Gerne zu Ihren Fragen:
Wenn ein Rechtsanwalt das Attribut "zweifelsfreie" für die "Beendigung der Akquisiton" ohne weitere Nachweise in seinem Schriftsatz verwendet, bestehen in der Regel sehr wohl Zweifel.
Vorbehaltlich, dass ich den ganzen Schriftsatz (bzw. die gegnerischen Fakten) nicht kenne, geht es vorliegend entweder darum, ob der Gegenseite ein Vertrauensschaden im Vorfeld der Vertragsverhandlungen entstanden sein könnte, der zum Kosten- und Aufwendungsersatz berechtigt, vgl. meine Ausführungen am Ende.
Oder ob - wie vorliegend - durch konkludentes Verhalten des Bestellers ein Vertrag über die Leistung eines Architekten vorliegt, der hinsichtlich vereinbarter Leistungsphasen erfüllt und fällig gestellt wurde.
Die Gegenseite bezieht sich auf Ihre Email am nächsten Tag, die Sie selbst als ich "unscharf formuliert" beschreiben, was aber eo ipso KEIN Argument in Ihrem Sinne ist. Denn es kommt stets auf das an, was bei verständiger Würdigung eines gut informierten Dritten (im Zweifel der Richter) die Gegenseite darunter verstehen durfte.
Im Kern kann ich Ihren umfangreichen Ausführungen entnehmen, dass der Honorarvertrag mit dem Architekten "steht und fällt" mit Bedingungen, die ich Ihrer Mitteilung an ihn , "dass ich aus Gründen meiner Rechtssicherheit einen Auftrag zu einem Bauantrag und Statik erst erteilen werde, wenn die Voranfrage positiv entschieden ist. entnehme.
Dies in Verbindung mit...
Er gab zur Antwort, dass er ein Angebot zum Bauantrag und zur Statik schicken wird und, wenn ich als Architektenleistung nur einen Bauantrag wünsche, solle ich die Ziffer 1-4 HOAI im Angebot ankreuzen und unterschrieben zurückschicken.
...inidziert, dass ein mündlicher und/oder konludenter Vertragsabschluss nach HOAI ausgeschlossen werden sollte.
Zur Behauptung, die Akquise sei abgeschlossen, sollten Sie sich darauf berufen:
Falls kein Interesse an dieser Umsetzung besteht, habe ich gebeten mir mitzuteilen:
1. Angefallene Kosten für die Erweiterung des Bestandsplanes bis zum jetzigen Zeitpunkt
2. Angebot zur Fertigstellung der Erweiterung des Bestandsplanes
3. Angefallene Kosten für die Skizze der Raumaufteilung des DG.
Dies vorangestellt zu Ihren Fragen:
1. Kann trotz Vereinbarung einer Vertragsvergabe für einen kompletten Bauantrag (Ziffer 1-4) durch Unterschrift ein Auftrag nach Ziffer 1-3 durch Interpretation von 2 Einzelaufträgen rechtlich begründet werden, obwohl in den Gesprächen eine Planung nach Ziffer 1-3 kein Thema war?
Antwort: Das geht in die Richtung einer sukzessiven/konkludenten Vertragsänderung, die nach HOAI zwar möglich wäre, von der Gegenseite aber zu beweisen wäre.
In diesem Fall könnte der Architekt aber nur die Mindestgebührensätze nach der HOI verlangen, OLG Celle, Urteil vom 24.09.2014 – 14 U 114/13
.
2. Besteht ein Vertrauensgrundsatz meinerseits, da vorher die Vertragsvergabe zu einem Bauantrag Ziffer 1-4 durch Unterschrift erteilt wurde?
Antwort: Hier muss ich den gesamten Text und die konkreten Umstände seinerzeit kennen.
Unter Vollkaufleuten nach HGB kann hier eher ein Vertrauensschutz bestehen als im Normalfall.
