Sehr geehrte Fragestellerin,
1. Sie können Schäden, die Ihnen durch die Verspätung entstanden sind, grundsätzlich ersetzt verlangen. Ein Schadensersatzanspruch kann sich aus Art. 19 des Montrealer Übereinkommens oder auch dem BGB ergeben. Sie müssten dafür zunächst konkret darlegen, welche finanziellen Einbußen Ihnen entstanden sind.
Seitens des Luftfahrtunternehmens besteht die Möglichkeit einer Entlastung: Die Haftung ist ausgeschlossen, wenn es nachweist, dass alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung des Schadens getroffen wurden oder dass es nicht möglich war, solche Maßnahmen zu ergreifen. Ob eine Entlastungsmöglichkeit besteht, muss hier offen bleiben, da nicht bekannt ist, ob ein Computerdefekt wie in Ihrem Fall häufiger vorkommt und entsprechende Vorkehrungen hätten getroffen werden müssen.
2. Daneben gibt es die sog. Ausgleichszahlung nach der von Ihnen erwähnten EG-Verordnung über Fluggastrechte (Verordnung [EG] Nr. 261/2004). In Fällen der Annullierung sowie auch - nach der neuesten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs - einer mehr als dreistündigen Verspätung können Sie eine pauschale Entschädigung verlangen. Abhängig von der Flugstrecke können pro Ticket 250, 400 bzw. 600 EUR verlangt werden. Ein spezielle Frist muss nicht beachtet werden.
Auch hier besteht die Möglichkeit, dass sich die Fluggesellschaft entlastet. Dies ist möglich, wenn der technische Defekt einen »außergewöhnlichen Umstand« darstellte. Bei technischen Defekten ist die Rechtsprechung eher streng und lässt eine Entlastung nur ausnahmsweise zu. Daher stehen die Chancen, einen Anspruch durchzusetzen, grundsätzlich nicht schlecht.
Es sei noch auf Folgendes hingewiesen:
Den Anspruch auf Ausgleichszahlung müssen Sie direkt bei der ausführenden Fluggesellschaft geltend machen (nicht beim Reiseveranstalter der Pauschalreise!).
Wegen der Unannehmlichkeiten kommt jedoch auch eine Reisepreisminderung in Betracht. Eine verzögerte Rückreise kann den Zweck der Reise noch nachträglich beeinträchtigen. Das ist insb. der Fall, wenn die zusätzliche Reisezeit in der Erholung nicht dienlichen Räumen wie Flughäfen oder Flugzeugen verbracht werden muss. Im Fall einer um mehr als sechs Stunden verzögerten Rückreise wurde entschieden, dass der Reisepreis um 50 % eines Tagesreisepreises gemindert werden kann. Der Anspruch gegen den Reiseveranstalter muss innerhalb eines Monats nach der vertraglich vorgesehenen Beendigung der Reise gegenüber dem Reiseveranstalter geltend gemacht werden.
Mit freundlichen Grüßen
M. Juhre
Rechtsanwalt