Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Bei Ihrer Kündigung zum November wird die Drei-Monatsfrist eingehalten, so dass sie die Gratifikation nicht zurückzahlen müssen.
In dem Aufhebungsvertrag, wie er Ihnen von Ihrem Arbeitgeber angeboten wurde, wird die vorherige Regelung in Ihrem Arbeitsvertrag zur Rückzahlung ersetzt, so dass Sie unabhängig vom Zeitpunkt Ihres Ausscheidens auf jeden Fall die Gratifikation zurückzahlen müssten, falls der Aufhebungsvertrag hinsichtlich der Rückzahlungspflicht wirksam ist. Man kann die Regelungen in einem Arbeitsvertrag jederzeit durch einen schriftlichen (Auhebungs-)Vertrag abändern, aufheben oder ergänzen, falls die Änderungen nicht gegen ein Schutzgesetz verstoßen.
Eine zu kurz bemessene Rückzahlungsklausel bezüglich einer Gratifikation kann das Grundrecht auf freie Berufswahl (Art. 12 GG) unangemessen einschränken sowie gegen das Verbot ungleicher Kündigungsfristen (§ 622 Abs. 6 BGB) verstoßen.
Die Rechtsprechung hat hierzu für Rückzahlungsklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Arbeitgebers, i.e. Klauseln in vom Arbeitgeber verwendeten Formularverträgen, folgende Maßstäbe entwickelt:
1. Bei einer Zuwendung bis zu 100,- € ist keine Rückzahlungsklausel zulässig.
2. Erhält ein Arbeitnehmer eine Sonderzahlung in Höhe von mehr als 100,- €, aber weniger als einer Monatsvergütung, kann der Arbeitgeber sich die Rückforderung für den Fall vorbehalten, dass der Arbeitnehmer nicht über die folgenden drei Monate hinaus bis zum nächstzulässigen Kündigungstermin bleibt. Eine weitergehende Bindung des Arbeitnehmers ist unwirksam (BAG, Urteil vom 28. April 2004 – 10 AZR 356/03 –, BAGE 110, 244-247).
Bei AGB-Klauseln greift nach § 307 BGB eine richterliche Inhaltskontrolle ein, die es bei individuell ausgehandelten Aufhebungsverträgen nicht gibt.
Da es hier um den Schutz der Freiheit der Berufswahl des Arbeitnehmers nach Art. 12 GG sowie das Verbot ungleicher Kündigungsfristen (§ 622 Abs. 6 BGB) geht, kann es aber keinen Unterschied machen, ob sich der Arbeitgeber die Rückzahlung einseitig vorbehält, diesde in AGB-Klauseln vereinbart wird, oder ob die Rückzahlungsfrist in einem individuell ausgehandelten Arbeits- oder Aufhebungsvertrag vereinbart wird (BAG, Urteil vom 30.07.2008 - 10 AZR 607/07 -AP Nr. 274 zu § 611 Gratifikation; ebenso schon BAG, Urt. vom 10.05.1062 - 5 AZR 452/61 - AP Nrn. 22, 23 zu § 611 BGB Gratifikation). Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich - auch - um eine Leistungsgratifikation als Belohnung für in der Vergangenheit liegende Leistungen handelt. (Anders kann dies sein, wenn die Gratifikation ausschließlich gezahlt wird, um den Arbeitnehmer an den Betrieb zu binden. Dies müsste dann aber im Arbeitsvertrag ausdrücklich vereinbart worden sein.)
Ich gehe davon aus, dass die Höhe der Ihnen zum 28.06.2014 gezahlten Gratifikation deutlich über 100,- € beträgt.
Wenn die nächstzulässige Kündigung nach Ihrem Arbeitsvertrag (unter Beachtung der Fristen nach § 622 BGB) vorliegend nach dem 28.06.14 bis zum 30.09.14 zulässig war, wäre ein bis dahin gehender Rückzahlunsvorbehalt Ihres Arbeitgebers unwirksam.
Nach allem ist die Rückzahlungsklausel im von Ihrem Arbeitgeber anbgebotenen Aufhebungsvertrag unwirksam (unterstellt, die Kündigungsfrist beträgt in Ihrem Fall nicht länger als drei Monate).
Allerdings ist davon auszugehen, dass Ihr Arbeitgeber ohne die Rückzahlungsklausel den gesamten Aufhebungsvertrag (mit Wirkung zum 30.09.2014) nicht abschließen würde. Somit würde die Unwirksamkeit der Rückzahlungsklausel den gesamten Aufhebungsvertrag erfassen (§ 139 BGB), so dass für die Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses Ihre bereits erklärte Kündigung maßgeblich bleibt.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen