Sehr geehrter Fragesteller,
man muss hier zunächst einmal zwei Rechtsverhältnisse unterscheiden. Das öffentliche-rechtliche Baurechtsverhältnis zwischen den Eigentümer und dem Bauamt und das zivilrechtliche Gewerbemietverhältnis zwischen Eigentümer/Vermieter und Praxismieter.
Frage 1: Was kann das Bauamt tun, wenn ihm die Nutzungsänderung heute nicht mehr passt?
Die Umwidmung von Wohnraum in Praxisräume ist natürlich eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung (§ 62 BauO-NRW), da keine der Ausnahmevorschriften eingreift (§-§65-67 und 79f. BauO NRW). (Für Laien zum Lesen empfohlen Lorbach: „Im Hürdenlauf zur neuen Praxis in Deutsches Ärzteblatt vom 8.6.2011).
In Betracht kommt eine Nutzungsuntersagung oder auch vielleicht realistischer der Erlass einer Auflage bestimmte Dinge zu tun, etwas mehr Parkraum zu schaffen oder mehr Toiletten zu bauen (zu einem ähnlichen Fall VG-Ansbach v. 7. November 2013, Az Av5, K13.1204).
Anders als Abwehrrechte von Nachbarn gegen bauordnungswidrige Zustände unterliegen hoheitliche Eingriffsmaßnahmen des Bauamtes wie diese, zunächst nicht dem Rechtsinstitut der Verwirkung, woran man hier sonst wegen des langen Zeitraums der Nutzung als erstes denken könnte (z.B. OVG Saarland, Urteil vom 6. Januar 2012, Az. 2 B 400/11).
Es kommt auch keine Ermessenreduzierung auf Null unter dem Gesichtspunkt des Bestandsschutzes in Betracht. Dazu hätten zumindest irgendwann in der Vergangenheit einmal bauordnungsgemäße Zustände bezüglich der Nutzungsänder-ung/Erweiterung bestehen müssen. Es besteht also tatsächlich ein gewisses Risiko, dass das Bauamt hier einschreiten könnte, wenn es vom Sachverhalt erfährt und etwas findet, das ihm salopp gesprochen´nicht paßt´.
Verwirkt sind dagegen wahrscheinlich Abwehrrechte der Nachbarn, weil das Zeitmoment sehr groß ist, 30 bis 40 Jahre, und niemand in der ganzen Zeit gegen diesen Zustand vorgegangen ist. Das gilt allerdings nicht gegenüber etwaigen neuen Nachbarn (OVG-Saarland aaO.).
Frage 2: Wie wirkt sich das nun auf das Gewerbemietrecht aus?
Vorbehaltlich anderslautender Bestimmungen in dem Mietvertrag, den ich nicht kenne, kommen aller letzten Endes neben einer außerordentlichen Kündigung, da die Souterrain-Wohnung nicht zu vertragsgemäßen Gebrauch als Arztpraxis geeignet ist, wenn keine Nutzungsgenehmigung vorliegt sogar eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung in Betracht - (§ 123 BGB und BGH vom 6. April 2008 XII ZR 67/06, übrigens auch für Büroräume im Souterrain) - , wenn der vorherige Praxisbetreiber das wusste und nicht darüber aufgeklärt hat. Es wird allerdings auch vertreten, dass der Mieter hier keine Rechte geltend machen kann, solange die Behörde die Nutzung bewusst oder unbewusst duldet (Richtert/Meinhammer, Deutscher Anwaltsspiegel, 5/2012 auf Seite 14, was ggf. hier tiefer zu recherchieren wäre).
Welche Schlüsse man jetzt daraus in Bezug auf einen Rat zieht in Bezug auf das „Schlafen der Hunde" zieht, hängt auch davon ab, ob man hier auf Mieter- oder Vermieterseite steht. Aus Mietersicht würde in jedem Fall versuchen den Mietvertrag nachzuverhandeln, das hier vielleicht sogar auch aus Vermietersicht, weil die Beträge, um die es hier gehen kann, sehr schnell, sehr hoch werden können.
Bei Unklarheiten hätten haben hier auch noch eine kostenlose Nachfragefunktion.
Mit freundlichen Grüßen
Ra. Jahn
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Diese Antwort ist vom 24.10.2014 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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