Sehr geehrter Fragesteller/in,
vorweg möchte ich Sie darauf hinweisen, dass diese Plattform eine ausführliche und persönliche Rechtsberatung nicht ersetzten kann, sondern ausschließlich den Zweck hat, eine erste überschlägige Einschätzung Ihres Rechtsproblems auf Grundlage der von Ihnen übermittelten Informationen von einem Rechtsanwalt zu erhalten.
Nun zu Ihrer Frage, welche ich unter Berücksichtigung Ihres Einsatzes wie folgt beantworte:
Vorliegend haben wir zwei Situationen zu berücksichtigen. Einmal die rechtliche und einmal die Beweissituation.
Von der rechtlichen Beurteilung ist der Fall Ihrer Tochter klar. So hat sie sehr wohl einen Lohnanspruch, in Bezug auf die noch ausstehenden Gehaltserhöhungsnachzahlungen von März bis Juni. Insbesondere ändert auch die Behauptung des ehemaligen Arbeitgebers nichts an den bestehenden Anspruch Ihrer Tochter, auf fehlende Lohnzahlung. Das Vorbringen des Arbeitgebers, ein Testkauf ist schlecht gelaufen und deshalb könne man ihrer Tochter die noch ausstehende Lohnforderung nicht zahlen, hat keinen Einfluss auf die vorher zugesicherte Gehaltserhöhung. Vielmehr ist die Gehaltserhöhung an keine Bedingung geknüpft worden. Daher kann sich der Arbeitgeber nicht später, auf andere Begründungen stützen, die eine Gehaltserhöhung nicht ermöglichen sollen.
Hier hätten Sie zwei Möglichkeiten, die Gehaltsforderungen nachträglich geltend zu machen. Zum einen gibt es das so genannte arbeitsgerichtliche Mahnverfahren. Dafür benötigt Ihre Tochter lediglich einen entsprechenden Vordruck, der von ihrer Tochter auszufüllen ist. Des Weiteren hat Ihre Tochter noch die Klagemöglichkeit.
Aber:
Ich rate Ihnen von der weiteren Geltendmachung aus folgenden Gründen ab:
Da vorliegend alles mündlich und nicht schriftlich abgeschlossen worden ist, haben sie bzw. Ihre Tochter ein Beweisproblem. Im Streit um eine Gehaltserhöhung obliegt die Beweislast allein dem Arbeitnehmer, vgl. Urteil des ArbG Frankfurt a. M. 7 Ca 4200/01
.
Das bedeutet, dass der alte Arbeitgeber alles bestreiten könnte, sodann müsste Ihre Tochter den vollen Beweis erbringen. Zwar sind dort Kollegen vorhanden, die grundsätzlich auch als Zeugen in Betracht kommen könnten, aber es sollte nicht übersehen werden, dass häufig die Arbeitnehmer gegenüber Ihrem jetzigen Arbeitgeber im Prozess später „einknicken“.
Ferner sollte nicht unberücksichtigt bleiben, dass während in einem zivilgerichtlichen Verfahren grundsätzlich immer derjenige, der den Prozess verliert, die Prozesskosten der obsiegenden Partei zu tragen hat, ist die Erstattungsfähigkeit der Anwaltskosten im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren in der ersten Instanz vor den Arbeitsgerichten weitgehend eingeschränkt. Folglich sollte darüber nachgedacht werden, ob es sich überhaupt wirtschaftlich lohnen würde, das Risiko einzugehen.
Es tut mir leid, dass ich Ihnen diesbezüglich nichts anderes mitteilen kann, aber dies ist eine ehrliche Beuteilung Ihres Falles. Ich hoffe, dass ich Ihnen trotzdem weiter geholfen habe und stehe Ihnen gerne im Rahmen der kostenlosen Nachfragefunktion, zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
André Neumann
Rechtsanwalt Dipl. Jur.
Diese Antwort ist vom 21.08.2009 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Erst einmal vielen Dank für Ihre ausführliche Beantwortung.
Aber wir möchten natürlich nicht so kampflos aufgeben.
Natürlich nicht vor Gericht, sondern auf dem normalen Briefweg, in der Hoffnung, dass die Firma dann die versprochene Erhöhung auch auszahlt.
Wie ich schon erwähnt habe, hatten wir im Juli um Überweisung gebeten. Kann ich dieses Schreiben erneut anmahnen wie Sie es in Ihrer o. g. Beantwortung mitgeteilt haben . Es kann doch nicht angehen, dass Zusagen gemacht werden, die dann nicht erfüllt werden. Meine Tochter hat doch schließlich die Arbeitsleistung erbracht.
Sehr geehrter Fragesteller/in,
gerne beantworte ich Ihnen die Nachfrage wie folgt:
Mit dem arbeitsgerichtlichen Mahnverfahren meinte ich das gerichtliche Mahnverfahren. Dies ist ein Verfahren, das anstelle des Klageverfahrens betrieben werden kann. Dafür wären auch die Gerichtskosten weniger. Dieses Mahnverfahren könnte Ihrer Tochter im Ergebnis einen Titel verschaffen. Aus diesen könnte sodann vollstreckt werden. Allerdings besteht auch hier das Risiko, dass der Arbeitgeber dagegen innerhalb einer Frist von einer Woche, einen so genannten Widerspruch einlegen könnte. Dies hätte die Folge, dass es zu einer Gerichtsverhandlung kommen würde. In dieser hätte ihre Tochter sodann das erwähnte „Beweisproblem“.
Sie können folgendes tun: Bringen Sie bzw. Ihre Tochter ein Einschreiben per Einwurf zur Post. Darin sollte eine konkrete Frist zur Gehaltszahlung gesetzt werden. Ferner sollte „angedroht“ werden, dass Ihre Tochter sich anwaltlicher Hilfe bedienen werde, sollte die Zahlung bis zum genannten Termin nicht erfolgen. Sie können dabei es zu erkennen geben, dass notfalls auch Zeugen zur Verfügung ständen.
Ich sehe, wie bereits festgestellt, rechtlich gesehen durchaus einen Anspruch. Insoweit bin ich genau Ihrer Ansicht. Ich fürchte nur, dass die Gegenpartei vor Gericht alles bestreiten wird.
Mit freundlichen Grüßen
André Neumann
Rechtsanwalt Dipl. Jur.