Sehr geehrter Fragensteller,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Anhand Ihrer Angaben beantworte ich Ihre Fragestellungen wie folgt:
Zunächst stelle ich folgendes voran:
Nebenkostenguthaben werden mit den laufenden Leistungen verrechnet. Sie Sind Einkommen nach dem Zuflussprinzip. Grundsätzlich trägt die ARGE die Heizkosten, nicht aber die allgemeinen Stromkosten. Ihnen obliegt die Beweislast hinsichtlich der Differenzierung zwischen dem Allgemeinstrom und Nachtspeicher.
Ferner gebe ich Ihnen einen Überblick über die Rechtsprechung der Sozialgerichte Ihrer Umgebung, da auch mir nach Ihren Angaben nicht klar ist, wie die ARGE Ihre Verbrauchswerte berechnet. Bitte fragen Sie dort nach. Der Bescheid muss nachvollziehbar sein.
Nach Auffassung des Sozialgerichts Dortmund, Urteil vom 19.12.2007 - S 32 AS 114/07, muss ein Träger von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einem Bezieher von Arbeitslosengeld II solange die tatsächlich anfallenden Kosten für die Beheizung seiner Wohnung übernehmen, bis dieser aufgrund eines Hinweises des Leistungsträgers in der Lage ist, überhöhte Kosten auf ein angemessenes Maß zu senken. Keinesfalls sei die Behörde zur Reduzierung der Kosten ohne vorherigen Hinweis berechtigt. Dieses Urteil sollten Sie sich für die Begründung Ihres Widerspruch zu eigen machen und nochmals die ARGE anschreiben.
Die Praxis der Grundsicherungsträger im Hochsauerlandkreis (HSK), Empfängern von Arbeitslosengeld II nur pauschalierte Heizkosten zu erstatten, ist rechtswidrig. Maßgeblich sind vielmehr die angemessenen Abschlagszahlungen und etwaige Nachzahlungsforderungen des Energieversorgers. Dies entschied das Sozialgericht Dortmund nach einer Pressemitteilung vom 15.05.2007 im Falle einer 48-jährigen Langzeitarbeitslosen aus Meschede, die mit ihrer 14-jährigen Tochter in einem 1954 erbauten Eigenheim mit einer Wohnfläche von 117 m² wohnt.
Die 23. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf hat die ARGE Krefeld zur Übernahme der Heizkosten eines Arbeitslosengeld II-Empfängers in tatsächlicher Höhe verurteilt. Der 62-jährige, alleinstehende Kläger bezog seit dem 01.01.2006 Arbeitslosengeld II Obwohl die Behörde alleinstehenden Personen grundsätzlich nur 45 m² große Wohnungen zugesteht, akzeptierte sie, dass der Kläger eine 55 m² große Wohnung bewohnte, da die Miete verhältnismäßig niedrig war. Nicht mehr angemessen waren nach Auffassung der Behörde aber die Heizkosten. Diese lagen zwar noch unter ihrer Grenze von 1,00 Euro/m². Die Behörde berücksichtigte aber nur die Heizkosten einer 45 m² großen Wohnung. Die Rechtsprechung beurteilte Fallgestaltungen dieser Art bisher uneinheitlich.
Das Sozialgericht Düsseldorf verurteilte die ARGE zur Übernahme der gesamten Heizkosten. Zur Begründung führte es aus, das Gesetz sehe die Übernahme der tatsächlichen Unterkunfts- und Heizkosten vor, soweit diese angemessen seien. Maßstab für die Angemessenheit der Unterkunftskosten seien die Größe der Wohnung und die Höhe der Miete. Hier gelte die sog. Produkttheorie: Wenn die Wohnung zwar entweder unangemessen groß oder unangemessen teuer sei, das aus der Multiplikation der Faktoren Größe und Quadratmetermietpreis zu ermittelnde Produkt aber angemessen sei, seien die tatsächlichen Kosten zu übernehmen. Konsequenterweise seien dann auch die Heizkosten in tatsächlicher Höhe zu übernehmen. Eine Trennung der Heiz- von den Unterkunftskosten sei nicht möglich, zumal diese oft kaum beeinflussbar seien, sondern von den Eigenschaften der Wohnung abhingen. Darüber hinaus gestatte das Gesetz den Behörden nur, Leistungsempfänger wegen unangemessener Unterkunftskosten zu einer Kostensenkung bzw. einem Umzug aufzufordern. Bei unangemessenen Heizkosten habe der Gesetzgeber keine Sanktionen vorgesehen. Das Urteil vom 29.05.2007 ist rechtskräftig geworden, Az.: S 23 AS 119/06.
Darüber hinaus gehe ich davon aus, dass Sie eine Leitungskürzung i.H.v. € 60,-- monatlich erhalten haben. Die Leistungskürzung wurde Ihnen in der Form eines Verwaltungsaktes (VA) mitgeteilt. Die Leistungskürzung wirkt ab dem Folgemonat, nachdem der feststellende VA Ihnen zugegangen ist.
Gegen eine Leistungskürzung stehen folgende juristische Mittel zur Verfügung:
Widerspruch und Anfechtungsklage auf Aufhebung des belastenden VA. Zudem, da Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, vgl. § 39 SGB II, § 86a Abs. 2 Nr. 3 SGG können Sie einen Antrag an das Sozialgericht auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gem. § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG kombiniert (wegen der Leistungskürzung) mit einem Antrag auf einstweilige Anordnung gem. § 86b Abs. 2 SGG zwecks Auszahlung der Leistung in voller Höhe stellen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen ersten Einschätzungen weiterhelfen konnte und verweise bei Unklarheiten nochmals auf die kostenlose Nachfragefunktion. Sie erhalten Beratungs- und Prozesskostenhilfe, falls Sie einen Anwalt beauftragen.
Einstweilen verbleibe ich
mit besten Grüßen
Inga Dransfeld-Haase
Rechtsanwältin
E-Mail: dr-haase@dr-schwoebbermeyer.de
Ich bitte noch folgendes zu beachten:
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