Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für die Nutzung von frag-einen-anwalt.de.
Sehr gern beantworte ich Ihre Anfrage basierend auf den von Ihnen zur Verfügung gestellten Informationen wie folgt:
Habe ich bereits einen bindenden Vertrag abgeschlossen (aufgrund meines eindeutigen Interesses) oder habe ich noch das Recht auf Rücktritt (weil ich den Vertrag noch nicht unterzeichnet habe und weil die Maklerin per Telefon mitgeteilt hat dass ich die Wohnung haben könne und es demnach keine Zeugen gibt was ich darauf gesagt habe)?
Mietverträge können grundsätzlich schriftlich oder auch mündlich abgeschlossen werden, da es kein gesetzliches Schriftformerfordernis gibt. Voraussetzung für einen wirksamen Mietvertrag ist lediglich, dass sich die Parteien (Mieter und Vermieter) über die wesentlichen Vertragsbestandteile einig sind, also wer Mieter und wer Vermieter ist (Vertragsparteien), welche Wohnung vermietet wird (Vertragsgegenstand), zu welchem Preis (Hauptleistung des Mieters) und wann das Mietverhältnis beginnt.
Der wirksame (mündliche) Vertragsschluss setzt gemäß den allgemeinen Vorschriften der §§ 145 ff BGB
voraus, dass es zwischen den künftigen Vertragsparteien zu einer Willenseinigung bezüglich der o.g. Punkte kommen muss und zwar mit dem Ziel, einen Vertrag abzuschließen. Der Vertrag gilt dann als zustande gekommen, wenn das Angebot der einen Partei von der anderen Partei angenommen wurde. Wirksam wird der mündliche Vertrag im Zeitpunkt der Abgabe der Annahmeerklärung.
Eine solche Einigung zwischen Ihnen und dem Vermieter kann ich hier nicht erkennen. Es fand lediglich ein lockeres Treffen zwischen Ihnen und dem Vermieter statt, bei dem es zudem noch nicht einmal um den Mietvertrag bzw. das zukünftige Mietverhältnis als solches ging. Zwar könnte hier die Maklerin als Vertreterin des Vermieters angesehen werden und evtl. berechtigt gewesen sein, Willenserklärungen entgegen zu nehmen und auch abzugeben. Dies wurde hier allerdings auch nicht offenbart und eine entsprechende Vollmacht wurde Ihnen nicht bekannt gemacht. Zudem haben Sie auch noch kein Exemplar des schriftlichen Mietvertrages enthalten, was ebenfalls gegen einen bereits geschehenen Vertragsschluss spricht.
Somit handelt es sich bisher lediglich um Vertragsverhandlungen, Sie haben jedoch noch kein verbindliches Angebot zum Abschluss eines Mietvertrages abgegeben. Zudem fehlte es bisher sogar noch um Einigkeit bezüglich einiger Punkte, die das Mietverhältnis betreffen (z.B. Untermiete und Tierhaltung). Zudem ist zu erwähnen, dass den Vermieter die Beweislast für den vermeintlich zustande gekommenen Vertrag treffen würde. Dieser Beweis wird nur schwerlich zu erbringen sein.
Denkbar wäre hier eventuell, dass ein Vorvertrag abgeschlossen wurde. Ein solcher Vertrag besagt, dass die zukünftigen Parteien des Mietvertrages sich verpflichten, einen späteren Mietvertrag abzuschließen. Auch diesbezüglich muss eine Einigung bezüglich der späteren Vertragsbestandteile schon zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vorvertrages stattfinden.
Ein solcher Mietvorvertrag hat auch den Sinn, den Mieter insofern abzusichern, als das der Vermieter verpflichtet ist, das Mietobjekt an den Mieter zu vermieten. Hier wurde vorliegend seitens des Vermieters sogar noch betont, dass es weitere Mietinteressenten gibt und eine endgültige Zusage, dass Sie der einzige in Frage kommende Mieter sind, haben Sie nie erhalten.
Es ist also auch nicht ersichtlich, dass hier ein Mietvorvertrag abgeschlossen wurde.
