Sehr geehrter Fragesetller,
zunächst vielen Dank für Ihre Anfrage.
Das Problem, dass der Personalrat hier sieht, ist die Tatsache, dass Sie tatsächlich kein freier Mitarbeiter wären, sondern scheinselbstständig mit der Folge, dass tatsächlich ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis besteht. Da Sie eigentlich Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne wären, hätten Sie ohne weiteres die Möglichkeit , im Rahmen einer Feststellungsklage vom Arbeitsgericht auch als Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne - also festangestellt mit Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch sowie Lohnfortzahlungsverpflichtung im Krankheitsfall - anerkannt zu werden. Sie hätten alsdann als Arbeitnehmer einen Anspruch auf laufende Nettogehaltszahlungen in der Höhe des bisherigen Honorars. Da Sie auch schon vorher als „ fester freier " tätig waren, also letztlich scheinselbstständig, würden erhebliche Nachzahlungen an Sozialversicherungsbeiträgen Ihrem „ Arbeitgeber" drohen. Eine solche Feststellungsklage, selbst wenn Sie zusichern, diese nicht in Angriff zu nehmen, will man natürlich vermeiden. Auch wenn Sie nur fünf Tage im Betrieb im Monat arbeiten, sind Sie arbeitsrechtlich kein freier Mitarbeiter, da Sie im Betrieb eingegliedert sind mit festen Arbeitszeiten und zudem noch weisungsgebunden. Eine „ Umschiffung" dieser Problematik der Scheinselbstständigkeit ist nicht möglich, entweder ist man freier Mitarbeiter oder nicht. Der freie Mitarbeiter ist nicht wie ein Arbeitnehmer weisungsgebunden und kann sich die Arbeitszeit frei einteilen, was bei Ihnen nicht der Fall ist.
Mit freundlichem Gruß
Peter Dratwa
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 23.04.2013 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
Jetzt eine neue Frage stellen
Antwort
vonRechtsanwalt Peter Dratwa
Königsallee 14
40212 Düsseldorf
Tel: 0211 3559080
Tel: 0211 35590816
Web: http://www.rae-dratwa.de
E-Mail:
Hallo,
Habe mich evtl. falsch ausgedrückt:
Die Scheinselbstständigkeit ist glaube ich nicht das Problem, da ja immer an den Tagen an denen ich gearbeitet habe auch Sozialversicherungsabgaben und ggf. Steuern vom Arbeitgeber abgeführt wurden. Deren Sorge ist wohl eher die Angst vor Kettenverträgen.
in diesem Unternehmen arbeiten auch alle tageweise abhängig beschäftigten Mitarbeiter (werden bei uns "Freie" genannt, auf Lohnsteuerkarte. Das ist hier wirklich branchenüblich. Das war nie ein Problem und war es bei mir auch nie. Bis ich diesen befristeten Vollzeit Vertrag eingegangen bin. Hiernach komischerweise schon.
Wieso ist jetzt nun bei mir die Sorge so groß, dass ich mich einklagen könnte. Dann müsste dies ja bei allen "tageweise abhängig beschäftigten" in unserem Unternehmen so sein.
Auch wenn in dem Betrieb und überhaupt es „ branchenüblich" ist, freie Mitarbeiter auf Lohnsteuerkarte arbeiten zu lassen, so muss dies noch lange nicht rechtens sein, was es auch nicht ist. Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer gemäß § 38 I 1 EStG
durch Abzug vom "Arbeitslohn" als Lohnsteuer erhoben. Nach § 38 II 1 EStG
ist der "Arbeitnehmer" Schuldner der Lohnsteuer. Gemäß § 38 III 1 EStG
hat der "Arbeitgeber" die Lohnsteuer für Rechnung des "Arbeitnehmers" bei jeder Lohnzahlung vom "Arbeitslohn" einzubehalten. Der freie Mitarbeiter hat mit einer Lohnsteuerkarte absolut nichts zu tun.
Jedenfalls reicht es für den Gesetzgeber und damit für die Arbeitsgerichte nicht aus, wenn nur im Vertrag steht, dass es sich um eine ,,freie Mitarbeit" handelt und dies „ branchenüblich" ist. Entscheidend ist, ob die Zusammenarbeit tatsächlich die Bedingungen für ein Arbeitsverhältnis erfüllt Es kommt daher teilweise bei Unternehmen vielfach zu einem bösen Erwachen, wenn der angeblich ," freie Mitarbeiter" nach der Kündigung eine Kündigungsschutzklage erhebt und das Arbeitsgericht feststellt, dass tatsächlich ein Arbeitsverhältnis, obwohl als " Werkvertrag" deklariert, vorliegt. Und diese böse Erwachen will das Unternehmen nicht riskieren. Denn man sieht Sie im Unternehmen offensichtlich selbst als " verkappten Arbeitnehmer " an. Wenn Sie tatsächlich freier Mitarbeiter wären, dann würde doch überhaupt keine Veranlassung bestehen, Sie auf Lohnsteuerkarte arbeiten zu lassen und die Sozialversicherungsbeiträge für Sie abzuführen.
Der tatsächlich freie Mitarbeiter erhält sein Honorar ohne Abzug von Steuern, er muss auch keine Lohnsteuerkarte vorlegen. Also geht das Unternehmen, bei dem Sie wieder als fester freier Mitarbeiter tätig werden wollen, selbst davon aus, dass Sie kein freier Mitarbeiter sind. Wenn mit der Abführung der Sozialversicherungsbeiträge diese Komponente und damit eine Nachzahlung abgedeckt ist, dann bedeutet dies noch lange nicht, dass das Unternehmen von der arbeitsrechtlichen Seite nichts zu befürchten hat, nämlich die Feststellung, dass Sie kein freier Mitarbeiter sondern Arbeitnehmer sind mit allen damit verbundenen Konsequenzen wie Kündigungsschutz, Urlaubsanspruch sowie Lohnfortzahlungsverpflichtung im Krankheitsfall etc. und diese kostenspieligen Konsequenzen will das Unternehmen vermeiden. Zumal Sie bereits in Vollzeit tätig waren und betriebsintern die Befürchtung sicherlich groß ist, dass Sie möglicherweise sich bei Gericht als Arbeitnehmer einklagen, was frappierende Folgen für die anderen " freien Mitarbeiter " im Betrieb haben könnte.
Mit freundlichem Gruß
Peter Dratwa
Rechtsanwalt