Sehr geehrter Fragesteller,
gern beantworte ich Ihre Frage unter Berücksichtigung des geschilderten Sachverhaltes sowie des Einsatzes wie folgt:
Die Frage nach Auskunfts- und Rechenschaftspflichten eines Bevollmächtigten gegenüber den Erben ist nicht selten anzutreffen.
Hierbei ist daran zu denken, dass eine Auskunftspflicht der Bevollmächtigten der Vollmachtgeberin (Tante) gegenüber zur Auskunft und Rechenschaft verpflichtet. Diese Verpflichtung könnte dann aufgrund des Eintritts des Erbfalles auf Sie als Erben übergegangen sein.
Zwischen der Tante und Ihrer Bekannten wird aber kein Auftragsverhältnis vorgelegen haben.
Ein solches erfordert stets einen gewissen Rechtsbindungswillen – daher den Willen der Parteien, mit Erteilung Kontovollmacht auch die daraus resultierenden Rechnungslegungspflichten etc. mit vereinbaren zu wollen.
In Fällen, bei denen ein Familienmitglied oder Freunde eine derartige Vollmacht erteilt bekommen, wird jedoch davon ausgegangen, dass die Erteilung einer Kontovollmacht aufgrund eines besonderen Vertrauens erfolgt.
Im Rahmen dieses Vertrauensverhältnisses wird üblicherweise keine Auskunft oder Rechenschaft verlangt.
Im Nachhinein soll grundsätzlich der Bevollmächtigte nicht dazu verpflichtet werden können, genauere Rechnungslegungen zu erbringen (BGH v. 5. 7. 2000, BGH 05.07.2000 Aktenzeichen XII ZR 26/98, NJW 2000, NJW Jahr 2000 Seite 3199, NJW Jahr 2000 Seite 3200; OLG Zweibrücken, a. a. O.). Hier liegt der Unterscheid zu beruflich bestellten Bevollmächtigten.
Für das Vorhandensein derartiger Pflichten müssen weitere objektive Kriterien hinzukommen, die auf einen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen schließen lassen.
Eine Auskunfts- und Rechenschaftspflicht kann sich aus „Treu- und Glauben" gem. § 259, 242 BGB ergeben.
Dies ist dann der Fall, wenn die Verhältnisse so angelegt sind, dass Sie als Erben in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang eines Rechts (zum Beispiel zur Rückforderung) im Ungewissen sind und die Bekannte Ihrer Tante die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskünfte unschwer geben kann, so im Urteil des BGH v. 28. 7. 1953, IV ZB 105/52.
Ein solcher Fall liegt hier vor. Allerdings können an den Umfang der Rechnungslegungspflicht nicht allzu hohe Anforderungen gestellt werden. So entspräche es nicht mehr dem genannten Gebot, alle Ausgaben mit den exakten Rechnungen zu belegen.
Was Sie jedoch einfordern, ist eine grundsätzliche Auskunft über die merkwürdigen Abbuchungen. Gerade in der Fallkonstellation, dass hier die Bevollmächtigte gleich der Begünstigten ist, lässt eine Rechenschaft als billig und zumutbar erscheinen. Es liegen demnach schon Anhaltspunkte für einen Missbrauchstatbestand vor.
Zudem ist der Zeitraum, über den sich die Auskunft erstrecken soll, nicht endlos und auch nicht besonders weit in der Vergangenheit liegend.
In diesem Fall wird eine, wenn auch nicht gesetzlich geregelte, Auskunfts- und Rechenschaftspflicht angenommen, so auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 28. 3. 2006 - I-4 U 102/05.
Die weitere Frage ist, ob es denn zulässig wäre, dass die vollmachtinhabende Bekannte Überweisungen an sich selbst vollziehen könnt und damit eine angebliche Schenkung bewirken könnte.
Der Wirksamkeit der Schenkung steht folgendes entgegen:
Ein Schenkungsversprechen bedarf gem. § 518 BGB der notariellen Beurkundung.
Diese wird geheilt, wenn die Leistung bewirkt wurde.
Mit Überweisung des Betrages durch die Bank ist die Schenkung aber schon bewirkt, sodass diese Formvorschrift Ihnen nicht weiter hilft.
In einer Schenkung an die Bevollmächtigte würde aber auch ein Fall des problematischen Selbstkontrahierens vorliegen.
Der Schenker würde also mit sich selbst als Vertreter der Begünstigten einen Schenkungsvertrag abschließen.
Solche beschriebenen Insichgeschäfte sind aber grundsätzlich nach § 181 BGB unwirksam.
§ 181 BGB lautet: Ein Vertreter kann, soweit nicht ein anderes ihm gestattet ist, im Namen des Vertretenen mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten ein Rechtsgeschäft nicht vornehmen, es sei denn, dass das Rechtsgeschäft ausschließlich in der Erfüllung einer Verbindlichkeit besteht.
Die Begünstigte kann also eine entsprechende Verfügung grundsätzlich nicht durchführen. Die Verfügung wäre unwirksam.
Solche Geschäfte können allenfalls rückwirkend genehmigt werden.
Das Recht eine Genehmigungserklärung abzugeben, geht mit dem Tod auf die Erben über – es liegt also bei Ihnen.
Eine Schenkung ist in der von Ihnen genannten Konstellation daher zwar möglich, aber ohne Genehmigung unwirksam.
Strafrechtlich würden rechtsgrundlose Überweisungen an die Bevollmächtigte einen Fall der Unterschlagung darstellen.
Da die Bekannte eine Vertrauensstellung innehat, so würde gar ein qualifizierter Fall des § 246 Abs. 2 StGB vorliegen.
Ich hoffe, ich habe Ihnen mit der Beantwortung weitergeholfen.
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Diese Antwort ist vom 14.02.2011 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Nachfrage vom Fragesteller
14.02.2011 | 14:53
Ich habe zwar schon bewertet, aber die betreffenen Geldbeträge wurden nachweislich an der Kasse der Bank bar ausgezahlt und nicht überwiesen. Ändert das was an der Antwort und den Schlußfogerungen?
Antwort auf die Nachfrage vom Anwalt
14.02.2011 | 20:19
Sehr geehrter Fragesteller,
dass die Beträge bar ausgezahlt wurden ändert nichts an den Ausführungen.
Es liegt trotzdem ein unwirksames Insich-Geschäft vor.
Mit freundlichen Grüßen
Rechtsanwalt Mathias Drewelow
(www.mv-recht.de)