Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes verbindlich wie folgt beantworten:
Es sind bei dem von Ihnen geschilderten Fall zwei Bereiche zu unterscheiden:
1. Welches Recht ist für die Scheidung anwendbar bzw. für Sie günstiger und 2. Nach welchem Recht richten sich die Scheidungsfolgen, also Unterhalt, Sorge- und Umgangsrecht, etc.
1. Grundsätzlich wird das Gericht nur über die Scheidung und den Versorgungsausgleich verhandeln, wenn keine anderen Folgesachen wie z.B. Unterhalt, Sorgerecht usw. beantragt sind. Sie sind derzeit beide deutsche Staatsangehörige, daher wird Ihre Scheidung in Deutschland nach deutschem Recht durchgeführt, es wird dann auch der Versorgungsausgleich durchgeführt. Dazu müssen Sie ein Jahr von Ihrer Frau getrennt leben und nach Ablauf des Trennungsjahres die Scheidung einreichen. Wenn Sie in die Türkei zurück gehen und die deutsche Staatsangehörigkeit behalten, können Sie in der Türkei auch nur nach deutschen Recht geschieden werden. Sollte einer von Ihnen die türkische Staatsangehörigkeit annehmen, ist das Recht des Landes anzuwenden, indem die Eheleute ihren Aufenthalt haben. Das wäre dann türkisches Recht. Das türkische Scheidungsrecht kennt den Versorgungsausgleich nicht.
2. Das auf die Folgesachen anzuwendende Recht richtet sich in der Regel nach dem Recht des Staates, in dem der Anspruchsteller lebt. Es ist also zunächst egal, wo Sie Ihre Scheidung beantragen. Möchte also Ihre in Deutschland lebende Frau Unterhalt für sich und das Kind geltend machen, richtet sich der Anspruch nach deutschem Recht, unabhängig davon, wo Sie leben.
Gleiches gilt für Sorgerechtsregelungen. Hier ist immer das Recht des Staates anzuwenden, in dem das Kind seinen Aufenthalt hat. Waren Sie zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes in Deutschland und miteinander verheiratet, haben Sie auch bereits das gemeinsame Sorgerecht für das Kind.
Da es für die Folgesachen also nicht darauf ankommt, wo einmal die Scheidung durchgeführt wurde, sondern in welchem Land der Berechtigte lebt, sollten Sie die Entscheidung, ob Sie sich noch in Deutschland scheiden lassen möchten, davon abhängig machen, wie konkret Ihre Umzugspläne in die Türkei sind und wie dringlich Ihr Wunsch nach Scheidung ist.
Sollten Sie sich in Deutschland scheiden lassen, besteht die Möglichkeit Verfahrenskostenhilfe zu beantragen, wenn Sie aufgrund von Arbeitslosigkeit nicht in der Lage sind, die Kosten für ein Verfahren nicht selbst aufzubringen.
Vielen Dank für das Entgegengebrachte Vertrauen. Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und freue mich über eine positive Bewertung durch Sie.. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Rückfrage vom Fragesteller
15.04.2016 | 15:29
Guten Tag,
die Schilderungen von ihnen waren mir bereits bekannt gewesen da ich mich ausgiebig und lange damit befasst habe.
Es geht mir um das Thema (türkisches Scheidungsrecht) und (Türkische Sorgerecht) als Deutsche in der Türkei. Welches Scheidungsrecht ist für (mich) besser, wir werden gemeinsam in die Türei ziehen.
Mir geht es auch nicht um Prozesskostenhilfe etc.. sondern Welche Scheidung wäre für mich mehr von Vorteil "Türkisches recht oder Deutsches recht" und zwar (in der Türkei) und ob deutsches recht dennoch möglich da ich doppeltstaatler bin ? meine Ehefrau aber nicht.
Nochmal wir werden (gemeinsam) in die Türkei zuziehen!
Ich möchte nicht ein (Leben lang) an (sie) Alimente etc.. bezahlen es geht hier (nicht) um das Kind. Und ich möchte das Sorgerecht für mein Kind haben?
1.) wo es für (mich Vorteilhafter) Zum bsp Unterhalt, Bedürftigkeitsanspruch, Schadenseratzklage, Alimente usw.. habe auch gelesen dass man nach türkischen recht womöglich ein Leben lang bezahlen muss bis sie wieder heiratet?
