Sehr geehrte Ratsuchende,
grundsätzlich durfte Ihr Vater über seine Immobilien frei verfügen, diese also auch verschenken, ohne dabei auf Ihr Erbrecht Rücksicht zu nehmen. Um jedoch zu gewährleisten, dass das Pflichtteilsrecht der nächsten Verwandten nicht durch Verringerung des Nachlasses unterlaufen wird, sieht das Gesetz Pflichtteilsergänzungsansprüche nach den §§ 2325 ff BGB
vor, die Sie generell geltend machen können, wenn der Erblasser Schenkungen an Dritte vorgenommen hat. Ein Pflichtteilsberechtigter kann den Betrag verlangen, um den sich der Pflichtteil erhöht, wenn der verschenkte Gegenstand dem Nachlass hinzugerechnet wird Hierbei sind allerdings einige rechtliche Hürden zu überwinden.
Zum Einen handelt es sich nach Ihren Angaben wohl um eine gemischte Schenkung, da Ihre Stiefmutter die Immobilien nicht ohne Gegenwert erhalten hat, sondern dafür Schulden Ihres Vaters bezahlt hat. Als Schenkung dürfte daher also nur der Teil des Immobilienwertes zu sehen sein, der über den Betrag der übernommenen Schulden hinausgeht.
Zum Anderen ist die zeitliche Begrenzung des § 2325 Abs. 3 BGB
zu beachten, wonach eine Schenkung unberücksichtigt bleibt, wenn zur Zeit des Erbfalls zehn Jahre seit der Leistung des verschenkten Gegenstands verstrichen sind; ist die Schenkung an den Ehegatten des Erblassers erfolgt, so beginnt die Frist nicht vor der Auflösung der Ehe, hier also mit dem Tod Ihres Vaters. Dies bedeutet, dass Sie insofern einen möglichen Pflichtteilsergänzungsanspruch noch geltend machen können.
Außerdem gilt aber auch eine dreijährige Verjährungsfrist, gerechnet von dem Zeitpunkt an, in welchem der Pflichtteilsberechtigte von dem Eintritt des Erbfalls und von der ihn beeinträchtigenden Verfügung Kenntnis erlangt, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in 30 Jahren von dem Eintritt des Erbfalls an, siehe § 2332 Abs. 1 BGB
. Fraglich ist also, wann Sie tatsächlich von dem Tod Ihres Vaters und der Schenkung erfahren haben.
In diesem Fall kommt aber die Besonderheit hinzu, dass das Eigentum an den Immobilien nicht im Grundbuch umgeschrieben wurde. Dies bedeutet zunächst, dass die Immobilien 1999, und auch nach dem Tod Ihrer Stiefmutter offiziell noch dem Nachlass Ihres Vaters zuzurechnen sind. Grundsätzlich wären Sie damit gemeinsam mit Ihrer Stiefmutter in die Rechtsnachfolge Ihres Vaters eingetreten, und könnten einen Anteil an den Immobilien geltend machen.
Die Stiftung als Erbe Ihrer Stiefmutter kann jedoch auch nachträglich noch eine Berichtigung des Grundbuchs nach § 894 BGB
verlangen. Dies setzt allerdings voraus, dass der Überlassungsvertrag zwischen Ihrem Vater und seiner zweiten Ehefrau wirksam zustande gekommen ist, denn nur daraus kann sich ein Anspruch überhaupt ergeben. Daran fehlt es etwa, wenn die weiteren Voraussetzungen der §§ 873
, 925 BGB
nicht eingehalten wurden, also z.B. fehlende Auflassung.
Ihre Stellung als Erbe haben Sie jedenfalls nicht verloren. Eine Enterbung liegt nicht vor und der Erbanspruch ist noch nicht verjährt. Insofern kommt es darauf an, wie groß der Nachlass Ihres Vaters 1999 gewesen ist. Sie sollten Akteneinsicht bei dem Nachlassgericht nehmen, um Einzelheiten in Erfahrung zu bringen.
Daran ändert es auch nichts, dass es sich bei den Gläubigern Ihrer Hausbauverbindlichkeiten um Ihre eigenen Eltern handelt, sofern die Vereinbarung einer Rückzahlung zumindest glaubhaft gemacht werden kann, etwa durch Vorlage der Kontoauszüge und gegebenenfalls auf Nachfrage einer Bestätigung Ihrer Eltern
Ich hoffe, meine Rechtsauskünfte sind für Sie informativ und verständlich. Bei Unklarheiten können Sie gerne rückfragen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
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Diese Antwort ist vom 15.11.2009 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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15.11.2009
|
17:58
Antwort
vonRechtsanwalt Wolfram Geyer
Gerner Str. 17
80638 München
Tel: 089/30758845
E-Mail:
Ergänzung vom Anwalt
15.11.2009 | 18:03
Sehr geehrte Ratsuchende,
in den letzten Absatz meiner Auskunft ist versehentlich ein falscher Textteil enthalten („Daran ändert es...“).
Der letzten Absatz meiner Auskunft sollte lauten:
Ihre Stellung als Erbe haben Sie jedenfalls nicht verloren. Eine Enterbung liegt nicht vor und der Erbanspruch ist noch nicht verjährt. Insofern kommt es darauf an, wie groß der Nachlass Ihres Vaters 1999 gewesen ist. Sie sollten Akteneinsicht bei dem Nachlassgericht nehmen, um Einzelheiten in Erfahrung zu bringen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt