Sehr geehrte Fragestellerin,
vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich Ihnen aufgrund des geschilderten Sachverhalts und unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:
Ihnen stehen die gesetzlichen Mängelrechte nach den §§ 434 ff. BGB zu, sofern diese nicht durch den Kaufvertrag ausgeschlossen wurden.
Sie müssen die Mängel jedoch zunächst dem Verkäufer anzeigen und ihm Gelegenheit geben, die Mängel zu beseitigen. Sollte eine Beseitigung der Mängel fehlschlagen oder durch den Verkäufer verweigert werden, könnten Sie Schadensersatzansprüche geltend machen. Der Schaden bestünde dann in Höhe der Reparaturkosten für die Mängel. Auch eine Minderung des Kaufpreises wäre möglich.
Im Einzelnen:
Hinsichtlich der Stromleitungen verstehe ich Sie so, dass Ihnen die Erforderlichkeit einer Erneuerung beim Kauf bekannt war.
Bezüglich der Steigstränge wäre zu prüfen, wie erheblich dieser Mangel ist und ob der Verkäufer hierzu nicht sogar verpflichtet gewesen wäre, Ihnen mitzuteilen, dass diese durchgerostet sind oder ob der Verkäufer davon ausgehen durfte, dass nur einzelne Wohnungen davon betroffen sind, da bei ihm noch kein Schaden aufgetreten ist. Es wird hier entscheidend darauf ankommen, ob dem Verkäufer diese Mängel bekannt waren und ob er Ihnen diese arglistig verschwiegen hat. Zudem muss ein Verkäufer Probleme und Rechtsstreitigkeiten in der Eigentümergemeinschaft offen legen. Allein die Ablehnung der Sanierung der Rohre durch die Eigentümergemeinschaft wird man aber noch nicht als Problem bezeichnen können, das zu offenbaren ist. Hier kommt es auf die genauen Umstände des Einzelfalles an, die mir natürlich nicht bekannt sind, sodass eine nähere Prüfung hier nicht möglich ist.
Ob das von Ihnen beschriebene Gefälle im Wohnzimmer ebenfalls einen Sachmangel iSd. § 434 BGB darstellt, wird wohl nur durch ein Sachverständigengutachten zu klären sein. Möglicherweise stehen die Risse in den Wänden hiermit in Zusammenhang. Auch dies müsste ein Sachverständiger klären. Hinsichtlich der von Ihnen beschriebenen Risse wird zu prüfen sein, wie groß diese sind und ob diese je nach Größe noch hingenommen werden müssen bzw. ob hierdurch die Statik der Wände beeinträchtigt wird. Im Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass bei jeder Immobilie früher oder später Risse entstehen und dass Risse von bis zu 2mm unschädlich sind. Hier könnte jedoch der Einwand erfolgen, dass Ihnen die Risse bei Besichtigung der Wohnung hätten auffallen müssen, sodass Sie sich nicht auf die Mängelhaftung des Verkäufers berufen können.
Sollte die Gewährleistung im Kaufvertrag ausgeschlossen worden sein, was übrigens wirksam vereinbart werden kann, besteht dennoch eine Haftung des Verkäufers, wenn dieser Ihnen die vorhandenen Mängel arglistig verschwiegen hat (BGH, Urt. v. 24. März 2006, Az.: V ZR 173/05). Die Beweislast hierfür liegt bei Ihnen. Ich sehe hier jedoch gute Chancen, da Ihnen von dritter Seite mitgeteilt wurde, dass die Rohre schon länger defekt sind und dieser Mangel bereits bei Gefahrübergang vorhanden war. Sie könnten im Streitfalle also Zeugen benennen, die bestätigen können, dass Ihr Verkäufer hiervon Kenntnis haben musste. Dies allein sagt aber noch nichts darüber aus, ob der Mangel erheblich ist und wie dieser beseitigt werden kann.
Ein sofortiger Rücktritt vom Kaufvertrag ist nur in Ausnahmefällen möglich, z. B. dann, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der Interessen beider Parteien einen sofortigen Rücktritt rechtfertigen würden oder Ihnen die zustehende Art der Nacherfüllung unzumutbar wäre.
Aufgrund Ihrer Schilderungen und der offensichtlich nicht ganz unerheblichen Mängel rate Ihnen, zunächst den Kaufvertrag von einem Rechtsanwalt bezüglich der Ihnen zustehenden Mängelrechte sowie das Vorliegen, Art und Ausmaß der beschriebenen Mängel überprüfen zu lassen. Danach sollten Sie dann entscheiden, ob und wie Sie gegen den Verkäufer vorgehen wollen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort zunächst weiter geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen,
Marion Deinzer
(Rechtsanwältin)
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