Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Als rechtliche Grundlage dürften nachstehende Paragrafen gelten: §§ 25 Abs. 1, 29 Abs. 1 S. 5 u. 6 BetrVG, § 15 Abs. 4 BErzGG
Man spricht im vorliegenden Fall von einer Verhinderung. Verhinderung ist die zeitweilige Unmöglichkeit für ein Betriebsratsmitglied, sein Amt aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen auszuüben.
Eine zeitweilige Verhinderung liegt vor, wenn ein Betriebsratsmitglied aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht in der Lage ist, sein Amt auszuüben (BAG v. 23.8.1984 – 2 AZR 391/83).
Ein Betriebsratsmitglied gilt aber auch als verhindert, wenn ihm die Amtsausübung z. B. wegen Erholungsurlaubs, Krankheit oder Elternzeit unzumutbar ist.
Ein Betriebsratsmitglied ist grundsätzlich von seiner Organtätigkeit bei Maßnahmen und Regelungen ausgeschlossen, die es individuell und unmittelbar betreffen. Als Teil der vom Betriebsrat repräsentierten Belegschaft sind die Betriebsratsmitglieder häufig von Entscheidungen des Betriebsrats mehr oder weniger auch selbst betroffen (z. B. die eigene Versetzung, Umgruppierung oder Kündigung). Von ihnen wird daher grundsätzlich erwartet, dass sie sich als von der Belegschaft gewählte Amtsinhaber bei diesen Entscheidungen nicht von persönlichen Interessen leiten lassen. Die Funktion des Betriebsrats als Organ der von ihm repräsentierten Belegschaft ist nicht mehr gesichert, wenn bei der Wahrnehmung der gesetzlichen Beteiligungsrechte die Eigeninteressen der betroffenen Betriebsratsmitglieder für ihre Amtsführung bestimmend sein können. Liegt eine derartige Interessenkollision vor, ist das Betriebsratsmitglied zeitweilig verhindert (§ 25 Abs. 1 BetrVG) und darf sich an der Beratung und der Beschlussfassung der es betreffenden Angelegenheit nicht beteiligen. Das betroffene Betriebsratsmitglied ist nicht daran gehindert, in der Sitzung zu der Angelegenheit Stellung zu nehmen.Wirkt das betroffene Betriebsratsmitglied trotz einer bestehenden Interessenkollision an der Beratung oder Beschlussfassung in einer eigenen Angelegenheit mit, leidet der Betriebsratsbeschluss an einem erheblichen Mangel und ist grundsätzlich unwirksam (BAG v. 10.11.2009 - 1 ABR 64/08).
Auf die rechtlichen Gründe einer Verhinderung wird an dieser Stelle nicht eingegangen, da es offensichtlich nicht darum geht.
Ist ein Mitglied des Betriebsrats an der Ausübung seiner Amtstätigkeit zeitweilig verhindert, wird es von dem Ersatzmitglied vertreten (§ 25 Abs. 1 S. 2 BetrVG). Die Vertretung setzt regelmäßig mit dem üblichen Arbeitsbeginn am ersten Tag der Verhinderung des Betriebsratsmitglieds ein (BAG v. 8.9.2011 - 2 AZR 388/10). Kann ein Mitglied des Betriebsrats an einer Betriebsratssitzung nicht teilnehmen, soll es dies unter Angabe der Gründe dem Betriebsratsvorsitzenden unverzüglich mitteilen (§ 29 Abs. 2, S. 5 BetrVG). Der Betriebsratsvorsitzende hat zu prüfen, ob es sich um einen Fall von Verhinderung handelt oder ob ein anderer Grund für die Nichtteilnahme vorliegt. Um willkürlich herbeigeführte Vertretungen auszuschließen, ist das Ersatzmitglied nur bei Vorliegen einer Verhinderung einzuladen. Im Falle der Verhinderung, hat der Betriebsratsvorsitzende das zu berücksichtigende Ersatzmitglied einzuladen (§ 29 Abs. 2 S. 6 BetrVG). Die Ladung des Ersatzmitglieds für ein zeitweilig verhindertes Mitglied ist eine Voraussetzung für wirksame Beschlussfassung des Betriebsrats (BAG v. 23.8.84 – 2 AZR 391/83).
Eine Vertretung darf demgemäß das verhinderte Mitglied vertreten, ohne das der Beschluss unwirksam wird.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen