Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich aufgrund der von Ihnen gemachten Angaben und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes nunmehr wie folgt beantworten möchte:
Eine einverständliche Scheidung gemäß §§ 1565 Abs. 1
, 1566 Abs. 1 BGB
i.V.m. § 630 ZPO
kommt in Betracht, wenn die Eheleute bereits mindestens ein Jahr getrennt leben und beide geschieden werden wollen. Die Scheidung kann entweder von beiden Ehepartner beantragt werden oder nur von einem Ehepartner, mit einem entsprechenden Hinweis im Antrag, dass der Antragsgegner bzw. die Antragsgegnerin der Scheidung zustimmen wird. Ebenso müssen sich die Partner über Sorge- und Umgangsrecht, Kindes- und Nachehelichen Unterhalt, Ehewohnung und Hausrat geeinigt haben. Die Anforderungen an die Form dieser Einigung werden von den Gerichten unterschiedlich gehandhabt. Grundsätzlich ist ein vollstreckbarer Schuldtitel (notarielle Urkunde, Anwaltsvergleich oder protokollierter Vergleich) herbeizuführen.
Aus Kostengründen wird häufig nur ein Rechtsanwalt mit der Durchführung der Scheidung beauftragt. Hierbei ist zu beachten, dass nur einer von Ihnen den Rechtsanwalt mit der Interessenwahrnehmung beauftragen würde. Vorteil ist, dass die Rechtsanwaltskosten reduziert werden. Zu beachten ist, dass eine Antragsstellung im Rahmen des Verfahrens nur durch einen Rechtsanwalt möglich ist. Ebenso kann ein Rechtsmittelverzicht nur durch einen Rechtsanwalt erklärt werden.
Da Sie offensichtlich bereits seit geraumer Zeit (unstreitig) getrennt leben, können Sie jederzeit den Scheidungsantrag stellen.
Aufgrund Ihrer Angaben gehe ich davon aus, dass Sie eine Scheidungsfolgenvereinbarung treffen möchten. Da hierbei sehr viel zu beachten ist und insbesondere einige Teilbereiche der Vereinbarung die Einhaltung bestimmter Formvorschriften erfordert, werden Sie nicht umhin kommen, sich diesbezüglich eingehend beraten zu lassen.
Hinsichtlich der elterlichen Sorge für den gemeinsamen Sohn könnten Sie eine Regelung dergestalt treffen, dass die gemeinsame elterliche Sorge beibehalten werden soll. Ebenso bestünde die Möglichkeit, die gewählte Umgangsregelung (z.B. jedes 2. Wochenende) in diese Vereinbarung mitaufzunehmen.
Ebenso möchten Sie gemäß Ihren Angaben Regelungen hinsichtlich des Unterhaltsverzichts treffen. Zunächst gehe ich davon aus, dass es hierbei ausschließlich um den nachehelichen Unterhalt geht. Auch diesbezüglich gibt es viele Gestaltungsmöglichkeiten (z.B. die Vereinbarung eines gänzlichen Unterhaltsverzichts, zeitliche Befristung des Unterhaltsanspruches, Begrenzung des Unterhaltsanspruches der Höhe nach, einseitiger Unterhaltsverzicht, Vereinbarung einer Unterhaltsabfindung …)
Problematisch ist in Ihrem Fall, wie auch bereits von Ihnen befürchtet, dass Ihr Ehemann keiner beruflichen Tätigkeit nachgeht. Nach Rechtsprechung des BGH kann eine Unterhaltsvereinbarung nichtig sein, wenn die Vereinbarung zwangsläufig dazu führt, dass der verzichtende Ehegatte Sozialhilfe in Anspruch nehmen muss. Für die Beurteilung kommt es entscheidend auf den aus der Zusammenfassung von Inhalt, Beweggrund und Zweck zu entnehmenden Gesamtcharakter der Vereinbarung an. Schwierig wird es, wenn, wie in diesem Fall, bereits eine konkrete Gefahr der Sozialhilfebedürftigkeit besteht. Dementsprechend sind Ihre Befürchtungen begründet.
Auf Kindesunterhalt kann zwar für die Vergangenheit, nicht jedoch für die Zukunft verzichtet werden. Dies gilt grundsätzlich auch für einen teilweisen Verzicht.
