Gerne beantworte ich Ihre Fragen:
„Dieser Gesundheitsschaden wäre ohne dieses Ereignis nicht eingetreten"
Ihr Obersatz zu Ihren Fragen ist von zentraler Bedeutung, wie Sie intuitiv ganz richtig erkannt haben.
Denn leider ist jeder, der einen zivil- oder arbeitsrechtlichen Anspruch durchsetzen will, beweisbelastet oder bestenfalls muss er Indiztatsachen darlegen, die die Gegenseite nicht entkräften kann.
Ohne tiefer gehende Aktenkenntnis vermag ich Ihrer Schilderung nicht entnehmen, dass diese Schwelle schon erreicht wäre.
Denn leider ist es so, dass die von Ihnen geschilderten „Bossingvorgänge" – wie Sie selbst einräumen – zwar höchst misslich, ggf. auch grenzwertig sind, dennoch nicht das rechtlich tolerierte Maß überschreiten.
Der Vorgang am 29.9.2015 indes hat augenscheinlich tiefe Spuren bei Ihnen hinterlassen, so dass in der Tat die nachfolgenden Fragen einer weitergehenden Analyse bedürfen:
Frage 1: ist das ein psychischer Arbeitsunfall und wer meldet den Arbeitsunfall?
Antwort: Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Gesundheitliche Probleme als Folge von Mobbing am Arbeitsplatz sind weder eine Berufskrankheit noch ein Arbeitsunfall. Dies hat Medienberichten zufolge das Hessische Landessozialgericht in Darmstadt in einem am 18.12.2012 veröffentlichten Beschluss entschieden. Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung kämen daher nicht in Betracht. (becklink 1024088, beck-online).
Auch psychische Folgen von Mobbing werden von dieser Rechtsprechung grundsätzlich nicht als Arbeitsunfall anerkannt.
Frage 2: wurde ich getäuscht §108?
Antwort: Eine vorsätzliche Täuschungshandlung im strafrechtlichen Sinne kann ich nicht erkennen. Wohl aber ist das Verhalten der Beteiligten auf Seiten des AG, Sie nach 26 Jahren aus dem Arbeitsverhältnis zu drängen, indem man Ihnen „bei Bewerbungsschreiben behilflich" ist, der Versuch, die rechtlichen Kündigungsfristen zu umgehen oder Ihnen einen billigen Aufhebungsvertrag zu unterschieben. Das ist rechtswidrig!
Genau an dieser Stelle sollten Sie ansetzen, erforderlichenfalls arbeitsgerichtlichen Schutz in Anspruch zu nehmen. Möglichst auch unter Beteiligung des Betriebsrats.
Frage 3: wurde ich genötigt §240?
Antwort: Die Nötigung ist ein sog. offener Tatbestand, der nur vorliegt, wenn das Verhältnis zwischen dem beabsichtigtem Zweck und dem vom Täter benutzten Mittel verwerflich ist. Die Zitate Ihres Chefs (Ah, des wird greislich, ganz greislich…) ist verletzend und herabwürdigend, wird im strafrechtlichen Sinne jedoch nicht ausreichen. Dasselbe gilt für die skurrilen Wellenzeichnungen des Personalchefs mit Pfeilen nach oben oder unten: Lächerlich, aber noch nicht strafbar.
Frage 4: liegt eine schwere Körperverletzung §226 oder nur Körperverletzung vor?
Antwort: Auch hier ist die Schwelle der Strafbarkeit noch nicht überschritten.
Frage 5: liegt Vorsatz vor?
Antwort: entfällt mangels Straftatbestand.
Frage 6: Wer haftet für Schaden und die Körperverletzung?
Antwort: Der Arbeitgeber vorbehaltlich der obigen Ausführungen zur Beweislast.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
W. Burgmer
- Rechtsanwalt