Sehr geehrter Fragesteller,
auf Ihre Fragen darf ich Ihnen antworten, wie folgt.
1. Die Erbausschlagung ist in der Tat naheliegend, zumal Sie über die Höhe der Schulden auch nicht informiert sind. Richtig ist, dass Sie am Gesamtnachlass - also Schulden und Verbindlichkeiten neben der Ehefrau des Vaters zu 1/4 beteiligt sind.
2. Das gesetzliche Erbrecht würdigt es im ersten Gang nicht, dass der Vater sein Geld in das Haus der Frau gesteckt hat. Er erwirbt dadurch keine Anteile am Haus und auch sonst keinen Rechtsanspruch, der in den Nachlass fallen könnte.
Es gibt aber einen anderen Weg, wie Sie doch noch etwas erreichen können: Sie schlagen das Erbe aus und machen stattdessen ihren Pflichtteilsanspruch geltend. Dieser beläuft sich zwar nur auf die Hälfte des gesetzlichen Erbteils, Sie können aber Ansprüche wegen der Zahlungen des Vaters auf die Darlehen für das Haus geltend machen, denn das sind ja Schenkungen an die Ehefrau, die auf diese Weise einen erheblichen Vermögenszuwachs erzielt hat. Dafür gibt es des sog. Pflichtteilsergänzungsanspruch, der sich auf der Grundlage der Darlehenszahlungen des Vaters errechnen würde, und zwar für das 1. Jahr vor dem Tod zu 100 %, und dann jedes Jahr 10 % weniger und was vor 10 Jahren geflossen ist, wird nicht mehr berücksichtigt.
Diese Beträge werden zu dem Nachlass addiert und auf der Grundlage errechnet sich dann der Pflichtteil. Ob das für Sie ein Vorteil ist, können Sie natürlich nur ermitteln wenn Sie einigermaßen wissen, was geflossen ist. Versuchen Sie der Bank Auskünfte zu entlocken, indem Sie denen sagen, dass Sie Miterbe sind, manchmal hat man Glück.
3. Diese Frage kann ich nur mit "ja" beantworten.
4. Wenn Sie nicht ausschlagen, kann die Bank, wenn Ihre Stiefmutter zahlungsunfähig ist, sich grundsätzlich völlig frei aussuchen, an wen sie sich hält. Sie wird sich dann dafür entscheiden, was der einfachere Weg ist. Da eine Verwertung eines Grundstücks relativ aufwendig ist, liegt es nahe, dass sie versucht, Ihr Geld von Ihnen zu bekommen.
Sollte es zur Verwertung des Grundstücks kommen, kann Ihre Stiefmutter Sie auf anteiligen Ausgleich der Darlehensschulden in Anspruch nehmen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit diesen Auskünften geholfen habe.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Brümmer
Rechtsanwältin
Antwort
vonRechtsanwältin Andrea Brümmer
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Sehr geehrte Frau Brümmer,
vorab erstmal ganz vielen lieben Dank für Ihre umfangreiche Antwort.
1.) Sie Schreiben: "Es gibt aber einen anderen Weg, wie Sie doch noch etwas erreichen können: Sie schlagen das Erbe aus und machen stattdessen ihren Pflichtteilsanspruch geltend." Wenn ich das richtig verstehe geht mit Ausschlagung der Pflichtteilsanspruch grundsätzlich verloren, den Pflichtteilsergänzungsanspruch kann ich aber auch weiterhin geltend machen. Ist das so korrekt?
2.) I.R.d. Geltendmachung eines Pflichteilsergänzungsanspruchs würden dann welche Zahlungen meines Vaters berücksichtigungsfähig sein? Bedeutet "Darlehenszahlungen", dass Zins- und Tilgungsanteil berücksichtigungsfähig wären soweit diese auf die hälftige Schuld meines Vaters entfallen, oder wären sie voll zu berücksichtigen, weil ihr Vermögen abgezahlt wird? Ein Entgelt (quasi Miete) für die Überlassung der Räumlichkeiten müsste dann gegengerechnet werden?
Und was ist mit ihrem Lebensunterhalt sowie Zahlungen an Versicherungen und in ihre Altersvorsorge? All jene Zahlungen hat sie von ihrem Lohn allein nicht selber finanzieren können.
3.) Muss der Pflichtteilsergänzungsanspruch dann letztlich eingeklagt werden oder kann ich diesen auch erstmal selber an sie herantragen?
Lieben Gruß
Eine Ratsuchende
Sehr geehrter Fragesteller,
auf Ihre Rückfrage darf ich Ihnen antworten wie folgt.
1. Nein, das ist nicht richtig. Wenn Sie das Erbe ausschlagen, haben Sie den Pflichtteilsanspruch, und davon ist der Pflichtteilsergänzungsanspruch ein Teil, der nur besteht, wenn Schenkungen geflossen sind.
2. Die Zahlungen des Vaters würden voll angerechnet werden, weil sie ja voll in das Vermögen der Ehefrau gegangen sind. Ein Mietanteil müsste wohl gegengerechnet werden.
Die weiteren Zahlungen, die Sie erwähnen, sind wohl nicht berücksichtigungsfähig, denn Ehegatten sind einander unterhaltspflichtig, d. h., derjenige, der mehr verdient, muss dem anderen dazu geben. Das betrifft Zahlungen für Lebensunterhalt, Altersvorsorge etc., also alles, was zum täglichen Leben gehört. Hingegen Vermögensbildung, wie sie in das Haus geflossen ist, ist etwas anderes. Die Übergänge sind allerdings fließend, so dass man sich ansehen sollte, was er sonst noch eingespeist hat.
3. Sie können alles an sie herantragen, zum Gericht muss man nur, wenn der Gesprächspartner nicht geben will, was er geben muss.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit dieser Ergänzung behilflich sein.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Brümmer
Rechtsanwältin