Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
1. Sie teilen mit, dass das Fahrzeug gutgläubig im Sinne des § 932 BGB
erworben wurde. Dies lässt sich anhand der mitgeteilten Informationen nicht abschließend beurteilen.
Wäre dies indes nicht der Fall, wäre also der ursprüngliche Eigentümer (Leasinggeber in Italien) nach wie vor Eigentümer des Fahrzeugs, läge ein Rechtsmangel im Sinne des § 435 BGB
vor, der Sie zur Rückabwicklung des Kaufvertrages berechtigen würde.
Gutgläubiger Erwerb ist gem. § 935 Abs. 1 BGB
dann nicht möglich, wenn die Sache dem Eigentümer gestohlen worden, verloren gegangen oder sonst abhanden gekommen war. Das Gleiche gilt, falls der Eigentümer nur mittelbarer Besitzer war, dann, wenn die Sache dem Besitzer abhanden gekommen war. Ferner ist entscheidend, dass der Eigentümer zum Zeitpunkt des Abhandenkommens unmittelbarer Besitzer gewesen sein müsste. Beim Leasing wird dies indes nicht der Fall sein, da der Leasingnehmer bestimmungsgemäß unmittelbarer Besitzer ist und der Leasinggeber nur mittelbarer Besitzer.
Die Vorschrift ist allerdings nur anwendbar, wenn die Sache sich zu diesem Zeitpunkt in der Bundesrepublik befunden hat (siehe Art. 43 EGBGB
), was wahrscheinlich nicht der Fall ist. Die Frage des Gutglaubenserwerbes wäre also zunächst auf Grundlage des italienischen Rechts zu prüfen. Es wäre festzustellen, ob nach italienischem Recht ein gutgläubiger Erwerb möglich war oder nicht.
2. Unabhängig von dieser Frage ist aber zu bewerten, ob die internationale Fahndungsausschreibung des Fahrzeugs einen Rechtsmangel darstellt. Wahrscheinlich wird ein Suchvermerk im Schengen-Informations-System (SIS) vorliegen. In solchen Fällen ist es normalerweise auch schwierig, den Wagen überhaupt bei der Kfz-Zulassungsstelle zuzulassen, wobei das in Ihrem Fall wohl möglich gewesen ist.
Nach Ansicht des OLG Köln haftet der Verkäufer eines gebrauchten Pkw wegen Vorliegens eines Rechtsmangels (§ 435 BGB
), wenn das Fahrzeug im Zeitpunkt des Gefahrübergangs im Schengen Information System (SIS) zur Fahndung ausgeschrieben ist. Ein Rechtsmangel ist zu bejahen, wenn es dem Käufer nicht mit vertretbarem Aufwand möglich ist, die Eintragung im SIS zu beseitigen. Vom Käufer kann auch nicht verlangt werden, in Italien eine Löschung des SIS-Vermerks zu erreichen, um damit das Gebrauchshindernis zu beseitigen.
OLG Köln, Urteil vom 25. März 2014 – I-3 U 185/13
, 3 U 185/13
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Auch das OLG Düsseldorf vertritt die Auffassung, dass für die Annahme eines Rechtsmangels bereits die Existenz des SIS-Eintrages als solchen (d.h. ungeachtet der dem SIS-Eintrag zugrundeliegenden Umstände bzw. des Fortbestandes der Berechtigung des SIS-Eintrages) genügen kann, wenn dieser sowohl im Zeitpunkt des Gefahrübergangs bzw. des - etwaigen - Eigentumsübergangs, als auch im Zeitpunkt der daraufhin erfolgenden Beschlagnahme bzw. Sicherstellung als auch im Zeitpunkt der Rücktrittserklärung vorliegt.
OLG Düsseldorf, Urteil vom 20. Februar 2015 – I-22 U 159/14
, 22 U 159/14
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Auf Grundlage dieser Rechtsprechung bin ich der Auffassung, dass ein Rechtsmangel im Sinne des § 435 BGB
vorliegt, der Sie dazu berechtigt, vom Kaufvertrag zurückzutreten.
Allerdings steht diese Auskunft unter dem Vorbehalt einer umfassenden Prüfung des Sachverhalts. Wenn Sie Ihre Ansprüche gegen den Verkäufer geltend machen wollen, stehe ich Ihnen hierfür gerne zur Verfügung.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Christian Schilling, Dipl.-Jur.
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