In Betracht käme unter Umständen eine sog. Freistellungserklärung, die den Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den barunterhaltspflichtigen Elternteil nicht berührt. Auch an diese Erklärung werden jedoch gewisse Anforderungen gestellt. Verfassungsgemäß sind derartige Vereinbarungen nur, wenn der betreuende Elternteil unproblematisch die Kosten des Lebensunterhalts für das Kind sicherstellen kann.
Ebenso kann eine Regelung hinsichtlich des Zugewinns zwischen Ihnen getroffen werden. Möglich ist den Zugewinnausgleich gänzlich auszuschließen oder einzelne Vermögenswerte aus dem Endvermögen auszuklammern. Es kann z.B. vereinbart werden, dass eine Immobilie im Endvermögen unberücksichtigt bleibt.
Auch Vereinbarungen zur Durchführung des Versorgungsausgleichs sind möglich. Allerdings bedürfen gerade diese einer bestimmten Form (notariell beurkundet oder gerichtlich protokolliert).
Im Rahmen eines etwaigen Unterhaltsanspruches wären die von Ihnen erwähnten Verbindlichkeiten zu berücksichtigen, wenn diese in der Ehe entstanden sind und gemeinsam oder zumindest mit Billigung des anderen Ehegatten aufgenommen wurden. Des Weiteren wäre bei dem Unterhaltsanspruch der Grundsatz der Eigenverantwortung des (geschiedenen) Ehegatten zu beachten. Daraus folgt idR eine Pflicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts aus eigener Erwerbstätigkeit und zum Einsatz des Vermögens.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen eine erste rechtliche Orientierung geben konnte. Im Rahmen dieses Forums kann stets nur eine erste Einschätzung des Sachverhalts erfolgen.
Abschliessend möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass durch das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben die rechtliche Beurteilung des Sachverhalts anders ausfallen kann. Im Falle von Unklarheiten machen Sie bitte von der kostenlosen Nachfragefunktion Gebrauch.
Im Übrigen wünsche ich Ihnen für die bevorstehende Schritte alles Gute und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Miriam Helmerich
Rechtsanwältin
Diese Antwort ist vom 17.06.2008 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Liebe Rechtsanwältin,
herzlichen Dank für Ihre schnelle Antwort. Zunächst ist erstmal ein Anfang gemacht, da ich zuvor noch gar keine Rechtsauskunft in puncto Scheidung eingeholt hatte.
Nach Ihren Angaben gehe ich davon aus, dass ich - auch wenn mein Noch-Ehemann auf nachehelichen Ehegattenunterhalt per notarieller Vereinbarung verzichten würde - ihm aufgrund seiner Erwerbslosigkeit Unterhalt zahlen müsste, da er die staatlichen Bezüge, wie Sozialhilfe, vom Staat nicht bewilligt bekäme und dieser auf den Ehegattenunterhalt zurückgreifen würde? Daher wäre die notarielle Vereinbarung also nichtig? Die neue Rechtsprechung sagt doch aus, dass er sich um Arbeit bemühen und diese Bemühungen nachweisen muss, damit er selbst für sich sorgen kann, um den Ex-Partner zu entlasten. Wer kontrolliert das eigentlich? Eine notarielle Vereinbarung auf Unterhaltsverzicht hat also nur Sinn, wenn der geschiedene Partner einem Arbeitsverhältnis nachgeht, weil er, wenn nicht, keine Sozialhilfe bewilligt bekäme?
Ein Verzicht auf Kindesunterhalt ist meinerseits also nicht möglich. Der Kindesvater kann jedoch keinen Unterhalt zahlen aus den bekannten Gründen. Wer würde denn dann für die Zahlung aufkommen?
Sie schreiben, dass die monatlichen Kreditraten, die im übrigen noch 7 Jahre zu zahlen sind, mit in die Ehegattenunterhaltsberechnung einfließen (den Kreditvertrag habe ich in Eigenregie abgeschlossen, mein Mann hatte zuvor keine Kenntnis davon, weil ja so wie so ich den Kredit abbezahle und nicht er). Wenn man die fixen Kosten, wie Miete, Telefon, Strom, TV etc. oder die Kosten für Nahrung, Kind und Rate betrachtet bei einem monatlichen Einkommen von 1.900 EUR - bleibt da überhaupt noch die Möglichkeit, Unterhalt an meinen Mann zu zahlen oder rechnet sich das auf mit dem Kindesunterhalt, den er zahlen müsste? Meine Bedenken sind logischerweise, dass ich all die Belastungen von meinem Einkommen überhaupt bestreiten kann, um nicht in die Lage eines sozialen Abfalls zu gelangen, wovon man ausgehen müsste, wenn ich trotz der finanziellen Verpflichtungen auch noch Unterhalt zahlen müsste.
