Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
besten Dank für die Anfrage, die ich anhand des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes im Verhältnis zu Ihrem Einsatz wie folgt beantworten möchte.
Zunächst einmal zur Beruhigung! Eine Klage vor dem Sozialgericht lohnt immer, da zum einen das Verfahren Gerichtskostenfrei ist und die Richter darauf gedrillt sind, Fehler der Behörden zu finden.
Wenn man Ihre Schilderung zu Grunde legt, waren Sie stets erreichbar. Nach meiner Einschätzung handelt es sich um eine bloße Förmelei der Arbeitsverwaltung, dem Bürger über eine Sanktion in die Tasche zu greifen.
Fraglich ist, was als nicht erreichbar gilt:
Im Falle eines Umzugs (Wohnungswechsel) ist der Arbeitslose solange nicht erreichbar, wie der AA die neue Anschrift nicht bekanntgegeben worden ist, und zwar selbst dann, wenn er innerhalb des AA-Bezirks oder gar nur innerhalb seines Wohnortes umgezogen ist (vgl BSG 25. 4. 1990 – 7 RAr 20/89
– DBlR 3674 SGB X/§ 48; BSG 29. 11. 1989 – 7 RAr 138/88
– SozR 4100 § 103 Nr 47
).
Der AA waren aber beide Anschriften bekannt.
Zudem erscheint es in Zeiten moderner Kommunikationsmittel nicht hinnehmbar, dass man stets postalisch erreichbar sein muss.
Das BSG (29. 11. 1989 – 7 RAr 138/88
– SozR 3–4100 § 103 Nr 47) sagt, dass die Erreichbarkeit bzw Verfügbarkeit solange verneint wird, wie der Arbeitslose nicht selbst eine Mitteilung über einen Wohnortwechsel gemacht hat, selbst wenn das AA auf andere Weise von der neuen Anschrift Kenntnis hat.
Es stellt sich aber die Frage, ob denn noch ein Wohnortswechsel angezeigt werden muss, wenn der AA zum einen bekannt ist, dass Sie eine Wohnung in Berlin haben und zum anderen bekannt ist, dass Sie dort eine Arbeitsstelle antreten werden.
Insofern weicht Ihre Lebenssachverhalt von dem Urteil des BSG ab.
Eine Stütze für Sie günstige Rechtsmeinung findet sich in der Literatur sowie in der Gesetzesbegründung zum SGB III:
"Das BSG hat gemeint, das Gesetz erfordere von dem Arbeitslosen ein eigenes aktives Handeln bzw verlange eine persönliche und unverzügliche Anzeige des Wohnungswechsels (BSG 20. 6. 2001 – B 11 AL 10/01 R
– SozR 3–4300 § 119 Nr 3). Derartiges war aber weder dem § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG noch der damals geltenden AufenthaltsAO zu entnehmen." (Steinmeyer in: Gagel, SGB II / SGB III, § 119,
42. Ergänzungslieferung 2011, Rn. 250-254).
"Dafür besteht auch kein Bedürfnis, weil auch die Erreichbarkeit des Arbeitslosen Teil der objektiven Verfügbarkeit ist, es kommt daher nur auf die objektive Erreichbarkeit an."(Steinmeyer a.a.O.)
"Die Auffassung des BSG kann auch nicht auf § 60 SGB I
gestützt werden, demzufolge der Arbeitslose leistungsrelevante Änderungen mitzuteilen hat."(Steinmeyer a.a.O.).
Können Sie zudem vorweisen, dass andere Personen Postsendungen für Sie entgegen nehmen können, ist Ihre Erreichbarkeit stets gegeben.BSG 2. 3. 2000 – B 7 AL 8/99 R
.
Ich hoffe, Ihnen einen ersten Überblick über die Rechtslage verschafft haben zu können und möchte Sie bei Unklarheiten auf die kostenfreie Nachfragefunktion verweisen,
Gerne würde ich Sie in einem sozialgerichtlichen Verfahren vertreten.
Achtung Archiv
Diese Antwort ist vom 26.09.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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