Sehr geehrter Fragesteller,
die vor mehr als zehn Jahren selbst erhaltene Grundstücksteilschenkung muss Ihr Sohn nicht auf den eigentlichen Pflichtteil anrechnen lassen, da Sie nicht i.S.d. § 2315 BGB bei der Zuwendung bestimmt haben, dass sie auf den Pflichtteil angerechnet werden soll.
Hinsichtlich der Ihrer Ehefrau geschenkten Grundstückshälfte hat er im Erbfall einen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB gegen Ihre Ehefrau als Ihre Erbin. Auch dann, wenn der Erbfall erst nach Ablauf von zehn Jahren seit der Schenkung an Ihre Ehefrau eintritt. Nach § 2325 Abs. 3 BGB beginnt die 10-Jahres-Frist, nach deren Ablauf die Schenkung normalerweise nicht mehr berücksichtigt wird, ausdrücklich nicht vor Auflösung der Ehe an zu laufen.
Die vor mehr als zehn Jahren erfolgte Grundstücksteilschenkung an den Sohn wird aber ebenso wie die Schenkung an Ihre Ehefrau (fiktiv) dem Nachlass hinzugerechnet, um so den Pflichtteilsergänzungsanspruch zu berechnen. Die selbst erhaltene Schenkung muss Ihr Sohn sich dann auch zeitlich unbegrenzt (nur) auf diesen Pflichtteilergänzungsanspruch nach § 2327 BGB
anrechnen lassen. Dies aber nur, soweit diese Grundstücksteilschenkung auch tatsächlich von Ihnen stammt und nicht auch mit von Ihrer Ehefrau.
Ihrer Ehefrau muss selbst auch mindestens wertmäßig noch der Pflichtteil zuzüglich der Pflichtteilergänzung verbleiben, andernfalls kann sie Ihrem Sohn gegenüber nach § 2328 BGB
insoweit die Ergänzung seines Pflichtteils verweigern.
Die Pflichtteilsansprüche sind Nachlassverbindlichkeiten, für die zB. mittels eines Nachlassinsolvenzverfahrens die Haftung auf das ererbte Vermögen beschränkt werden kann.
Kann Ihre Ehefrau einen bestehenden Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsanspruch zu Lebzeiten nicht erfüllen weil der Nachlass nicht ausreicht und ist keine Haftungsbeschränkung eingetreten, so erbt die Enkelin dann diese Schulden. Es gilt hier aber nach § 2332 BGB
i.d.R. eine dreijährige Verjährungsfrist: Der Pflichtteilsanspruch (und der Pflichtteilsergänzungsanspruch) verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in welchem der Pflichtteilsberechtigte von dem Eintritt des Erbfalls und von der ihn beeinträchtigenden Verfügung Kenntnis erlangt. Die Verjährung kann aber zwischenzeitlich auch gehemmt werden oder wieder neu beginnen (z.B. im Falle von Verhandlungen, Anerkenntnis der Forderung oder bei Rechtsverfolgung). Nach eingetretener Verjährung besteht ein Leistungsverweigerungsrecht.
Ich hoffe, dies hilft Ihnen als erste rechtliche Orientierung in Ihrer Angelegenheit weiter.
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Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Haeske
Rechtsanwältin