Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich im Rahmen dieser Erstberatung wie folgt beantworten:
I. Der vorliegende Fall kann möglicherweise als versuchte Nötigung qualifiziert werden.
Nicht unwichtig ist allerdings zu wissen, ob wirklich ein Strafantrag der „Verletzten“, also Ihrer Mutter vorgelegen hat. Ein Strafantrag ist etwas anderes als eine Strafanzeige. Letztere ist nur die Mitteilung an die Strafverfolgungsbehörden, dass eine Straftat begangen wurde. Ein Strafantrag hingegen ist die ausdrückliche Kundgabe des Verletzten, dass er eine Verfolgung der Tat wünscht.
II. Hat ein Strafantrag vorgelegen, so hatte Ihre Schwester nach dem Tod der Mutter nach § 77d II StGB
(soweit keine weiteren Geschwister außer Ihnen neben Ihrer Schwester existieren; insoweit bitte ich um ergänzende Angaben im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion) durch eine mögliche Zurücknahme des Strafantrags nach § 247 StGB
durchaus Einfluss auf das weitere Betreiben des Verfahrens gehabt, da ein Haus- oder Familiendiebstahl in der Tat nur auf Antrag verfolgt wird.
III. Eine Drohung mit rechtlichen Schritten (bzw. umgekehrt durch das Unterlassen einer rechtlichen Handlung) ist nicht immer als Nötigungshandlung anzusehen.
Hier meine ich allerdings, dass eine Nötigungshandlung vorliegen dürfte, da die Erbschaftsangelegenheit (dies unterstelle ich an dieser Stelle) von für Sie erheblicher (auch finanzieller) Bedeutung gewesen ist. Allerdings sollten Sie die Umstände des verlangten „zu willen seins“ noch näher darlegen, also welche rechtlichen Konsequenzen sich für Sie bei einer „Kooperation“ mit Ihrer Schwester ergeben hätten.
Letztlich wäre noch zu beurteilen, ob die Handlung der Schwester (und des Anwalts) als „verwerflich“ im Sinne des § 240 II StGB
anzusehen ist. Dies ist der Fall, wenn die Handlung einen erhöhten Grad sittlicher Missbilligung besitzt.
Ich meine, dies hier bejahen zu können. Da Ihre Schwester ebenfalls als Erbin in die erbrechtliche Angelegenheit verstrickt gewesen ist, hätte diese den Ausgang des Strafverfahrens schlicht abwarten können oder aber den Strafantrag einfach nur ohne Weiteres zurücknehmen können, da die EC-Karten ja „von selbst“ wieder aufgetaucht waren. Der naheliegende Umstand, dass Ihre Schwester sich den bestehenden Einfluss auf das Strafverfahren zunutze machen wollte, um zivilrechtlich einen „Vorteil“ zu erreichen, halte ich jedoch für insgesamt nicht mehr „hinnehmbar“ und deshalb für erhöht sozialwidrig.
IV. Eine strafbare versuchte Nötigung kann daher auf der Kenntnis der jetzigen Tatsachengrundlage angenommen werden. (Zu den fehlenden Informationen siehe oben.)
Über den Ausgang eines Ermittlungsverfahrens kann hier nur „spekuliert“ werden. Möglich erschiene mir eine Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldbuße. Ggf. sollten Sie anwaltliche Hilfe bei der Formulierung der Strafanzeige (Nötigung ist kein Antragsdelikt) in Anspruch nehmen.
Ich hoffe, Ihnen mit meiner Antwort geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan André Schmidt, LL.M.
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 27.08.2007 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Vielen Dank für Ihre umfassende Antwort. Die Kooperation hätte bedeutet: eine sofortige Verschleuderung unseres Familienbesitzes - Hauses, also, zu einem Spottpreis. Habe gehört, Schwester hatte/hat schon einen Käufer. Alles was an Wert vorhanden war ist schon bei meiner Schwester (Brilliantschmuck von nicht unereblichen Wert wurde von ihr unterschlagen, Geld, etc.), also meine Hinnahme dessen. Und ich sollte allein Mutters Anwalt bezahlen, der wie geschrieben nun Anwalt der Schwester ist.
Es gab lediglich ein Ermittlungsverfahren, von einem Strafantrag weiß ich nichts, er wurde lediglich angedroht.
Da die Gegenseite wußte, daß ich nichts gestohlen hatte, erreichte mich an einem Samstag ein Brief des Anwaltes, ich wäre des Schweren Einbruch-Diebstahles überführt (Psychoterror). Durch diesen Brief erfuhr ich erstmalig von der Sache. Die Hausdurchsuchung fand erst viel später nach dem Erhalt des Briefes statt. Ich sagte der erstaunten Polizei, ich hätte sie schon erwartet.
Wahrscheinlich sollte ich lieber ein Buch schreiben, denn es ist so viel passiert.
Danke Ihnen!
Sehr geehrter Fragesteller,
die weiteren Angaben ändern an dem oben vertretenen Ergebnis nichts, so dass ich eine versuchte Nötigung dem Grunde nach als gegeben ansehe.
Es könnte auch dahinstehen, ob Ihre Mutter seinerzeit wirklich eigenhändig einen Strafantrag gestellt hat; sollte dies nicht der Fall gewesen sein, so hat hier die Gegenseite Ihnen jedenfalls vorgespiegelt, Einfluss auf den Ablauf des Strafverfahrens zu haben, weshalb ebenfalls eine Nötigungshandlung vorläge.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan André Schmidt, LL.M.
Rechtsanwalt