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Sehr geehrte Fragestellerin/sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Frage
Rückerstattung bei zu hoher Sonderumlage für Sanierungsmaßname
06.11.2013 02:35 | Preis: 30,00 € |
Mietrecht, Wohnungseigentum
beantworte ich unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes und nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
I.
Als sog. Anspruchsgrundlage für den geltend zu machenden Rückzahlungsanspruch kommt § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB
aufgrund ungerechtfertigter Bereicherung wegen nachträglichen Entfallens des rechtlichen Grundes für die geleisteten Zahlungen (vgl. AG Augsburg, Urteil vom 17. April 2013 – 30 C 5735/12
WEG –, juris –Veröff. Rn 16).
Vom Prinzip her könnten Sie sich auch darauf stützen, das Sie mehrfach– auch schriftlich – darauf hingewiesen haben und die Zahlung nur unter dem Vorbehalt geleistet haben, dass Sie Rückzahlung des Differenzbetrages verlangen würden, sofern die Sanierungsmaßnahme günstiger ausfallen würde.
Folgend Probleme der Wirksamkeit einer solchen Klage sehe ich jedoch:
1. Sie schreiben:
„Offensichtlich ist die Sanierungsmaßname wie erwartet günstiger ausgefallen." und
„Es wird aber voraussichtlich wesentlich weniger Geld benötigt, als in der Sonderumlage eingefordert wurde."
Sie scheinen also bislang noch keine Klarheit zu haben, ob wirklich „wesentlich weniger Geld benötigt wurde. Darüber müssten Sie sich aber Klarheit verschaffen, denn Sie müssten ja auch im Rahmen einer Klage den einzuklagenden (Differenz-) Betrag beziffern können.
2. Ein weiteres Problem könnte sich aus dem Verkauf der Wohnung ergeben. Siehe dazu die Ausführungen des AG Augsburg in dessen Urteil vom 17. April 2013 – 30 C 5735/12
WEG –, Rn 22-24 juris –Veröff.:
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Einem Rückforderungsanspruch der Klägerin gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 BGB
steht jedoch der Vorrang des Innenausgleichs innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft entgegen. Ein möglicher Bereicherungsanspruch ist durch das Instrument der Jahresabrechnung ausgeschlossen (vgl. Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 28 Rn. 20). Die von der Klägerin geleisteten Zahlungen sind in das Verwaltungsvermögen eingegangen, welches gemäß § 10 Abs. 7 WEG
der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zusteht und auch bei einem Eigentümerwechsel bei dieser verbleibt (vgl. Bärmann, WEG, 11 Aufl., § 10 Rn. 283). Die einzelnen Wohnungseigentümer haben während ihrer Zugehörigkeit zur Wohnungseigentümergemeinschaft an diesem Verwaltungsvermögen teil, ohne dass ihnen ein absonderbarer Anteil daran zustünde (vgl. Spielbauer/Then, WEG, 2. Aufl., § 10 Rn. 48). Die Teilhabe der Klägerin am Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft ist vorliegend mit dem Eigentum auf den neuen Eigentümer übergegangen.
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Ebenso wie Zahlungen auf einen Wirtschaftsplan stellen Zahlungen auf Sonderumlagen zweckgebundene Beiträge der einzelnen Wohnungseigentümer dar, die der Aufrechterhaltung und dem Betrieb der Wohnungseigentümergemeinschaft dienen. Sonderumlagen werden als Ergänzung zum Wirtschaftsplan erhoben, um Ausgaben zu decken, die von der Kalkulation des Wirtschaftsplans nicht erfasst wurden. Insoweit ist die streitgegenständliche Situation derjenigen, die der Entscheidung des OLG Hamm vom 25.03.2004, Az. 15 W 412/02
, zu Grunde lag (hier wurden Wohngeldvorschüsse geleistet, ohne dass ein wirksam beschlossener Wirtschaftsplan vorlag) vergleichbar. Die beschriebene Zweckbindung besteht auch dann, wenn entweder eine wirksame Rechtsgrundlage mangels eines die entsprechende Forderung begründenden Beschlusses der Eigentümergemeinschaft von vornherein fehlt oder diese Rechtsgrundlage nachträglich wegfällt, weil der entsprechende Beschluss gerichtlich für ungültig erklärt wird.
