Sehr geehrter Fragesteller,
vielen Dank für die Anfrage. Vorweg möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass dieses Forum dafür gedacht ist, einen ersten Eindruck zu der Rechtslage zu vermitteln. Durch Weglassen oder Hinzufügen von wesentlichen Teilen des Sachverhalts kann es durchaus zu einer anderen rechtlichen Beurteilung kommen.
Unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhalts und Ihres Einsatzes möchte ich Ihre Fragen nunmehr wie folgt beantworten:
"Wir hatten doch sicher nach dem Tod unserer Mutter einen Pflichtteils Anspruch, oder ??"
Richtig ist, dass Sie und Ihre Geschwister durch die Einsetzung Ihres Vaters als Alleinerbe bei dem Tod der Mutter an sich enterbt wurden und den Pflichtteil hätten geltend machen können. Der Anspruch auf den Pflichtteil ist aber nur ein Anspruch auf Geld, keinesfalls hätten Sie durch die Geltendmachung des Pflichtteils einen Anteil an der Immobilie erhalten.
"Haben wir eigentlich noch einen Erbanspruch unserer Mutter gegenüber ??"
Wie oben bereits ausgeführt hatten Sie beim Tod Ihrer Mutter lediglich einen Anspruch auf den Pflichtteil gegenüber Ihrem Vater. Ein solcher Pflichtteilsanspruch verjährt nach § 195 BGB
in 3 Jahren beginnend mit Schluss des Jahres, in dem der Pflichtteilsberechtigte von dem Erbfall und der ihn beeinträchtigenden Verfügung von Todes wegen sowie von der Person des Erben Kenntnis erlangt. Der Anspruch wäre daher bereits verjährt.
"Ist es denn dann rechtens, dass uns unser Vater mit Übergabevertrag das komplette Haus übergibt u. sich u. seiner 2. Frau einen Nießbrauch gewährt, obwohl uns ja schon ein Teil der Immobilie gehörte?? Ist der Übergabevertrag demnach eigentlich gültig?"
Leider irren Sie in der Annahme, dass Ihnen durch den Tod der Mutter bereits ein Teil der Immobilie gehörte. Da Ihre Eltern sich durch den Ehe- und Erbvertrag gegenseitig als Alleinerben eingesetzt hatten, wurde nach dem Tod der Mutter Ihr Vater Alleinerbe und somit auch alleiniger Eigentümer der Immobilie. Soweit Sie und Ihre Geschwister in dem Erbvertrag als Schlusserben eingesetzt wurden, haben Sie durch den Tod der Mutter lediglich eine Anwartschaft auf Ihre Anteile an der Immobilie erhalten.
Nach § 2286 BGB
wird durch einen Erbvertrag das Recht des Erblassers, über sein Vermögen durch Rechtsgeschäft unter Lebenden zu verfügen, nicht beschränkt. Demnach durfte Ihr Vater die Immobilie auf Sie und Ihre Geschwister übertragen und sich und seiner 2. Frau ein Nießbrauchsrecht einräumen. Sofern der Übergabevertrag nicht an anderen Mängeln wie z.B. notarieller Beurkundung leidet, was ich mangels Angaben nicht beurteilen kann, dürfte der Vertrag demnach gültig sein. Dies könnte aber nur nach sorgfältiger Prüfung des Vertrages abschließend beurteilt werden. Insbesondere ist zu bedenken, dass Sie und Ihre Geschwister an dem Abschluss des Übergabevertrages mitgewirkt haben.
Es tut mir leid, dass ich Ihnen keine positivere Antwort geben kann, wünsche Ihnen aber auch einen sonnigen Tag!
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Yvonne Bellmann, Rechtsanwältin
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Diese Antwort ist vom 07.05.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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