Sehr geehrter Fragesteller,
Vielen Dank für die eingestellte Frage. Diese möchte ich aufgrund ihrer Sachverhaltsangaben und in Ansehung des Einsatzes wie folgt beantworten.
Ist die Überlassung der Wohnung - insbesondere der Mietzinsen - durch unseren Vater an meine Schwester wirksam, obwohl nicht notariell sondern lediglich privatschriftlich vereinbart?
In der Regel wird der Nießbrauch durch ein Rechtsgeschäft begründet. Zu unterscheiden ist hier zwischen dem kausalen Grundgeschäft, der Verpflichtungsvertrag über den Nießbrauch und dem Erfüllungsgeschäft, mit dem der Nießbrauch als persönlich bedingte „Grunddienstbarkeit" letztlich begründet wird.
Das kausale Grundgeschäft ist IMMER (mit wenigen Ausnahmen) formfrei.
Hingegen ist zur tatsächlichen Begründung des Nießbrauchs (so es denn einer sein soll) eine Einigung über den Nießbrauch erforderlich und zusätzlich eine Übergabe bzw. ein Übergabeersatztatbestand (§ 433 Abs. 1 BGB
) oder gar bei unbeweglichen Sachen (wie hier der Wohnung) eine Einigung und Eintragung (§ 873 Abs. 1 BGB
). Mit der Eintragung ist das dingliche (mit der Sache verbundene) Recht rechtsgültig vereinbart.
So käme man dazu hier davon auszugehen, dass das Ihrer Schwester zugesprochene Recht nicht rechtwirksam wäre. Davon ist jedoch nicht auszugehen, denn auch das nicht dingliche Verpflichtungsgeschäft ist dennoch wirksam, zwar besteht das Recht nicht gegenüber der Sache, aber doch zwischen den Vertragsparteien.
Also hatte indes der Vertrag zwischen Ihren verstorbenen Vater und Ihrer Schwester Bestand. Aber auch der Vertrag zwischen Ihrem Vater, Ihrem Sohn und Ihrer Schwester hat Bestand, soweit sie nicht aktiver Vertragspartner dabei ist, so ist sie daraus Berechtigte aus der Konstellation einer Vertrages zugunsten Dritter (§ 328 BGB
).
Die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Vertrages zwischen den Parteien ist daher auch ohne notarielle Beglaubigung als rechtsgültig anzusehen.
Liegt in dem Eintreten meines Sohnes in die Verpflichtung unseres Vaters ein weiterer schenkungssteuerlich bedeutsamer Vorgang, d.h. muss meine Schwester aufgrund der von meinem Sohn - wiederum auch nur privatschriftlich - übernommenen Verpflichtung Schenkungssteuer zahlen, obwohl die Verpflichtung von unserem Vater begründet wurde?
Genau gesehen schon, denn nur der dinglich bestellte Nießbrauch hätte Bestand beim Wegfall einer schuldrechtlichen Vertragspartei. Hingegen wurde durch den Mangel der fehlenden formgerechten Einigung und Übergabe der dingliche Nießbrauch nicht rechtswirksam begründet, so dass in der wiederum nur schuldrechtlichen Übertragung des Rechts an der unbeweglichen Sache eine erneute Schenkung zu sehen wäre.
Wonach bemisst sich eine etwaige Schenkungssteuer?
Oje eine sehr schöne Frage, die aber nicht ganz leicht zu beantworten ist, zumal hier kein dingliches Recht eingeräumt wurde. Das dingliche Recht endet mit seinem vertraglich festgelegten Ablauf, sollte keine Zeit bestimmt sein, so ist vom Lebensende des berechtigten auszugehen, da der Nießbrauch ein unvererbliches Recht ist. Bei der nur schuldrechtlichen Überlassung kann das Recht auf Nutzung mit dem Eigentümerwechsel der Sache beendet werden, (ggf. wären hier soweit eine lebenslange Nutzung vereinbart war, zwar Schadensersatzansprüche entstehen…).
Soweit wir also von einer lebenslangen Nutzung vergleichbar mit einem dinglichen Nießbrauch ausgehen wäre ein Jahreswert zu bestimmen und in Abhängigkeit von § 16
Bewertungsgesetz ein Verkehrswert festzusetzen. Weiterhin ist ein Faktor aus statistischen Angaben des Bundesamtes zu bilden, bei dem Alter und Geschlecht der Person berücksichtigt werden. Am Ende kommt man dann auf einen zu versteuernden Barwert des Wohnrechts bzw. des Nießbrauches.
Können die von meiner Schwester übernommenen Kosten der Wohnung etc. in Abzug gebracht werden?
Wer möchte die übernommenen Kosten bei welcher Steuer in Abzug bringen? Doch nur immer der, der diese auch tatsächlich hatte. Also doch nur Ihre Schwester.
Im Übrigen sind Kosten nur bei der Einkommensteuer bzw. bei deren Bestandteilen abrechenbar.
Auf die anfallende Schenkungssteuer können keine Kosten angerechnet werden.
Wem sind bei der Einkommenssteuer die Mieteinnahmen als Einkünfte zuzurechnen? Kosten?
Derjenige der diese tatsächlich vereinnahmt sind die als Einkommen aus Vermietung und Verpachtung zuzuordnen. Hier können dann auch die zugehörigen Kosten dagegen gerechnet werden.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Wehle, Rechtsanwalt
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Diese Antwort ist vom 28.02.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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28.02.2013
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22:49
Antwort
vonRechtsanwalt Andreas Wehle
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Rechtsanwalt Andreas Wehle
Ergänzung vom Anwalt
28.02.2013 | 23:01
Hinsichtlich der Höhe der Schenkungssteuer möchte ich darauf Hinweisen, das selbstverständlich die Freibeträge nach § 16 ErbStG
zum Tragen kommen, diese also von der Steuerlast abgezogen werden können.
vgl. http://www.sueddeutsche.de/app/wirtschaft/erbschaftsrechner/