3. Reicht es für eine Rechnung nach Ziffer 1-3 aus, diverse 3D-Ansichten und eine fragmentarische Raumskizze in digitaler Form zuzusenden, die nicht geprüft und abgenommen sind?
Antwort: Das kommt darauf an, ob eine Teilabnahme nach Leistungsphasen vereinbart wurde.
Ein Recht des Architekten auf eine solche Teilabnahme vor Vollendung besteht nicht.
Wie ich eingangs erwähnt habe, könnte das aber ggf. als Aufwand nach § 311 II BGB
gefordert werden, wie auch möglicherweise der komplette Fall sich in diese Richtung verlagert.
(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch
1. die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2. die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3. ähnliche geschäftliche Kontakte.
Wegen der Komplexität und ggf. der potentiellen Ausrichtung auf § 311 Absatz 2 BGB
und den damit verbundenen Beweis(last)fragen sollten Sie eine/n im Baurecht versierte/n Kollegen/in vor Ort zu weiterführenden Beratung hinzuziehen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Antwort
vonRechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
Vorstadt 42
41812 Erkelenz
Tel: 02435 - 6114416
Tel: 0174 - 9994079
Web: http://www.rechtsanwalt-burgmer.com
E-Mail:
Rechtsanwalt Krim.-Dir. a.D. Willy Burgmer
Sehr geehrter Herr Burgmer,
vielen Dank für ihre detaillierte Antwort.
Mir war nicht bewusst, dass nach HOAI grundsätzlich ein mündlicher und/oder konkludenter Vertragsabschluss vorgesehen ist und dieser ausgeschlossen werden kann. Aus meinen gemachten Erfahrungen sollte dies am besten mit einem vorbereiteten Schreiben bei der ersten persönlichen Kontaktaufnahme mit dem Architekten erfolgen. Aus meiner privaten Bauherrensicht ist eine Vertragsvergabe schwierig und wie sie schreiben, kommt es dann darauf an, „was bei verständiger Würdigung eines gut informierten Dritten (im Zweifel der Richter) die Gegenseite darunter verstehen durfte". Da ein privater Bauherr im Regelfall diese Materie nicht kennt, ist es hier aus meiner Sicht um den Verbraucherschutz schlecht bestellt.
Die Bezahlung einer Leistung soll von mir nicht verweigert werden. Ich habe den Architekten gebeten, die Leistung für zwei Einzelaufträge zu erbringen und den Betrag dafür zu nennen.
Der Architekt besteht auf seiner Rechnung nach Ziffer 1-3 HOAI, wobei die Leistung nur ansatzweise erbracht wurde.
Wenn ich ihre Antwort richtig verstanden habe, wäre für eine Rechnung nur nach Ziffer 1-3 HOAI eine sukzessive/konkludente Vertragsänderung erforderlich, die von der Gegenseite aber zu beweisen wäre. Ich gehe davon aus, dass die Gegenseite das nicht beweisen kann.
Weiter schreiben Sie, dass ein Recht des Architekten auf eine Teilabnahme der Leistungsphasen vor Vollendung nicht besteht, diese müsse vereinbart werden.
Hier wäre ich Ihnen dankbar, wenn sie mir mitteilen, woraus sich das rechtlich ergibt. Dadurch kann ich besser einschätzen, wie die Gegenseite versuchen könnte, diese Vereinbarung herzuleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Gerne zu Ihrer Nachfrage:
Das Honorarrecht der Architekten ist ziemlich komplex.
Aus der Distanz und ohne Kenntnis der Rechnung des Architekten ("Rechnung nach Ziffer 1-3 HOAI") ist es nicht möglich festzustellen, ob die Mindeststandard für Einhaltung der
Prüffähigkeit vorliegen, wobei Prüffähigkeit die Fälligkeit bedeutet und nicht mit der Berechtigung bzw. Begründetheit gleichzusetzen ist.
