Es empfiehlt sich aber grundsätzlich nicht, sich selbst zu belasten und Ermittlungen womöglich erst ins Laufen zu bringen, wenn überhaupt keine Strafanzeige erstattet worden ist. Man soll keine schlafenden Hunde wecken!
Sofern jemand, der von dem Vorfall Kenntnis genommen hatte, wirklich Strafanzeige erstattet haben sollte, werden Sie Post von den Ermittlungsbeamten bekommen. Sie müssen weder auf der Polizeiwache erscheinen noch müssen Sie eine Aussage machen. Wer einer Straftat beschuldigt wird, muss sich nicht selbst belasten. Je nachdem, was man Ihnen genau vorwerfen würde, kann es natürlich Sinn machen, auszusagen und zu schildern, was sich aus Ihrer Sicht zugetragen hat. Wenn es wirklich soweit kommen sollte, rate ich Ihnen dringend, sich an einen Strafverteidiger vor Ort zu wenden. Dieser kann Akteneinsicht beantragen, so dass klar ist, was man Ihnen konkret vorwirft. Vor diesem Hintergrund kann der Strafverteidiger Sie gezielt beraten, ob eine Aussage sinnvoll ist oder ob Sie besser die Aussage verweigern sollten. Ohne Akteneinsicht zu haben kann dies nicht seriös beurteilt werden. Keinesfalls aber sollten Sie selbst zur Polizei gehen und eine Aussage machen, wenn bislang noch gar keine Anzeige vorliegen sollte!
Natürlich könnte Ihnen womöglich eine Verurteilung wegen Körperverletzung drohen. Bei einem Ersttäter ist aber natürlich eine Freiheitsstrafe, noch dazu nicht zur Bewährung ausgesetzt, keinesfalls realistisch zu erwarten. In dem Fall würden Sie wohl zu einer Geldstrafe verurteilt werden.
Abschließend weise ich Sie darauf hin, dass im Rahmen dieser Plattform nur eine erste Einschätzung des Sachverhalts, basierend auf Ihren Angaben, möglich ist. Sollten hier wichtige Angaben hinzugefügt oder weggelassen worden sein, kann die rechtliche Beurteilung völlig anders aussehen. Diese Plattform kann und will den Gang zu einem Berufskollegen nicht ersetzen.
Bei eventuellen Unklarheiten nutzen Sie bitte die kostenlose Nachfragefunktion.
Rein vorsorglich erlaube ich mir aufgrund entsprechender Vorkommnisse in der jüngsten Vergangenheit auf dieser Plattform den allgemeinen, aber eindringlichen Hinweis, dass der für die Beantwortung dieser Frage ausgelobte Einsatz unbedingt sofort zu entrichten ist. Eine Rücklastschrift bzw. eine Nichtzahlung wird strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, denn der Tatbestand des Eigehungsbetrugs wäre durch bewusstes Inkaufnehmen von Rücklastschriften erfüllt.
Ich wünsche Ihnen alles Gute!
Thomas Zimmlinghaus
Rechtsanwalt