Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass dieses Forum lediglich die Funktion hat, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage zu geben. Eine persönliche Beratung/Vertretung kann und soll hierdurch nicht ersetzt werden. Hinzufügen oder Weglassen wesentlicher Tatsachen kann zu einer anderen Beurteilung des Falles führen. Unter Berücksichtigung Ihrer Sachverhaltsangaben und des von Ihnen gebotenen Einsatzes beantworte ich Ihre Fragen wie folgt:
1.) Bei einer typischen "Online-Bestellung" in einem Webshop handelt es sich um einen sog. Fernabsatzvertrag i.S.v. § 312b BGB. Demnach ist ein Fernabsatzvertrag ein Vertrag zwischen Verbraucher und Unternehmer, der die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand hat und unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustandekommt. Für solche Verträge sieht § 312d BGB ein Widerrufsrecht für Verbraucher vor.
Ein Vertragsschluss per Email-Kommunikation kann einen solchen Fernabsatzvertrag darstellen, etwa wenn ein Verbraucher auf einer Internetseite ein bestimmtes Produkt sieht und dann die weitere Kommunikation per Email geführt wird.
Allerdings erfüllt nicht jeder per Email geschlossene Vertrag die Anforderungen an einen solchen Fernabsatzvertrag. Wenn sich also der Verbraucher das Produkt vorher, etwa im Ladengeschäft oder - wie bei Ihnen - auf einer Messe anschaut, sich dort ein Angebot einholt und dann die weitere Kommunikation per Email stattfindet, handelt es sich nicht um einen Fernabsatzvertrag, da der Vertrag nicht durch ausschließliche Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustandekam. Der Sinn und Zweck des Widerrufsrechts im Fernabsatz beruht auf dem Gedanken, dass sich ein Verbraucher vom Vertrag lösen können soll, wenn er quasi die Katze im Sack gekauft hat, sich vorher also nicht durch den Verkäufer beraten lassen konnte und das Produkt nicht in Augenschein nehmen konnte.
In Ihrem Fall bedeutet dies also, dass trotz der Email-Kommunikation kein Fernabsatzvertrag geschlossen wurde. Auf diesen Vertrag finden also die reinen kaufrechtlichen Regelungen Anwendung, ohne dass ergänzend das Fernabsatzrecht zum Tragen käme.
2.) Wenn denn das Fernabsatzrecht auf einen Kaufvertrag anwendung findet, steht einem Verbraucher grundsätzlich ein Widerrufsrecht zu. Allerdings enthält § 312d IV BGB Ausnahmen. Nach § 312d IV Nr. 1 BGB besteht ein Widerrufsrecht u.a. nicht, bei einem Vertrag zur Lieferung von Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind.
Daher dürfte in Ihrem Fall also selbst bei einer Fernabsatzsituation kein Widerrufsrecht des Kunden bestehen.
3.) Bei dieser Frage bin ich mir nicht ganz sicher, worauf sie abzielt. Falls Sie mit Auftragsdatum etwa zur Ermittlung irgendwelcher Fristen das Datum des Vertragsschlusses meinen, wäre der Zeitpunkt maßgeblich, in dem dem Kunden Ihre auf Vertragsschluss gerichtete Willenserklärung zugegenagen ist. Maßgeblich wäre also der (unbekannte) Zeitpunkt des Zugangs der Email mit der Auftragsbestätigung. Sollten Sie dieses Datum lediglich im Rahmen der mit dem Gegner zu führenden Korrespondenz angeben wollen, wäre es ausreichend, den Zeitpunkt anzugeben, zu dem Sie den Auftrag des Kunden erhalten haben.
4.) Ein Rücktrittsrecht kann grundsätzlich im Rahmen eines jeden Kaufvertrags bestehen, also unabhängig von der Fernabsatzsituation. In der Regel besteht ein Rücktrittsrecht, wenn der Käufer eine mangelhafte Kaufsache erhalten hat und die Nacherfüllung unmöglich ist, fehlschlägt oder verweigert wird. Allerdings kann der Käufer ausnahmsweise auch bereits vor Erhalt einer mangelhaften Kaufsache zurücktreten, wenn der Verkäufer die ihm obliegenden Vertragspflichten verletzt hat. Vornehmlich kommt dies in Betracht, wenn der Verkäufer seiner Pflicht zur rechtzeitigen Lieferung der Kaufsache nicht ordnungsgemäß nachkommt. Gem. § 323 I BGB gilt aber, dass der Käufer dem Verkäufer eine angemessene Frist setzen muss. Erst wenn diese fruchtlos abgelaufen ist, kann der Käufer wirksam den Rücktritt erklären. Bei der Angemessenheit einer Fristsetzung wäre in Ihrem Fall vor allem relevant, dass Ihnen hinreichend Zeit eingeräumt werden müsste, die Kaufsache nach den spezifischen Kundenwünschen herzustellen. Ein Rücktritt ohne Fristsetzung kommt nur in den Ausnahmefällen des § 323 II BGB in Betracht, also zum Beispiel wenn dem Verkäufer bei Vertragsschluss klar gewesen wäre, dass das Rechtsgeschäft mit der Einhaltung eines Lieferzeitpunkts stehen und fallen soll und der Käufer an einer späteren Lieferung kein Interesse mehr haben kann.
Nach den mir bekannten Sachverhaltsangeben kann ich daher gegenwärtig kein Rücktrittsrecht des Käufers erkennen, da er Ihnen keinerlei Frist gesetzt hat und eine solche auch nicht entbehrlich sein dürfte.
Sollte der Käufer nach wie vor nicht auf Ihr Angebot eines Aufhebungsvertrags unter Zahlung von 25% des Auftragswertes eingehen, empfehle ich Ihnen daher, den Käufer am Vertrag festzuhalten und auf zahlung des vereinbarten Kaufpreises Zug-um-Zug gegen Lieferung der Kaufsache zu bestehen.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage gegeben zu haben. Sollten im weiteren Verlauf der Angelegenheit Probleme entstehen, können Sie sich gern per Email an mich wenden.
Mit freundlichen Grüßen
Lars Liedtke
Rechtsanwalt