Sehr geehrter Fragesteller,
Ein Schadensersatzanspruch kommt in Ihrem Fall unter Umständen in Betracht.
Die Stornierung ist rechtlich ein Rücktritt, der nur dann zulässig ist, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Insbesondere muss der Gläubiger, bevor er sein Rücktrittsrecht ausüben darf, eine angemessene Frist zur Leistung bestimmen (§ 323 Abs. 1 BGB
). Da die Ticketpreise im Zweifel sofort fällig wurden (§ 271 Abs. 1 BGB
), musste die Fluggesellschaft (bzw. der Ticketaussteller als deren sog. Erfüllungsgehilfe) also vor der Stornierung nochmals eine Zahlungsaufforderung aussprechen.
Allerdings ist folgende Ausnahme zu beachten: Wenn vertraglich ein fester Zahlungstermin vereinbart wurde, musste keine Mahnung ausgesprochen werden (§ 323 Abs. 2 Ziff. 2 BGB
). Ob das der Fall war, müssten Sie anhand Ihrer Unterlagen prüfen.
Wenn die erwähnte Ausnahme nicht greift, dann war die Stornierung rechtswidrig (d. h. die Verletzung einer Pflicht aus dem Schuldverhältnis).
Es stellt sich nun die Frage, in welcher Höhe Ihnen ein Schaden entstanden ist. Dass das Reisebüro Ihr Geld nicht weitergeleitet hat, berührt nicht das Rechtsverhältnis zwischen Ihnen und der Fluggesellschaft: Da nämlich Reisebüros im Zweifel nicht inkassoberechtigt sind, hatte Ihre Zahlung an das Reisebüro keine Erfüllungswirkung gegenüber der Fluggesellschaft. Die Ersatztickets hätten Sie also in jedem Fall bezahlen müssen.
Ein Schaden kann daher nur noch darin liegen, dass die Ersatztickets teurer waren als die ursprünglich gebuchten Tickets. Nur diese Differenz stellt den Schaden dar, der durch die rechtswidrige Stornierung entstanden ist. (Für den restlichen Schaden müssen Sie sich an das insolvente Reisebüro halten, was de facto leider bedeutet, dass Sie das Geld "abschreiben" können.)
Ergebnis also: Die Differenz (2.500 EUR minus ursprünglicher Ticketpreis) können Sie als Schadensersatz einfordern. Sofern diese Differenz nennenswert ist, müsste Sie Klage erheben bzw. nochmals eine außergerichtliche Klärung versuchen. Keinen Sinn wird es machen, sich über eine Auskunft zu streiten, denn im Prozess müsste der Ticketaussteller bzw. die Fluggesellschaft darlegen und beweisen, dass Sie zur Zahlung nochmals aufgefordert wurden. Wenn das nicht gelingt, gewinnen Sie den Prozess.
Mit freundlichen Grüßen
M. Juhre
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 29. Dezember 2009 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Juhre,
Danke für die bisherige Auskunft. Hinsichtlich des Sachverhaltes scheint es ein Missverständnis zu geben. Ich habe von der Existenz eines Ticketausstellers erst nach Beendigung meiner Reise gehört. Ich hatte keinerlei Kontakt mit dem Ticketaussteller und habe demgemäß auch keine Unterlagen darüber, wann der Ticketpreis fällig war, ob eine Mahnung ausgesprochen wurde, ob ein fester Zahlungstermin vereinbart wurde etc. Sie scheinen von etwas anderem auszugehen (siehe die ersten 3 Abschnitte und der vorletzte Satz Ihrer Antwort). Der Ticketaussteller hat später (nach meiner Reise) auf meine Anfrage hin behauptet, dass er das Reisebüro gemahnt habe. Weitere Einzelheiten will er mir nicht mitteilen.
Kann ich davon ausgehen, dass die Stornierung meiner Tickets durch den Ticketaussteller in jedem Fall rechtswidrig war, da ich von den ganzen Vorgängen keine Kenntnis hatte ?
Ausserdem hatte ich in meiner gestrigen Anfrage eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch den Ticketaussteller angesprochen, da die Stornierung "über meinen Kopf hinweg", ohne eine Chance für mich zum Eingreifen, erfolgte. Wie stehen Sie dazu ? Mir scheint das dem gesunden Rechtsempfinden "aller billig und gerecht Denkenden" am nächsten zu kommen. Und das sollte nicht gering geschätzt werden !
Danke und viele Grüße.
Zu Ihrer Nachfrage:
Kann ich davon ausgehen, dass die Stornierung meiner Tickets durch den Ticketaussteller in jedem Fall rechtswidrig war, da ich von den ganzen Vorgängen keine Kenntnis hatte?
In der Regel hätten Sie vor der Stornierung nochmals zur Zahlung aufgefordert werden müssen. Sofern kein fester Zahlungstermin vereinbart war, lautet die Antwort also ja.
Über die Einzelheiten der Stornierung brauchen Sie sich aber keine Gedanken zu machen: Wer sich auf ein Rücktrittsrecht beruft, muss darlegen und im Streitfall auch beweisen, dass die Voraussetzungen dafür gegeben waren. Das schließt auch die Mahnung ein. Sie selbst brauchen dagegen nicht zu beweisen, dass Sie nicht gemahnt wurden.
Ausserdem hatte ich in meiner gestrigen Anfrage eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung durch den Ticketaussteller angesprochen, da die Stornierung "über meinen Kopf hinweg", ohne eine Chance für mich zum Eingreifen, erfolgte. Wie stehen Sie dazu? Mir scheint das dem gesunden Rechtsempfinden "aller billig und gerecht Denkenden" am nächsten zu kommen. Und das sollte nicht gering geschätzt werden!
Der Anspruch nach § 826 BGB
setzt voraus, dass jemand Sie bewusst schädigen wollte. Das erscheint mir hier äußerst fernliegend.
Abgesehen davon: Selbst wenn die Voraussetzungen des § 826 BGB
gegeben sein sollten, bekommen Sie auch nur den oben dargelegten Schadensersatz. Die Berechnung Ihres Schadens erfolgt immer nach den gleichen Grundsätzen. Mehr als die Differenz zwischen den ursprünglichen gebuchten Tickets und den Ersatztickets bekommen Sie leider in keinem Fall.
Ich kann sehr gut verstehen, dass Sie nach Möglichkeiten suchen, einen anderen Anspruchsgegner als das Reisebüro zu finden. Da das hauptsächliche Versagen aber eben bei dem Reisebüro liegt, können Sie nur noch den durch die Stornierung entstandenen Restschaden verlangen. Darüber hinaus ist ein rechtlicher Anspruch bedauerlicherweise nicht zu begründen.
Mit freundlichen Grüßen
M. Juhre
Rechtsanwalt