Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
aufgrund des von Ihnen dargelegten Sachverhaltes und vor dem Hintergrund Ihres Einsatzes beantworte ich Ihre Anfrage im Rahmen einer Erstberatung wie folgt:
Einen strafbaren Vorwurf kann ich allein in dem von Ihnen beschriebenen Sachverhalt - ein Versandhändler schreibt Rechnungen unter einer nicht mehr existenten Firma - nicht erkennen. Insbesondere ist eine Verschleierung von Vermögensverhältnisse bzw. ein Schadenseintritt für die Kunden/Geschäftspartner/Behörden nicht erkennbar, wenn ansonsten sämtlichen Verpflichtungen vollumfänglich nachgekommen wird.
Ein Berufen auf ausschließliche Versäumnisse des Treuhänders wird ihm dagegen nicht möglich sein. Der Händler hat sich selbst darum zu kümmern, dass die notwendigen Unterlagen fristgemäß eingereicht werden und die notwendigen Eintragungen bestehen.
Ich hoffe, dass Ihre Fragen in meinen Ausführungen zufrieden stellend beantwortet wurden und Ihnen einen ersten Überblick verschaffen konnten. Andernfalls darf ich Sie auf die Möglichkeit einer für Sie kostenlosen Nachfrage hinweisen.
Ich verbleibe mit freundlichen Grüßen
Martin P. Freisler
Rechtsanwalt
http://www.ra-freisler.de
mail@ra-freisler.de
Diese Antwort ist vom 12.09.2006 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Martin P. Freisler
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55128 Mainz
Tel: 0 61 31 / 333 16 70
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Rechtsanwalt Martin P. Freisler
Fachanwalt für Medizinrecht, Fachanwalt für Versicherungsrecht
Sehr geehrter Hr. Freisler,
wenn der Versandhändler Rechnungen unter einer nicht existenten Limited schreibt, verhält es sich ja so, dass die Kunden Rechnungen erhalten, die einen Vertragspartner bezeichnen, der gar nicht existiert. Die Kunden des Versandhändlers sind der Meinung, die Limited sei ihr Vertragspartner, weil sie darauf vertrauen, dass die Limited existiert und überweisen das Geld auf ein Konto der Limited, dass von der kontoführenden Bank, wenn diese erfahren würde, dass die Limited inzwischen gelöscht worden wäre (die Bank führt die Legitimationsprüfung nach § 154
Abgabenordnung - Kontenwahrheit - ja nur anläßlich der Kontoeröffnung durch und überwacht nicht permanent ausländische Register darauf, ob die Kunden inzwischen gelöscht wurden)gar nicht mehr weitergeführt werden würde. Kann man so etwas machen ohne sich strafbar zu machen?
Mit freundlichen Grüßen
Vielen Dank für die Nachfrage.
Bei Anwendbarkeit des deutschen Steuerrechts ist die Kontenwahrheit gemäß § 154 AO
zu beachten. Ein Verstoß kann über § 379 AO
als Ordnungswidrigkeit geahndet werden. Des weiteren ist § 72 AO
zu beachten, nachdem der haftet, der vorsätzlich oder grob fahrlässig der Vorschrift des § 154 AO
zuwiderhandelt und dadurch die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis beeinträchtigt.
Sollte, bei Anwendbarkeit der AO, der Versandhändler gegen diese Pflichten verstoßen, kommt daher eine entsprechende Strafbarkeit in Betracht. Überdies kann bei der Nichteinhaltung der Publizitätspflichten die englische Staatsaufsicht einschreiten.
Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass im Rahmen dieser Erstberatung keine weitere umfassende und konkrete Würdigung vorgenommen werden kann, sondern nur eine erste Einschätzung aufgrund des mitgeteilten Sachverhaltes erfolgen kann. Erst nach Einsicht in alle relevanten Unterlagen ist eine abschließende Würdigung möglich. Dies erfordert jedoch den Rahmen einer Mandatierung. Ich rate Ihnen daher, sich diesbezüglich mit einem ortsansässigen Rechtsanwalt oder Ihrem Steuerberater in Verbindung zu setzen.
Anbei habe ich Ihnen die Texte der genannten §§ der AO zu Ihrer Kenntnisnahme angefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Martin P. Freisler
- Rechtsanwalt -
§ 72
Haftung bei Verletzung der Pflicht zur Kontenwahrheit
Wer vorsätzlich oder grob fahrlässig der Vorschrift des § 154 Abs. 3 zuwiderhandelt, haftet, soweit dadurch die Verwirklichung von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis beeinträchtigt wird.
§ 154
Kontenwahrheit
(1) Niemand darf auf einen falschen oder erdichteten Namen für sich oder einen Dritten ein Konto errichten oder Buchungen vornehmen lassen, Wertsachen (Geld, Wertpapiere, Kostbarkeiten) in Verwahrung geben oder verpfänden oder sich ein Schließfach geben lassen.
(2) Wer ein Konto führt, Wertsachen verwahrt oder als Pfand nimmt oder ein Schließfach überlässt, hat sich zuvor Gewissheit über die Person und Anschrift des Verfügungsberechtigten zu verschaffen und die entsprechenden Angaben in geeigneter Form, bei Konten auf dem Konto, festzuhalten. Er hat sicherzustellen, dass er jederzeit Auskunft darüber geben kann, über welche Konten oder Schließfächer eine Person verfügungsberechtigt ist.
(3) Ist gegen Absatz 1 verstoßen worden, so dürfen Guthaben, Wertsachen und der Inhalt eines Schließfachs nur mit Zustimmung des für die Einkommen- und Körperschaftsteuer des Verfügungsberechtigten zuständigen Finanzamts herausgegeben werden.
§ 379
Steuergefährdung
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig
1. Belege ausstellt, die in tatsächlicher Hinsicht unrichtig sind,
2. Belege gegen Entgelt in den Verkehr bringt oder
3. nach Gesetz buchungs- oder aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle oder Betriebsvorgänge nicht oder in tatsächlicher Hinsicht unrichtig verbucht oder verbuchen lässt und dadurch ermöglicht, Steuern zu verkürzen oder nicht gerechtfertigte Steuervorteile zu erlangen. Satz 1 Nr. 1 gilt auch dann, wenn Einfuhr- und Ausfuhrabgaben verkürzt werden können, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften verwaltet werden oder die einem Staat zustehen, der für Waren aus den Europäischen Gemeinschaften auf Grund eines Assoziations- oder Präferenzabkommens eine Vorzugsbehandlung gewährt; § 370 Abs. 7 gilt entsprechend. Das Gleiche gilt, wenn sich die Tat auf Umsatzsteuern bezieht, die von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften verwaltet werden.
2) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig
1. der Mitteilungspflicht nach § 138 Abs. 2 nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig nachkommt,
2. die Pflicht zur Kontenwahrheit nach § 154 Abs. 1 verletzt.
3) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Auflage nach § 120 Abs. 2 Nr. 4 zuwiderhandelt, die einem Verwaltungsakt für Zwecke der besonderen Steueraufsicht (§§ 209 bis 217) beigefügt worden ist.
4) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro geahndet werden, wenn die Handlung nicht nach § 378 geahndet werden kann.