Sehr geehrte Fragestellerin,
zu Ihrer Anfrage nehme ich wie folgt Stellung:
1.
Grundsätzlich sind an eine Scheidung vor Ablauf des Trennungsjahres unter Berufung auf eine sogenannte unzumutbare Härte (§ 1565 Abs. 2 BGB
) strenge Anforderungen zu stellen. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut dieser Vorschrift, in der es heißt, daß die Ehe vor Ablauf des Trennungsjahres geschieden werden könne, wenn die Fortsetzung der Ehe für den Antragsteller aus Gründen, die in der Person des anderen Ehegatten liegen, eine unzumutbare Härte darstellen würde.
Gründe, die in der Person des anderen Ehegatten, hier also der Ehefrau Ihres Freundes liegen, sind definitiv nicht gegeben.
Eine Härtefallscheidung ist möglich, wenn einem Ehegatten das formelle verheiratet sein nicht mehr zuzumuten ist. Ein typisches Beispiel ist der Fall, daß der andere Ehegatte wegen eines schweren Verbrechens verurteilt worden ist.
Es gibt eine Reihe anderer Gründe, die die Rechtsprechung entwickelt hat, wonach eine vorzeitige Scheidung zulässig sein soll.
Die Tatsache, daß Sie von Ihrem Freund ein Kind erwarten, gehört nicht zu diesen Härtefällen.
2.
Umstände nach § 1565 Abs. 2 BGB
können beispielsweise Gewalttätigkeiten gegen den anderen Ehegatten oder auch Alkoholmißbrauch sein. Auch Morddrohungen gegen den anderen Ehegatten können eine vorzeitige Scheidung rechtfertigen.
3.
In Ihrem Fall wird also eine Härtefallscheidung nach § 1565 Abs. 2 BGB
nicht in Betracht kommen.
Im übrigen ist auch ein Härtefall aufgrund der Sachverhaltsschilderung nicht erkennbar. Sie leben seit 2 Monaten (offiziell) getrennt. Der gemeinsame Sohn mit Ihrem Freund ist bereits im September 2011 geboren. Damit bestehen keine Gründe, weshalb das Trennungsjahr nicht abgewartet werden könnte.
Es kommt auch nicht darauf an, daß der eigentliche Zweck des Trennungsjahres, den Eheleuten eine Möglichkeit zum Überlegen zu geben, wohl nicht erreicht werden kann.
Bei der Härtefallscheidung ist es nicht maßgebend, ob es zweckmäßig sei, die Ehe vor Ablauf des Trennungsjahres zu scheiden, sondern es kommt einzig darauf an, daß so schwerwiegende Fallkonstellationen vorliegen, daß einem Ehegatten das verheiratet sein auf dem Papier nicht mehr zumutbar ist.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerhard Raab, Rechtsanwalt
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Diese Antwort ist vom 10.05.2012 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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