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Mit Einzahlung der Beiträge zur Aufrechterhaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft verliert der einzelne Wohnungseigentümer sein Alleinbestimmungsrecht über die geleisteten Gelder. Es verbleibt ihm lediglich der Anspruch auf Abrechnung und Ausgleich während seiner Mitgliedschaft in der betreffenden Gemeinschaft (vgl. auch Kammergericht, Beschluss vom 31.01.2000, Az. 24 W 7323/98
). Dieser Abrechnungs- und Ausgleichsanspruch geht mit dem Eigentumswechsel auf den neuen Eigentümer über. Ebensowenig wie die Gemeinschaft einen ausgeschiedenen Eigentümer für Betragszahlungen in Anspruch nehmen kann, die zwar auf die Zeit seiner Eigentümerstellung entfallen, jedoch erst nach seinem Ausscheiden von der Gemeinschaft beschlossen wurden (vgl. OLG München, Beschluss vom 24.05.2007, Az. 34 Wx 27/07
), kann der ausgeschiedene Eigentümer von der Gemeinschaft von ihm ohne Rechtsgrund geleistete Beiträge zurückverlangen."
Das Ausscheiden von der Gemeinschaft stellt hier also ein weiteres mögliches Problem dar.
Aus Ihren Schilderungen ergibt sich auch nicht, dass Sie Ihren Anspruch auf Abrechnung und Ausgleich während Ihrer Mitgliedschaft in der betreffenden Gemeinschaft geltend gemacht haben.
Nach dem KG Berlin, Beschluss vom 31. Januar 2000 – 24 W 7323/98
–, juris (1. Leitsatz)
geht der Anspruch auf Abrechnung eingezahlter Beitragsvorschüsse und Auszahlung von Guthaben mit dem Ausscheiden des Wohnungseigentümers auf dessen Nachfolger über und kann somit von dem früheren Eigentümer nicht mehr gerichtlich geltend gemacht werden.
3.Letztlich hätten Sie wohl bereits den späteren Beschluß, „bei welchem es um die Einsparung von erweiterten Maßnahmen ging," und in dem „der Gesamtaufwand der Sanierungsmaßname erheblich reduziert" (wurde), in dem aber die Rücklage dabei nicht mehr in der Berechnung berücksichtigt wurde, anfechten müssen. Vorsichtshalber hätten Sie bereits damals diesen gerichtlich für ungültig erklären lassen sollen.
Abschließend kann ich Ihnen nur raten, sich aufgrund der höchst komplizierten Materie an einen spezialisierter Anwalt vor Ort zu wenden. Dieser kann obige Anregungen vor Erhebung einer Klage einmal genau untersuchen. Auch besteht die Möglichkeit, das Sie sich mit Ihrem Nachfolger –Eigentümer „zusammentun". Dieser müsste Ihnen erst einmal mitteilen, ob überhaupt ein Überschuss (also ein verbleibenden Teil der Sonderumlage) gegeben ist.
II.
Zu Ihrer Frage:
„Kann die WEG nun beschließen, den verbleibenden Teil der Sonderumlage für weitere notwendige Sanierungen zu verwenden, die demnächst anstehen?"
Wie oben ausgeführt „stellen Zahlungen auf Sonderumlagen zweckgebundene Beiträge der einzelnen Wohnungseigentümer dar, die der Aufrechterhaltung und dem Betrieb der Wohnungseigentümergemeinschaft dienen. Sonderumlagen werden als Ergänzung zum Wirtschaftsplan erhoben, um Ausgaben zu decken, die von der Kalkulation des Wirtschaftsplans nicht erfasst wurden."
Dies spricht bereits dafür, dass der verbleibende Teil der Sonderumlage auch für weitere notwendige Sanierungen verwendet werden kann.
Dieser Teil befindet sich ja nach Ihren Schilderungen (wohl) nunmehr in der Rücklage.
Zur Rücklage vgl. OLG München, Beschluss vom 20. Dezember 2007 – 34 Wx 76/07
, 34 Wx 076/07
–, juris Rn 16 sowie BayObLG NZM 2004, 745
:
„Die Rücklage hat den gesetzlichen, hier von der Gemeinschaftsordnung auch nicht modifizierten, Zweck, notwendige größere Reparaturen des gemeinschaftlichen Eigentums zu sichern (vgl. Niedenführ in Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten WEG 8. Aufl. § 21 Rn. 103). Über Entnahmen aus der Instandhaltungsrücklage kann die Eigentümerversammlung mit Mehrheit beschließen."
Sollte also demnächst weitere notwendige Sanierungen anstehen, düfte dafür durch Mehrheitsbeschluss der verbleibenden Teil der Sonderumlage (aus der Rücklage) verwendet werden.
Auch letzteres Problem sollten Sie in allen Details dem spezialisierter Anwalt vor Ort schilden. Ob dieser Ihnen aber dazu rät, gegen einen solchen evtl. ergehenden Beschluss etwas zu unternehmen, ist fraglich, insbes. auch angesichts der Tatsache, dass Sie nach Ihrer Schilderung gar nicht mehr Teil der WEG sind.
