Sehr geehrter Herr L.,
eine Abweichung von der baurechtlich genehmigten Nutzung ist immer problematisch.
Zwar scheint es auf den ersten Blick wenig verwerflich, wenn ein Gewerberaum zum Wohnraum umgenutzt wird, allerdings reicht die sogenannte formelle Illegalität aus, um der Behörde ein Einschreiten zu ermöglichen oder das eventuell sogar zwingend aufzuerlegen.
Grundsätzlich reicht die formelle Illegalität, also eine geänderte Nutzung, für Eingriffe der Bauaufsicht aus, auch wenn keine baulichen Maßnehmen, egal ob genehmigungspflichtig oder nicht, ergriffen werden. So schreibt das VG Frankfurt: "Eine solche (gemeint ist Nutzungsänderung) liegt auch vor, wenn sich die neue Nutzung von der bisherigen (legalen) derart unterscheidet, dass sie anderen oder weitergehenden Anforderungen bauordnungs- oder bauplanungsrechtlicher Art unterworfen ist oder unterworfen werden kann. Dies ist bereits dann der Fall, wenn die Möglichkeit besteht, dass die Zulässigkeit des geänderten Vorhabens nach den Bauvorschriften anders beurteilt werden kann" (VG Frankfurt 02.03.2011 - 8 L 453/11
). Dabei reicht, dass es möglich ist, dass andere Aspekte zu berücksichtigen sind. Da für Wohnraum andere Vorschriften gelten können (Brandschutz, Schallschutz, Stellplätze, usw.) ist ein solches Vorgehen immer risikoreich. Eine Nutzungsänderung ist daher zu beantragen.
Die Behörde kann vor allem mit einem Nutzungsuntersagungsbescheid reagieren und wird diesen im Allgemeinen auch für sofort vollziehbar erklären. Dann wäre z.B. die weitere Nutzung durch einen Mieter unzuläsig mit der Folge, dass dem Mieter Minderungsansprüche und evtl. Schadenersatzansprüche (anderweitige Unterbringung!) zustehen können.
In Ihrem Fall kann man nach dem geschilderten Sachverhalt davon ausgehen, dass die Änderung genehmigungsfähig sein wird. Dann ist der Aufwand für die Nutzungsänderung eigentlich gering. Bei offensichtlicher Genehmigungsfähigkeit wird in der Regel keine Nutzungsuntersagung erfolgen, sondern eine Anhörung und die Aufforderung, einen entsprechenden Antrag einzureichen. Davon unberührt bleibt aber die Möglichkeit, dass die Behörde ein Bußgeld verhängt, weil die formelle Illegalität eben doch gegeben war. (§ 84 Abs. 1 Nr 13 BauO NRW: Bußgeld bis 250.000 Euro)
Wenn das Haus nicht vollständig Ihnen alleine gehört, sondern eine WEG besteht, dann muss zusätzlich auch die Teilungserklärung beachtet werden. Die anderen WEG-Miteigentümer könnten auf dieser zivilrechtlichen Ebene sich auch gegen Nutzungsänderungen wenden.
Ergebnis: Nutzungsänderung beantragen, die drohenden Konsequenzen (Untersagungsverfügung mit u.U. Schadenersatzverpflichtung einem Mieter gegenüber und Bußgeld)sind zu riskant.
Diese Antwort ist vom 20.01.2012 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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vonRechtsanwalt Jörg Klepsch
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