Diese Prüffähigkeit dient Ihnen als Auftraggeber Ihre Kontrollinteressen zu wahren. Ohne eine solche prüfbare Abrechnung müssen Sie keine Zahlung leisten und können als Auftraggeber auch nicht mit der Zahlung in Verzug geraten.
1.) Zunächst wären also diese Mindeststandards zu prüfen
Die Mindeststandards sind:
-Angabe des richtigen Leistungsbildes
-Angabe der anrechenbaren Kosten
-Honorarzone
-Honorarsatz und Honorartafel
-Umfang und Bewertung der Leistungen
Als Auftraggeber müssten Sie die fehlende Prüffähigkeit innerhalb von 2 Monaten rügen, BGH, Urteil v. 22.04.2010 – VII ZR 48/07
.
2.) Erfolgt keine Rüge der fehlender Prüffähigkeit, findet dann die Prüfung statt, ob Rechnung sachlich berechtigt ist.
Hier die "wesentliche Einwände" zur sachlichen Richtigkeit:
- unzutreffende Ermittlung der anrechenbaren Kosten
- falsche Honorarzone
- unzutreffende Bewertung der erbrachten Leistungen
- Rechenfehler
3.) In Ihrem Fall geht es dann wohl um die unzutreffende Bewertung der erbrachten Leistungen, wenn Sie schreiben
"ich habe den Architekten gebeten, die Leistung für zwei Einzelaufträge zu erbringen und den Betrag dafür zu nennen",
während
"der Architekt besteht auf seiner Rechnung nach Ziffer 1-3 HOAI, wobei die Leistung nur ansatzweise erbracht wurde".
Das sind Tatfragen, die ich aus der Ferne nicht beurteilen kann.
Der Knackpunkt ist Ihre Emai:
"Da sich an den äußeren Maßen des Dachgeschosses nichts mehr ändern wird, möchte ich Sie bitten, einen darauf basierenden Entwurf des Neubaus (hier beziehe ich mich auf das Gespräch vom Vortag in dem von der Skizze einer möglichen Raumaufteilung gesprochen wurde) vorzubereiten."
Hierdurch waren von mir zwei konkrete Einzelaufträge „Erweiterung des Bestandplanes" und die „Skizze über die Raumaufteilung" erteilt".
Wenn sich diese Hervorhebung "zwei konkrete Einzelaufträge" in der str. Rechung des Archithekten mit den von oben erwähnten Standards abdeckt, spricht einiges dafür, dass diese Berechnung sachgerecht wäre.
Wenn der Architekt dagegen auf seiner Rechnung nach Ziffer 1-3 HOAI besteht, wobei die Leistung nur ansatzweise erbracht wurde, hat er das dem Grunde und der Höhe nach zu beweisen.
Was die "ansatzweise" Leistung angeht, wäre das dann eine Mängelrüge, für die Sie mit Fristsetzung Nacherfüllung verlangen müssten. Sie können vom Vertrag zurücktreten, wenn der Architekt diese Frist fruchtlos verstreichen lässt.
Zu Ihrer letzten Frage:
Das Honorar wird fällig, wenn die Leistung des Architekten abgenommen ist und der Architekt prüffähig abgerechnet hat, § 15 HOAI
. Daraus folgt, dass eine Abweichung davon vereinbart sein muss.
War der Architekt nicht über alle Leistungsphasen beauftragt, kann er weiterhin nach Abschluss seiner beauftragten Leistungen eine Abnahme verlangen.
Nochmals: Ohne Kenntnis der konkret streitigen Honorarrechnung und aller relevanten Fakten (ggf. mündlicher Nachverhandlungen) vor Ort, ist eine abschließende Beurteilung des Falls aus der Ferne nicht möglich.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen dennoch einen ersten Überblick verschaffen und verbleibe,
mit freundlichen Grüßen,
Ihr
Willy Burgmer
- Rechtsanwalt