Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich Ihre Fragen.
Vorab möchte ich auf folgendes hinweisen: Zu einer eindeutigen Beurteilung der Erfolgsaussichten von Rechtsmitteln ist es unbedingt erforderlich, das Schreiben und die Umstände insgesamt zu prüfen. Falls Sie vorhaben, Schritte einleiten, sollten den gesamten Sachverhalt von einem Rechtsanwalt in einer persönlichen Beratung beurteilen lassen.
Nach Ihrer Schilderung vermute ich, dass die Polizei Ihnen eine Art des so genannten Gefährderanschreibens gesendet hat.
I.
Sie haben recht, dass die Polizei weder die Aufgabe noch das Recht, die Strafbarkeit eines Verhaltens festzustellen. Diese Feststellung ist den Gerichten nach einer Verhandlung und Beweisaufnahme vorbehalten.
Die Polizei hat vornehmlich zwei Aufgaben:
1. So genannte repressive Tätigkeit: Gegenstand sind mögliche, bereits begangene Straftaten. Die Polizei soll im Auftrag der Staatsanwaltschaft in einem Ermittlungsverfahren einen Sachverhalt erforschen, um Anhaltspunkte zu ermittlen, die für oder gegen einen Beschuldigten sprechen. Rechtsgrundlage hierfür ist im Wesentlichen die Strafprozessordnung (und das OWiG).
2. So genannte präventive Tätigkeit: Gegenstand ist die Abwehr Gefahren und zukünftiger Straftaten. Rechtsgrundlage sind hier vor allem die Polizei- und Ordnungsbehördengesetze der Länder. Hierzu gehören z.B. der Erlass von polizeilichen Verfügungen wie z. B. in der Verkehrsregelung oder die die Durchführung von polizeilichen Standardmaßnahmen wie etwa Platzverweis, Gewahrsam, Sicherstellung.
II.
Aus den von Ihnen zitierten Textstellen lässt sich vermuten, dass die Polizei mit diesem Schreiben nicht im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens also repressiv tätig geworden ist, sondern es sich um eine präventive Maßnahme handelt oder beides ist vermischt worden.
Die Textpassagen sprechen dafür, dass es sich bei dem Schreiben um ein so genanntes „polizeiliches Gefährderanschreiben“ handelt.
Diese relativ junge Methode der Polizei wurde eingeführt, um z.B. als gewalttätig bekannte Randalierer davon abzuhalten, an einer Demonstration teilzunehmen, indem im Vorfeld „polizeiliche Maßnahmen“ angedroht werden. Diese Anschreiben sind dadurch gekennzeichnet, dass keinen Verwaltungsakt enthalten; sie also nichts eindeutig Bestimmtes vorschreiben, sondern nur unbestimmt und vage ein Verhalten anmahnen („Unterlassen Sie Aktionen“). Ebenso sind angedrohte Sanktionen unbestimmt und vage („polizeiliche Maßnahmen“).
Die Rechtsprechung hat jedoch eine gerichtliche Überprüfung zugelassen, da trotz der vagen Drohung eine Einschränkung der Freiheit angenommen werden kann.
Gegen ein solches Anschreiben kann eine Feststellungsklage (auf Feststellung der Rechtswidrigkeit) zulässig sein.
Ein solches Anschreiben ist nur rechtmäßig, wenn neben anderen Voraussetzungen von der angeschriebenen Person die konkrete Gefahr einer Straftat ausgeht.
Dafür muss die Polizei konkrete sachliche (= z.B. frühere einschlägige Straftaten) und zeitliche Anhaltspunkte haben, die einen Schluss hierauf zulassen.
Die Polizei hat sich vorliegend offenbar die sachlichen Voraussetzungen unzulässiger Weise selbst geschaffen, in dem sie Ihr Verhalten als Straftat qualifiziert.
Der Erfolg einer Klage gegen das Schreiben hängt allerdings von zahlreichen Faktoren betreffend die Zulässigkeit und die Begründetheit ab und kann von hier nicht eindeutig beurteilt werden.
III.
Die von Ihrer Freundin versandte SMS stellt keine Bedrohung im Sinne des § 241 StGB
dar. Voraussetzung wäre die Bedrohung mit einem Verbrechen (=Straftat mit Mindeststrafe 1 Jahr). Dem Wortlaut der SMS lässt sich so etwas nicht entnehmen. Eskalation kann ebenso in Richtung rechtsmäßiger Handlungen verstanden werden (Zivilklage, etc).
IV.
Selbstverständlich kann die Polizei Ihnen nicht verbieten und Sie auch nicht daran hindern, Ihre Rechte wahrzunehmen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen einen Überblick geben und meine Antwort hat Ihnen weiter geholfen.
Bitte bedenken Sie, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzen kann. Zu einer umfassenden Beratung gehört, gemeinsam alle relevanten Informationen zu erarbeiten. Das kann diese Plattform nicht leisten. Hier soll nur eine erste überschlägige Einschätzung Ihres geschilderten Rechtsproblems auf Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen gegeben werden. Durch Hinzufügen oder Weglassen von Tatsachen bei Ihrer Schilderung kann sich eine ganz andere rechtliche Beurteilung ergeben.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Belgardt
Rechtsanwalt
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Diese Antwort ist vom 25.02.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Sebastian Belgardt
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Vielen Dank. Ich werde nun den Sachbearbeiter per Frist auffordern, eine Entschuldigung zu übersenden und zu erklären, aufgrund jetziger Sachlage uns nicht weiter einer Straftat zu bezichtigen. Wenn keine Rückmeldung, würden Sie zu einer Klage raten?? Gruß, Schäfer
Vielen Dank für Ihre Nachfrage.
Ob eine Klage Sinn macht hängt einerseits von der Erfolgswahrscheinlichkeit ab, zu deren Abschätzung ich ohne genaue Kenntnis des Schreibens seriöserweise nicht beitragen kann. Dies sollte zunächst geklärt werden.
Dann sollte überlegt werden, welchen Vorteil Sie praktisch gesehen von einer erfolgreichen Klage hätten und ob Sie angesichts dieses Vorteils das - immer bestehende - Kostenrisiko auf sich nehmen wollen.
Mit freundlichem Gruße
Sebastian Belgardt