Sehr geehrter Fragesteller!
Im deutschen Erbrecht gibt es nicht nur die Möglichkeit, sein ganzes Vermögen endgültig einer Person oder einer Personenmehrheit (Miterben) zukommen zu lassen (sog. Vollerbschaft). Denn das Bürgerliche Gesetzbuch sieht in den §§ 2100 ff. BGB
ferner auch die Möglichkeit der Vor- und Nacherbschaft vor. Das heißt, das Vermögen soll zunächst einer ersten Person (dem Vorerben, hier die Ehefrau) zukommen. Das Vermögen wird hierbei penibel vom eigenen Vermögen des Vorerben getrennt. Es handelt sich um zwei verschiedene Vermögensmassen. Wenn dann eine im Testament oder Erbvertrag vorgesehene Bedingung eintritt (bspw. der Tod des Vorerben), geht dann das Vermögen aus der Vorerbschaft (vom Ehemann) auf die Nacherben (Erbengemeinschaft bestehend aus B, C, D und E) über. Das eigene Vermögen des Ehegatten wird ganz normal auf die jeweiligen Erben, in Ihrem Fall wiederrum B, C, D und E, verteilt.
Bezüglich des Vermögensteils aus der Vorerbschaft unterliegt der Vorerbe gewissen Beschränkungen. Das Gesetz sieht bestimmte Sicherungsmechanismen vor, damit der Vorerbe das Vermögen nicht verjubelt und die Nacherben in die Röhre schauen. Der Vorerbe soll durch den Gebrauch und die Früchte (bspw. Zinsen aus Geldanlagen oder Miete aus Häusern) abgesichert und auch gut davon leben können. Er darf aber grundsätzlich nicht die Substanz des Vermögens zerstören.
Deshalb bestimmen die §§ 2112
bis 2138 BGB
, dass beispielsweise Verfügungen über Grundstücke nur mit Zustimmung aller Nacherben zulässig sind (§§ 2112 Abs. 1
, 2120 BGB
) oder das Geld grundsätzlich anzulegen ist (§ 2119 BGB
). All diese Regelungen sind relativ starr und verursachen Probleme. Daher kann der Erblasser (hier Ehemann) in der letztwilligen Verfügung anordnen, dass der Vorerbe von den Verfügungsbeschränkungen befreit ist. Nach Ihrem Sachvortrag ist dieses hier der Fall.
Problem: Gemäß dem ausdrücklichen Wortlaut des § 2136 BGB
kann die Befreiung aber niemals die Verfügungsbeschränkung bezüglich unentgeltlicher Zuwendungen umfassen. Denn solche Schenkungen sind in § 2113 Abs. 2 BGB
aufgeführt und die Befreiungsnorm nennt so ziemlich jeden Beschränkungsparagraphen, nur halt diesen für die Schenkung relevanten nicht!
Enthält das Testament ausdrücklich eine Befreiung auch für Schenkungen, so wäre die Nacherbschaft als ganzes unwirksam. Denn die so weite Befreiung von Verfügungsbeschränkungen steht im nicht vereinbaren Widerspruch zum gesetzlichen Leitbild der Nacherbschaft. Die Ehefrau wäre direkt Vollerbin geworden und durfte mit Ihrem (gesamten, einheitlichen) Vermögen tun und lassen, was sie wollte.
Ist eine solche Befreiung jedoch nicht enthalten, so gilt durfte die Ehefrau nicht unentgeltlich über die Gegenstände verfügen. Es kann dann zunächst geprüft werden, ob die jeweilige Zuwendung eine Anstands- oder Pflichtschenkung darstellt. Angesichts der höheren Beträge dürfte dieses jedoch zu verneinen sein.
Rechtsfolge ist gemäß § 2113 Abs. 3 BGB
in Verbindung mit § 812 BGB
, dass die Schenkungsempfänger die Schenkung an die Erbengemeinschaft herauszugeben haben. Und zwar voll, nicht nur in Höhe des Bruchteils, des einklagenden Miterben. Soweit das Geld jedoch für Luxusaufwendungen, also Sachen die man nicht sonst mit eigenen Mitteln finanziert hätte oder allgemein für die Lebensführung verwendet hätte, vorliegen, könnte sich der jeweils Beschenkte nach § 818 BGB
ggf. auf Entreicherung berufen. Da es sich jedoch um die Ehefrau eines Miterben handelt, und diese wahrscheinlich auch Kenntnis von der Anordnung der Vor- und Nacherbschaft Kenntnis hatte, war sie bösgläubig und muss daher den kompletten Betrag zurückgewähren. Der Rückgewähranspruch verjährt innerhalb von drei Jahren.
Im Ergebnis hat daher E Recht.
Diese Antwort ist vom 21.06.2014 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Herzlichen Dank für die ausführliche und hilfreiche Antwort. Der verstorbene Ehemann A hatte nur einen geringen Nachlass, so dass die Ehefrau A die Schenkungen ohne weiteres aus ihrem eigenen Vermögen bestreiten konnte. Nach meinem Verständnis müssen die Schenkungen dann nicht zurückgegeben werden. Ist das richtig?
Das sehen Sie völlig richtig.
Entscheidend ist aber natürlich, dass damals die Schenkung auch tatsächlich aus dem eigenen Vermögen stammte. Und nicht nur hypotetisch auch daraus hätte bestritten werden können. Problematisch ist dieses zum Beispiel bei der unmittelbaren Übertragung von Sparbüchern oder Umschreibung von Lebensversicherungen. Hat die Ehefrau das Konto des verstorbenen Ehemanns als getrenntes Konto weitergeführt, so sind Überweisungen hiervon auf das Konto des Beschenkten auch als Verfügung über das Vorerbe anzusehen.
Hat die Ehefrau nicht wirklich sauber getrennt, sondern die beiden Vermögen gemischt (was so ja eigentlich nicht der Fall sein soll), und würde das eigene Vermögen zur Erfüllung des Schenkungsversprechens über die Zuwendung aus eigenem Vermögen ausreichen, so könnte man annehmen, dass das Geld dann auch aus eigenem Vermögen stammt. Denn schließlich hat die Vorerbin ja Kenntnis davon, dass Sie nicht über das Vorerbe verfügen darf. Es ist daher rechtstreues Verhalten zu unterstellen.
Letztendlich ist der C aber in der Beweispflicht. Er muss in einem Prozess beweisen, dass die Ehefrau aus dem Vorerbe verfügt hat.
Abschließend möchte ich noch auf die Schenkungsteuer hinweisen. Der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG
für Zuwendungen von Ehefrau an den Ehegatten eines Kindes (zählt wie fremder Dritter) beträgt innerhalb eines Zehnjahreszeitraum nur 20.000 EUR. Auf den Rest sind dann 30% Steuersatz anzuwenden. Verjährung beginnt bei Schenkung erst mit Anzeige beim Finanzamt oder beim Tod eines der Beteiligten. Je nach Höhe der Schenkung beträgt die strafrechtliche Verjährung 5 oder 10 Jahre. Soweit noch keine Schenkungsteuererklärung abgegeben worden ist, helfe ich Ihnen gerne bei der Abgabe einer strafbefreienden Selbstanzeige.