Sehr geehrter Ratsuchender,
anhand des von Ihnen mitgeteilten Sachverhalts beantworte ich Ihre Fragen wie folgt.
1.) Schuldet die Frau eine Nutzungsentschädigung, wenn ja wie würde die Höhe bemesssen?
Zunächst ist § 1361a BGB
nicht anzuwenden, denn der PkW ist aufgrund der Überlassung zur persönlichen Nutzung durch die Frau kein Hausratsgegenstand.
Sofern während der Ehe keine Gütergemeinschaft bestand, ist der Ehemann Alleineigentümer des PkW. Er kann daher von der Frau im Grundsatz die Herausgabe des Fahrzeugs verlangen.
Ob die Frau einwenden kann, dass Sie das Fahrzeug aufgrund einer Vereinbarung weiternutzen kann, hängt davon ab, ob eine entsprechende Vereinbarung besteht. Bislang würde ich nicht von einer entgeltlichen Nutzungsüberlassung ausgehen, weil dazu bewiesen werden müsste, dass die Nutzungsüberlassung nur bei entsprechender Zahlung in Ratenhöhe erfolgen sollte. Ein stillschweigender Abschluss z.B. eines Mietvertrags ist zwar unter Umständen dadurch möglich, dass die Sache für längere Zeit überlassen wurde und auch für längere Zeit die Miete entgegengeommen wurde. Unter Ehegatten sind aber ehebedingte Zuwendungen häufig. Diese liegen immer dann vor, wenn ein Ehegatte dem anderen einen Vermögenswert um der Ehe willen und als Beitrag zur Verwirklichung und Ausgestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft zukommen lässt. Daher halte ich es für zweifelhaft, dass ein Gericht darin ein entgeltliches Nutzungsverhältnis sieht, es sei denn es lassen sich konkrete Absprachen feststellen.
Wenn der berechtigte Herausgabeanspruch des Ehemanns als Eigentümer von der Ehefrau als Besitzerin nicht erfüllt wird, kann der Eigentümer ab dem Zeitpunkt des Herausgabeverlangens eine Nutzungsentschädigung verlangen, §§ 990,987 BGB
.
Dieser bemisst sich in der Regel nach dem objektiven Mietwert der konkreten Sache. Für dessen Höhe wäre der Ehemann als Eigentümer beweispflichtig. Für Gebrauchtfahrzege existieren Tabellen für die verschiedenen Fahrzeugtypen, die herangezogen werden können. Eine pauschale Aussage kann ich daher nicht treffen.
Eine Weiterzahlung der Raten wie bisher kann der Ehemann hingegen nicht verlangen.
2.) Schuldet die Frau Schadenersatz, z.B. für Gebrauchsspuren am Auto?
Schadensersatz wird von der Ehefrau nur dann geschuldet, wenn der Schaden nach dem Herausgabeverlangen entsteht, §§ 990
, 989 BGB
.
Bei normalen Gebrauchsspuren haftet die Ehegatte mangels Verschulden nicht.
Im Übrigen haftet die Ehefrau für Schäden am Fahrzeug während der Ehezeit nur, wenn sie nicht so sorgfältig gehandelt hat, wie Sie dies in eigenen Angelgenheten zu tun pflegte, § 1359 BGB
. Sorgfaltspflicht in
3.) Kann im Fall einer Schadenersatzklage Gegenklage erhoben werden in Bezug auf ihre offenen Forderungen, um dann einen Vergleich herbeizuführen?
Wenn die Ehefrau Gegenforderungen hat, z.B. aus Vermögensausgleich und Steuerausgleich im Trennungsjahr, dann kann zum einen mit diesen Gegenforderungen die Aufrechnung gegen die Schadensersatzforderungen erklärt werden. Dies wäre auch in einem Gerichtsverfahren noch möglich (Prozessaufrechnung).
Auch eine Gegenklage wäre möglich, ist aber nicht empfehlenswert, weil dann zusätzliche Gerichtskosten anfallen, die per Vorschussanforderung zunächst von der Ehefrau angefordert werden. Die einfache Aufrechnung erhöht hingegen den Streitwert nicht, so dass auch Anwalts- und Gerichtskosten dadurch nicht erhöht werden.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit der Beantwortung Ihrer Fragen behilflich sein. Für eine Nachfrage stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Diese Antwort ist vom 13.10.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Buder,
vielen Dank für die ausführliche Antwort, das hilft schon sehr weiter. In zwei Punkten habe ich noch ein kleines Problem;
Meine Nachfrage:
zu 1)
trotz Googelns habe ich keine Mietwerte für KFZ gefunden, gibt es hierfür eine belastbare Quelle?
zu 2)
i. Der letzte Satz "Sorgfaltspflicht in" scheint unvollständig, fehlt hier ein Teil der Antwort?
ii. "Schadensersatz wird von der Ehefrau nur dann geschuldet, wenn der Schaden nach dem Herausgabeverlangen entsteht, §§ 990, 989 BGB". Folgt man dem Link zu §989, liest man dort von einer Verantwortung ab "Eintritt der Rechtshängigkeit".
Was ist "Eintritt der Rechtshängigkeit" in allgemeinverständlicher Übersetzung (sorry) und im speziellen Fall (hier: Herausgabeverlangen?)
Was bedeutet der Begriff "im guten Glauben" in §990 im speziellen Fall?
danke vorab für die Klärungen,
gruß
Sehr geehrter Fragesteller,
gerne beantworte ich ihre Nachfrage.
zu 1.) Hier muss ich mich teilweise korrigieren. Bei PkWs wird der Gebrauchsvorteil von der Rechtsprechung wie folgt berechnet:
Bruttokaufpreis mal gefahrene Kilometer, dividiert durch die erwartete Gesamtlaufleistung
Unterschiedlich wird hierbei die erwartete Gesamtlaufleistung bewertet. Sie liegt in der Regel zwischen 200.000 und 300.000 km und wird im Streitfall von dem Gericht geschätzt.
Diese Nutzungsentschädigung fällt also ab dem Zeitpunkt der "Bösgläubigkeit" an (mehr dazu weiter unten).
2.) i.
Nein die Antwort ist vollständig. Ich habe hier einen Satz neu formuliert, dabei aber versehentlich den ursprünglichen Satz unvollständig gelöscht.
ii.
Der gute Glaube in § 990 BGB
bezieht sich auf die Berechtigung zum Besitz.
Diese Berechtigung war ja zunächst vorhanden. Sobald die Ehefrau aber Kenntnis davon hat, dass Sie nicht mehr zum Besitz berechtigt ist, ist sie diesbezüglich "bösgläubig".
Frühestens ist dies ab dem Herausgabeverlangen der Fall, weil die Besitzberechtigung erst dadurch entfallen ist. Falls ein nachvollziehbarer Rechtsirrtum darüber bei der Frau bestand, hatte sie noch keine Kenntnis und wäre noch gutgläubig geblieben und zwar bis der Rechtsirrtum aufgeklärt ist.
Sobald die Kenntnis besteht, haftet die Frau genauso wie ein Besitzer nach Rechtshängigkeit für Nutzungen (§ 987 BGB
) und auf Schadensersatz (§ 989 BGB
).
Rechtshängigkeit bedeutet in diesem Fall, dass Herausgabeklage bei Gericht erhoben wurde, § 261 ZPO
. Spätestens ab diesem Zeitpunkt haftet die Ehefrau unabhängig von Gutgläubigkeit oder Bösgläubigkeit.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen dies einigermaßen verständlich erklären und Ihre Frage zu Ihrer Zufriedenheit beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Ben Buder
Rechtsanwalt