Sehr geehrte(r) Ratsuchende(r),
aus § 139 BGB
könnte die Nichtigkeit des gesamten Vertrags folgen:
§ 139 BGB
Teilnichtigkeit
Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.
Diese Bestimmung ist auch anwendbar, wenn auf einer Seite eines Rechtsgeschäfts mehrere Personen beteiligt sind und das Geschäft – wie hier wegen der Geschäftsunfähigkeit des A – im Verhältnis zu einer dieser Personen nichtig ist (RGZ 99, 52, 53 f; 141, 104, 108 f ; BGH NJW 1970, 240
).
Zunächst ist erforderlich, dass nach dem konkreten Inhalt des Schuldverhältnisses die übrigen Parteien sich auch ohne den A verpflichten können. Nur dann wäre überhaupt von einem teilbaren Rechtsgeschäft auszugehen, bei dem nach Abtrennung des nichtigen Teils ein Rest zurückbliebe, der als selbständiges Geschäft für sich bestehen könnte (BGH NJW 1962, 913
).
Dies wird in Ihrem Fall zu bejahen sein, nachdem A, B, C und D sich gesamtschuldnerisch verpflichtet haben, hängt gegebenenfalls aber auch vom Inhalt der Gegenleistung ab.
Gesamtnichtigkeit hat z.B. der Reichsgerichtshof angenommen bei einem Pachtvertrag, wenn einer der Pächter geschäftsunfähig ist (RGZ 99, 55), Teilnichtigkeit dagegen bei Bürgschaftsübernahme durch einen Mitbürgen (RGZ 138, 270).
Wenn im Verhältnis zu einer Person ein Nichtigkeitsgrund vorliegt, besteht der Vertag nach der Regelung des § 139 BGB
nur dann zwischen den übrigen Personen fort, wenn dies dem tatsächlichen oder dem mutmaßlichen Willen der Vertragsparteien entspricht.
Insoweit hilft hier unter Umständen eine salvatorische Klausel weiter, wonach die übrigen, vom Rechtsmangel nicht betroffenen Vertragsteile aufrechterhalten werden sollen oder jedenfalls ein Anspruch auf Vertragsanpassung besteht.
Denn § 139 BGB
ist insoweit dispositiv (vgl. BGH NJW 1977, 40; BGH NJW 1994, 1653
).
Eine solche Klausel schließt allerdings nicht aus, dass im Einzelfall die Nichtigkeit einer Bestimmung wegen ihrer besonderen Bedeutung den gesamten Vertrag erfasst. So kann die Vertragsauslegung ergeben, dass die Aufrechterhaltung des Restgeschäfts im Einzelfall trotz der salvatorischen Klausel von dem Parteiwillen nicht mehr gedeckt ist.
Problematisch ist hier, dass die vorliegende Klausel nach ihrem Wortlaut nur Geltung beansprucht, wenn "einzelne Bestimmungen des Vertrages" unwirksam sein sollten, nicht jedoch, wenn – wie hier – ein ganzer, nämlich der den A betreffende Vertragsteil wegfällt.
Für die Auslegung einer ähnlich formulierten Klausel, nach der die Weitergeltung des Vertrages (oder jedenfalls die Verpflichtung, einen neuen Vertrag abzuschließen) auch in dem Fall zu bejahen ist, wenn das Rechtsgeschäft in Bezug auf einen der Beteiligten nichtig ist, spricht sich der Bundesfinanzhof in einer Entscheidung vom 17.12.1997 aus (BFH X R 88/95
). Dort ging es um die (Teil-)Wirksamkeit eines Grundstückskaufvertrages mit salvatorischer Klausel bei Unwirksamkeit des Vertrages gegenüber eines von mehreren Erwerbern wegen vollmachtlosen Vertreterhandelns.
Eine genauere Auskunft kann an dieser Stelle leider nicht gegeben werden, ich hoffe aber dennoch, Ihnen einen hilfreichen rechtlichen Einblick gegeben zu haben.
Gerne können Sie noch eine Verständnisfrage stellen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 02.09.2006 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Zunächst ist erforderlich, dass nach dem konkreten Inhalt des Schuldverhältnisses die übrigen Parteien sich auch ohne den A verpflichten können. Nur dann wäre überhaupt von einem teilbaren Rechtsgeschäft auszugehen, bei dem nach Abtrennung des nichtigen Teils ein Rest zurückbliebe, der als selbständiges Geschäft für sich bestehen könnte (BGH NJW 1962, 913).
Dies wird in Ihrem Fall zu bejahen sein, nachdem A, B, C und D sich gesamtschuldnerisch verpflichtet haben, hängt gegebenenfalls aber auch vom Inhalt der Gegenleistung ab.
Zu Ihren o.a. Ausführungen eine Nachfrage: es muß ja also grundsätzliche Voraussetzung für die Teilwirksamkeit ein teilbares Rechtsgeschäft vorliegen. Zum Inhalt der Gegenleistung folgende Angaben:
1. J verpflichtet sich, bis zum 01.4.2020 eine Nutzung der Grundstücke-Nr. 65und 77 als Parkplatz zu unterlassen.
2. A verpflichtet sich, die Verpflichtung nach Nr. 1 als beschränkt persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch einzutragen zu lassen.
Hinweis: Für A, B und C und D wird im Rahmen der Vertragserfüllung also jeweils eine bis zum 1.4.2020 befristete beschränkt persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eingetragen.
Liegt hier ein teilbares Rechtsgeschäft vor?
Sehr geehrter Ratsuchender,
ich gehe davon aus, dass nicht A, sondern J sich verpflichtet, eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch einzutragen zu lassen, und zwar auf seinen beiden Grundstücken Nr. 65 und 77.
Denkt man den unwirksamen Teil des Rechtsgeschäfts weg, verbleibt eine Verpflichtung des J nur gegenüber B, C und D, diese Grundstücke nicht als Parkplatz zu nutzen. Es liegt also auch hinsichtlich der Gegenleistung ein abtrennbarer Teil des Verpflichtungsgeschäfts vor. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass A, B, C und D nach außen hin nur gemeinschaftlich verpflichtet oder begünstigt werden können (wie z.B. bei einer Erbengemeinschaft).
Fraglich bleibt, ob die Parteien den Vertrag auch ohne Einbindung des A so geschlossen hätten. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob dann auch die Entschädigungszahlung in der vollen vorgesehenen Höhe geschuldet sein soll.
Es kann sich daher für die übrigen Beteiligten empfehlen, etwa auf der Grundlage der salvatorischen Klausel, insoweit eine Vertragsanpassung vorzunehmen, wenn nicht das Rechtsgeschäft durch Mitwirkung des gesetzlichen Vertreters des A in der ursprünglich geplanten Fassung neu zustande kommen kann.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt