Sehr geehrte Ratsuchende,
zu Ihrer online-Anfrage nehme ich wie aufgrund Ihrer Informationen wie folgt Stellung:
1. Privat- oder Regelinsolvenzverfahren:
Das Regelinsolvenzverfahren ist immer dann durchzuführen, wenn Personen aktuell eine selbständige Tätigkeit durchführen. Bei ehemalig selbständigen natürlichen Personen, wie Ihre Ehefrau, ist das Regelinsolvenzverfahren weiterhin dann zu wählen, wenn Forderungen aus Arbeitsverhältnissen resultieren (also rückständige Sozialversicherungsbeträge oder nicht Lohnsteuerforderungen offen stehen ) oder mehr als 19 Gläubiger vorhanden sind. Hat Ihre Ehefrau weniger als 19 Gläubiger und stehen darüber hinaus keine Schulden aus Arbeitsverhältnissen offen wird sie nach erfolglosem Einigungsversuch nach § 305 InsO
einen Antrag auf Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahren stellen müssen.
2. Gemeinsamer Insolvenzantrag von Ehepartnern ?
Sind beide Ehepartner insolvent, dann müssen beide getrennt einen Insolvenzantrag stellen. Denn die Insolvenzordnung sieht einen gemeinsamen Antrag auf Restschuldbefreiung nicht vor. - Haften Sie und Ihre Ehefrau beispielsweise für Kreditverbindlichkeiten gesamtschuldnerisch, können Sie allerdings im Rahmen des außergerichtlichen Einigungsversuchs, der für das Verbraucherinsolvenzverfahren gesetzlich vorgeschrieben ist, Ihre Ehefrau mit einbeziehen, also beispielsweise in dem Vergleichsvorschlag darum bitten, einen Schuldenerlaß auch für den Ehegatten zu erhalten.
3. Darlehensvertrag:
Bei der Erstellung des Gläubiger- und Vermögensverzeichnisses sind Sie verpflichtet, vollständige Angaben zu machen. Bei Verstoß gegen diese Obliegenheit droht Ihnen die Versagung der Restschuldbefreiung. Ich kann Ihrer Ehefrau daher nur dringend empfehlen, die gesicherte Darlehensforderung sowohl im Rahmen des ggf. erforderlichen Einigungsversuchs nach § 305 InsO
also auch in dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu berücksichtigen. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens steht es grundsätzlich im Ermessen des Treuhänders, ob er bestehende Verträge kündigt oder weiterführt. Hier könnte mit dem Treuhänder eine Regelung dahingehend getroffen werden, dass sich beide Eheleute verpflichten aus dem pfändungsfreien und damit insolvenzfreien Einkommen die Raten weiter zu begleichen. Weiterhin ist eine Umschuldung des Darlehensvertrages in Erwägung zu ziehen; die bestehende Sicherheit könnte ggf. durch Beitritt einer weiteren Person auf der Schuldnerseite ausgewechselt werden.
4. Vergessene Gläubiger:
Wichtig ist, dass Sie sämtliche Gläubiger in Ihrer Forderungsaufstellung berücksichtigen und falls ein Verbraucherinsolvenzverfahren einzuleiten ist, sämtlichen Gläubigern einen Schuldenbereinigungsplan übersenden. Um sicherzustellen, sämtliche Gläubiger berücksichtigt zu haben, sollten Sie einen Auszug bei der Schufa oder der Infoscore beantragen und weiterhin Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis bei dem zuständigen Vollstreckungsgericht beantragen. Denn vergessene Gläubiger nehmen an dem Restschuldbefreiungsverfahren nicht teil.
Ich hoffe, dass die vorstehenden Ausführung für Ihre erste Orientierung hilfreich sind.