2.) Habe von vielen gehört und gelesen dass es beim Sorgerecht in der Türkei (besser) aus sieht auch als (Mann) das Sorgerecht erhalten kann stimmt das ? Im vergleich zu deutschland.
3.) wenn (wir) uns dan in Deutschland komplett abmelden und wir in die Türkei ziehen (ohne uns aber dort anzumelden) und ich gleich die Scheidung einreiche dann würde es nach (deutschen Scheidungsrecht) in der Türkei verhandelt laut Art. 8 Rom-III-VO stimmt das ? Aber das (Sorgerecht würde dann wiederum nach Türkischen) recht stimmt das ? Ob mit oder vorerst ohne gewöhnlichen Aufenthalt!
4.) Wird (in der Türkei) wenn man nach (deutschen Recht) sich scheiden lässt Unterhalt etc.. als Maßstab die (Düsseldorfer Tabelle genommen) ? das wäre dort viel geld
Hoffe sie können hier jetzt Klarheit schaffen Vielen dank!
Antwort auf die Rückfrage vom Anwalt
15.04.2016 | 15:52
Zu 1:
Die Frage wurde beantwortet: Es ist nicht entscheidend, wo oder nach welchem Recht sie die Scheidung durchführen, sondern in welchem Land der lebt, der Unterhalt haben möchte. Lebt Ihre Frau mit Kind in der Türkei und möchte Unterhalt von Ihnen, richtet es sich nach türkischem Recht.
Ob Sie lebenslang für Ihre Frau Unterhalt bezahlen müssen, kann anhand der hier gegebenen Informationen nicht beurteilt werden.
Zu beachten ist beim Trennungs- und Bedürftigkeitsunterhalt, dass der Antragsteller keine Schuld oder keine höhere Schuld an der Trennung oder Scheidung hat. Dies ist eine Folge des Schuldprinzips, welcher im türkischen Scheidungsrecht noch Anwendung findet.
Bei der Bestimmung der Höhe des Unterhalts sind die finanziellen Verhältnisse beider Parteien zu berücksichtigen, d.h. die Leistungsfähigkeit der unterhaltspflichtigen Partei und die Bedürftigkeit der antragstellenden Partei. Hierbei ist es maßgeblich, dass die antragstellende Partei ihren konkreten Bedarf darlegt. Dazu gehören auch die Angaben über Erwerbsfähigkeit, Erwerbsmöglichkeiten und die Beschreibung der Lebensumstände.
Zu 2:
Auch diese Frage wurde beantwortet. Wenn Sie als Eltern zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes bereits deutsche Staatsangehörige und verheiratet waren, haben sie automatisch das gemeinsame Sorgerecht. Dies ändert sich auch nicht automatisch durch einen Wegzug in die Türkei. Wenn Sie die Scheidung einreichen und diese noch nach deutschem Recht durchgeführt wird, richtet sich die Frage des Sorgerecht nach türkischem Recht, wenn das Kind in der Türkei lebt. Hier überträgt das Gericht das Sorgerecht auf einen Elternteil allein. Der Richter orientiert sich bei seiner Entscheidung vorrangig am Kindeswohl.
Zu 3:
Ja das stimmt.
Zu 4:
Siehe oben Antwort 1. Die Scheidung geht nach deutschem Recht, der Unterhalt nach türkischem Recht. Entscheidend ist, ob nur ein vorübergehender Aufenthalt beabsichtigt ist und damit ein Rückkehrwille besteht. Ein äußeres Anzeichen hierfür ist die Dauer des Aufenthalts. Die Rechtsprechung geht insoweit von einer sechsmonatigen Dauer aus. Hält sich der Unterhaltsberechtigte länger als sechs Monate in einem Land auf, hat er dort auch grundsätzlich seinen gewöhnlichen Aufenthalt.
Steht danach fest, dass das unterhaltsberechtigte Kind sich regelmäßig in der Türkei aufhält, ist dessen Unterhaltsanspruch nach türkischem Recht zu bemessen. Der Unterhaltsanspruch des Kindes richtet sich nach Art. 330 tZGB. Für die Unterhaltsbemessung sind danach der Bedarf des Kindes sowie die Lebensumstände der Eltern sowie deren Leistungsfähigkeit maßgeblich. Unterhaltstabellen, die der Düsseldorfer Tabelle entsprechen, existieren in der Türkei nicht. Die Festsetzung durch die türkischen Gerichte erfolgt nach freiem Ermessen anhand der Einzelfallumstände.