Was ist eigentlich, wenn mein Mann weder Unterhalt von mir haben noch staatliche Unterstützung beantragen möchte? Er hat vor, wahrscheinlich zu seiner Freundin zu ziehen, die für ihn sorgen würde.
Vielen Dank, Sie helfen mir sehr!
Sehr geehrte Fragestellerin,
eine Vereinbarung hinsichtlich eines Unterhaltsverzichts bürgt, wie bereits erörtert, gewisse Gefahren. Wenn der verzichtende Ehegatte bis auf den Unterhalt über keinerlei Erwerbsquellen verfügt und die Vereinbarung zwangsläufig zu einer Inanspruchnahme von Sozialhilfe führt und dies den Parteien bei Abschluss des Vertrages bewusst war, kann dies dazu führen, dass eine Verzichtsvereinbarung sittenwidrig und damit nichtig ist. Es bestünde mithin die Möglichkeit, wenn die Vereinbarung nichtig ist, dass man Sie in Anspruch nimmt.Dementsprechend wäre grundsätzlich besonderes Augenmerk auf die Formulierung der Vereinbarung zu legen. Aufgrund dessen, dass Ihr Ehemann bereits zum jetzigen Zeitpunkt keiner Beschäftigung nachgeht und damit die Gefahr der Inanspruchnahme von Sozialhilfe besteht, dürfte es auch meiner Einschätzung nach schwierig werden, eine Vereinbarung wasserdicht, sprich rechtswirksam, hinzubekommen. Wenn Ihr Ehemann einer regelmäßigen Beschäftigung nachgehen würde, wäre eine solche Vereinbarung einfacher zu gestalten. Man könnte im Rahmen einer etwaigen Vereinbarung jedoch auf seine Erwerbsobliegenheit abstellen. Grundsätzlich scheint die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit bei Ihrem Ehemann wohl eher an einer gewissen Unlust zu scheitern.
Der Umstand, dass Ihr Ehemann offensichtlich bislang keine staatliche Leistung in Anspruch genommen hat und dies auch weiterhin nicht beabsichtigt, könnte dazu führen, dass dieses Problem nie auftritt. Allerdings können Sie kaum zum jetzigen Zeitpunkt absehen, wie sich das Leben Ihres Ehemannes entwickeln wird.
Die neuen gesetzlichen Regelungen zum Unterhaltsrecht gehen von einer stärkeren Eigenverantwortung des Ehepartners aus. Wenn diese Eigenbemühungen nicht belegt werden können, kann dies zu einem Verlust oder zu einer Einschränkung eines etwaigen Unterhaltsanspruches führen. Eine weitergehende Kontrolle findet nicht statt. Hierbei handelt es sich lediglich um eine mögliche Argumentation im Rahmen einer rechtlichen Auseinandersetzung.
Wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil keinen Kindesunterhalt leisten kann, können unter Umständen Leistungen des Unterhaltsvorschussgesetzes (UVG) in Anspruch genommen werden.
Hinsichtlich des Kreditvertrages wäre aufgrund dessen, dass Ihr Ehemann keine Kenntnis vom Abschluss des Vertrages hatte, zunächst zu prüfen, ob es sich um eheprägende Verbindlichkeiten handelt. Da es ihm letztlich wohl auch zugute kam, wäre hiervon nach meiner Einschätzung jedoch auszugehen.
Die von Ihnen erwähnten Aufwendungen für Miete etc. spiegeln sich bereits in Ihrem Selbstbehalt, also dem Betrag, der Ihnen in jedem Fall verbleiben muss, wider. Sie werden daher nicht nochmals berücksichtigt. Eine Verrechnung mit einem etwaigen Kindesunterhaltsanspruch findet nicht statt. Hierbei handelt es sich um unterschiedliche Unterhaltsansprüche.
Ich hoffe, ich konnte die bestehenden Unklarheiten beseitigen und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Miriam Helmerich
Rechtsanwältin