Sie sollten daher der Maklerin und dem Vermieter (nachweisbar) mitteilen, dass Ihrerseits kein Interesse mehr an dem konkreten Mietobjekt besteht und Sie daher von weiteren Gesprächen Abstand nehmen möchten. Ein Rücktritt ist mangels eines geschlossenen Vertrages nicht notwendig, kann jedoch mit selbem Schreiben hilfsweise geschehen. Dazu müssten Sie am Ende lediglich schreiben, dass Sie hiermit hilfsweise von einem eventuell geschlossenen Vertrag zurücktreten.
Sollte sich der Vermieter oder die Maklerin daraufhin quer stellen, können Sie sich gern an mich wenden.
Ich hoffe, Ihre Fragen verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten oder Nachfragen können Sie gern die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Jenny Weber
Rechtsanwältin
Diese Antwort ist vom 10.05.2015 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwältin Jenny Weber
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Rechtsanwältin Jenny Weber
Liebe Frau Weber,
vielen Dank für die ausführliche, gut verständliche und schnelle Antwort!
Ist in diesem Fall die von mir unterschriebene Mieterselbstauskunft nicht als Vorvertrag zu werten?
Hier stand die Höhe der mitkommen, NK, Heizkosten in NK enthalten, Provision.
Muss ich den im schlimmsten Fall mit einem Rechtsstreit rechnen. Ich frage nur, weil ich noch keinen Rechtsschutz abgeschlossen habe und auf größere Aufwendungen solcher Art nicht vorbereitet bin.
Muss ich der Maklerin noch einen Grund nennen warum ich von dem Mietobjekt abstand nehme? Was sage ich bei evtl. Nachfragen? Genügt es zu sagen "aus persönlichen Gründen"?
Muss ich auch nicht damit rechnen der Maklerin die Provision zahlen zu müssen?
Vielen Dank
Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für Ihre Nachfragen, die ich wie folgt beantworte:
1. Ist in diesem Fall die von mir unterschriebene Mieterselbstauskunft nicht als Vorvertrag zu werten?
Die Unterzeichnung einer Selbstauskunft stellt kein Abschluss bzw. kein Angebot zum Abschluss eines Vertrages dar. Es handelt sich lediglich um eine Vorbereitung eines abzuschließenden Vertrages. Die Selbstauskunft ist auch nicht als Abschluss eines Vorvertrages zu werten, gerade in dem Zusammenhang, dass die Verbindlichkeit aus der Urkunde selbst wohl nicht hervorgeht (es wird kein Wortlaut wie z.B. „Der Interessent verpflichtet sich, einen Mietvertrag … abzuschließen."). Die Selbstauskunft dient lediglich dazu, die Geeignetheit eines Interessenten für das angestrebte Vertragsverhältnis beurteilen zu können.
2. Muss ich den im schlimmsten Fall mit einem Rechtsstreit rechnen ?
Ein Rechtsstreit lässt sich leider nie gänzlich ausschließen. Dies hängt immer ein wenig von der „Streitlust" und Risikobereitschaft des Gegenübers ab. Ich würde Ihnen vorschlagen, dass Sie -wie bereits geschrieben- zunächst mitteilen, dass Sie kein Interesse mehr an diesem Mietobjekt haben und die Reaktion des Vermieters abwarten.
3. Muss ich der Maklerin noch einen Grund nennen warum ich von dem Mietobjekt Abstand nehme?
Grundsätzlich müssen Sie sich nicht rechtfertigen. Warum Sie keinen Vertrag abschließen wollen, geht den potentiellen zukünftigen Vermieter nichts an. Es der Privatautonomie immanent, dass jeder sich frei entscheiden kann, ob und mit wem er einen Vertrag abschließen möchte.
Bei dem hilfsweisen Rücktritt sollten Sie anführen, dass Ihnen aus zeitlichen Gründen, weil sich die Verhandlungen zu sehr in die Länge gezogen haben, ein Abschluss des Mietvertrages nicht zuzumuten ist.
Gern würde ich Ihnen weitere Nachfragen kostenfrei beantworten. Kontaktieren Sie mich zu diesem Zwecke bitte direkt unter den in meinem Profil angegebenen Daten, da diese Plattform nur die Möglichkeit der einmaligen kostenfreien Nachfrage bietet.
Mit freundlichen Grüßen
Jenny Weber
Rechtsanwältin