Ich weise darauf hin, dass die Beantwortung Ihrer Frage ausschließlich auf Grundlage Ihrer Schilderung erfolgt. Die Antwort dient lediglich einer ersten rechtlichen Einschätzung, die eine persönliche und ausführliche Beratung durch einen Rechtsanwalt in den seltensten Fällen ersetzen kann. Das Weglassen oder Hinzufügen weiterer Sachverhaltsangaben sowie die Aussagen von Zeugen und die Wertung anderer Beweismittel und weiterer Informationen können möglicherweise zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen. Eine endgültige Einschätzung der Rechtslage ist nur nach umfassender Sachverhaltsermittlung möglich.
Letztlich weise ich erneut darauf hin, dass der Umfang meiner Beratung ebenfalls durch die zwingenden gesetzlichen Vorgaben des § 4 RVG
begrenzt ist.
Mit freundlichen Grüßen
Aljoscha Winkelmann (Rechtsanwalt)
Diese Antwort ist vom 06.11.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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vielen Dank für Ihre Antwort!
Zwar bin ich jetzt nicht mehr Eigentümer, war aber über die volle Zeit der betreffenden Abrechnungsperiode Eigentümer, da das Wirtschaftsjahr zum 30.06.2013 endete und der Eigentumsübergang zum 01.07.2013 stattfand. Das ist mir nicht klar, ob das einen Unterschied macht, da es ja die Abrechnungsperiode während der Zugehörigkeit zur WEG betrifft und lediglich die Abrechnung, später erfolgt.
Vielen Dank!
Wenn ich Sie in Ihrer Nachfrage richtig verstehe, konnten Sie als ausgeschiedener Wohnungseigentümer nicht mehr an der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung, die erst nach Endes der Abrechnungsperiode (30.06.2013) erfolgt ist, teilnehmen.
Sie haben während der Mitgliedschaft in der EigentümergemeinschaftIhren Ihren Anspruch auf Abrechnung und ggf. im Anschluss hieran auf Teilrückzahlung der Sonderumlage, die nach Ihrer Vermutung zu hoch angesetzt war, NICHT geltend machen können, da Sie nicht mehr an der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung, die erst nach Endes der Abrechnungsperiode ( 30.06.2013) erfolgt ist, teilnehmen konnten.
Dies können Sie, ebenso wie die Tatsache, dass Sie die volle Zeit der betreffenden Abrechnungsperiode Eigentümer waren und nur Zahlung nur unter dem Vorbehalt geleistet haben, dass Sie Rückzahlung des Differenzbetrages verlangen würden, sofern die Sanierungsmaßnahme günstiger ausfallen würde, vor Gericht geltend machen. Ich wollte Sie nur warnen, dass das Gericht sich evtl. auf folgende Rechtsprechung beruft (auf die ich schon hingewiesen habe):
Das AG Augsburg hat in dessen (m.E. vergleichbarem Fall) Urteil vom 17. April 2013 – 30 C 5735/12
WEG, in Rn 24 ausgeführt:
" Mit Einzahlung der Beiträge zur Aufrechterhaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft verliert der einzelne Wohnungseigentümer sein Alleinbestimmungsrecht über die geleisteten Gelder. Es verbleibt ihm lediglich der Anspruch auf Abrechnung und Ausgleich während seiner Mitgliedschaft in der betreffenden Gemeinschaft (vgl. auch Kammergericht, Beschluss vom 31.01.2000, Az. 24 W 7323/98
). Dieser Abrechnungs- und Ausgleichsanspruch geht mit dem Eigentumswechsel auf den neuen Eigentümer über. Ebensowenig wie die Gemeinschaft einen ausgeschiedenen Eigentümer für Betragszahlungen in Anspruch nehmen kann, die zwar auf die Zeit seiner Eigentümerstellung entfallen, jedoch erst nach seinem Ausscheiden von der Gemeinschaft beschlossen wurden (vgl. OLG München, Beschluss vom 24.05.2007, Az. 34 Wx 27/07
), kann der ausgeschiedene Eigentümer von der Gemeinschaft von ihm ohne Rechtsgrund geleistete Beiträge zurückverlangen."
Das Gericht könnte Ihren Bereicherungsanspruch, vergleichbar dem Fall vor dem AG Augsburg, mit folgender Argumentation ablehnen:
1. Die Abrechnungs- und Ausgleichsanspruch geht mit dem Eigentumswechsel auf den neuen Eigentümer über.
2. Der ausgeschiedene Eigentümer kann von der Gemeinschaft keine (wie in dem Fall vor dem Amtsgericht Augsburg) ohne Rechtsgrund geleistete Beiträge zurückverlangen auf Ihren Fall übertragen: Er kann keine Teile der zu hoch angesetzten (überzahlten) Sonderumlage zurückverlangen (sofern ein solcher Anspruch überhaupt zu bejahen ist, vgl. dazu meine Ausführungen in meiner Antwort auf Ihre Ursprungs-Frage).
Holen sie diesbezüglich aber am Besten eine 2. Meinung ein!
Rechtsanwalt Winkelmann