Mit freundlichen Grüßen
Jutta Petry-Berger
Rechtsanwältin
Diese Antwort ist vom 18.09.2005 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrte Frau Perty-Berger,
vielen Dank für Ihre Antwort, die mir erst einmal sehr weiterhilft. Dennoch habe ich noch 2 konkrete Nachfragen, die mir wichtig erscheinen:
1. Es bestehen keine Forderungen gegen mich oder meine Frau aus Arbeitsverhältnissen o.ä., allerdings sind es sicherlich mehr als 19 Gläubiger! Trotzdem sieht es so aus das fast alle Gläubiger und privat haftbar machen (was auch rechtens ist) und gegen uns tituliert haben, die meisten Forderungen sind nicht mittelbar mit dem Gewerbe verbunden. Kann oder darf man die Privatinsolvenz auch mit mehr als 19 Gläubigern beantragen?! Die Zahl kommt nur dadurch zustande das dies sich im Laufe einiger Jahre angesammelt hat. Wir haben lange versucht dies abzuwenden, Ratenzahlungen vereinbart etc... - nun ist uns aber endgültig "die Luft ausgegangen" sodaß wir diesen Schritt gehen müssen.
2. Haben wir einen Anspruch darauf das Bankdarlehen so zu belassen, wie es ist? Wir haben keine Möglichkeit dies umzuschreiben o.ä., es soll einfach so weiterlaufen wie bisher. Besteht die Möglichkeit die angesprochene Regelung vorab verbindlich und schriftlich zu fixieren? Wir wollen hier kein Risiko eingehen da wirklich unser Heim auf dem Spiel steht und als Sicherheit unser Haus hinterlegt ist, welches allerdings noch den Eltern meiner Frau gehört. Sie hat das Darlehen alleine aufgenommen und Ihre Eltern haben mit einer Hypothek abgesichert. Es steht also noch nicht einmal unser Eigentum zur Debatte, nur eine fremde Sicherheit! Ich möchte vermeiden das z.B. andere Schuldner kommen uns sagen: Die Bank bekommt Geld, wir nicht! Nehmen wir doch das Haus, verkaufen es und haben dann alle unser Geld!
Vielen Dank!
Sehr geehrter Ratsuchender,
grds. darf ein Schuldner im Privatinsolvenzverfahren mehr als 19 Gläubiger haben. War der Schuldner jedoch ehemals selbständig, dann kommt es für die Abgrenzung zum Regelinsolvenzverfahren u.a. auf die Anzahl der Gläubiger an. Der Grund dafür, dass ehemals Selbständige bei mehr als 19 Gläubigern auf das Regelinsolvenzverfahren verwiesen werden liegt darin, dass bei mehr als 19 Gläubigern die Möglichkeit einer Einigung eher unwahrscheinlich ist. Da Abgrenzungskriterium zu dem Verbraucherinsolvenzverfahren die (ehemalige) Selbständigkeit ist, kommt es nicht entscheidend darauf an, dass die überwiegende Anzahl der Forderungen nicht mit der gewerblichen Tätigkeit zusammenhängen.
Sobald das Insolvenzverfahren eröffnet wird, entfällt die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis über ihr Vermögen. Die Entscheidungen trifft nunmehr der Insolvenzverwalter. Einen Anspruch auf Weiterführung des Darlehens werden Sie nicht haben. Wenn sichergestellt ist, dass die Bank keine Forderungen gegen die Masse stellt und Sie die Raten aus dem insolvenzfreien Vermögen begleichen, kann mit dem Insolvenzverwalter und der Bank eine entsprechende Vereinbarung geschlossen werden, so dass eine Kündigung des Darlehensvertrages vermieden werden kann. Solange das Insolvenzverfahren nicht eröffnet ist, können Sie unbeschränkt vertragliche Vereinbarungen bzw. Änderungen treffen, die Regelungen dürfen jedoch nicht zur Gläubigerbenachteiligung führen, ansonsten könnte eine entsprechende Vereinbarung später erfolgreich angefochten werden. Hier wird es auf den konkreten Regelungsgehalt ankommen. Weiterhin fällt lediglich das Vermögen Ihrer Ehefrau bei Insolvenzeröffnung zur Insolvenzmasse. Da das Haus, welches mit einer Hypothek belastet ist, im Eigentum der Eltern Ihrer Ehefrau steht, kommt eine Verwertung zugunsten aller Insolvenzgläubiger nicht in Betracht.
Mit freundlichen Grüßen
J. Petry-Berger
Rechtsanwältin