Sehr geehrte(r) Fragensteller(in),
aufgrund des von Ihnen geschilderten Sachverhaltes beantworte ich Ihre Frage wie folgt.
Mit dem Sorgerecht ist auch das Aufenthaltsbestimmungsrecht (neben den Verpflichtungen des Sorgeberechtigten gegenüber dem Kind) verbunden. D.h. der alleinige Sorgeberechtigte kann den Aufenthalt des Kindes bestimmen. Sofern beide Elternteile das gemeinsame Sorgerecht innehaben, kann hier nicht ohne Weiteres mit dem Kind ausgereist werden.
Einfacher würde sich die Angelegenheit gestalten, sofern im Rahmen der Scheidung auch über das Sorgerecht, mit dem Ziel des alleinigen Sorgerechtes, entschieden wird.
Sodann könnte der Kindsvater nur bei Gründen die dem Kindeswohl entgegenstehen gegen eine Ausreise einschreiten. Dies müsste gerichtlich festgestellt werden.
Bleibt es bei dem gemeinsamen Sorgerecht, so müsste die gegenläufige Meinung des Vaters zum Aufenthalt des Kindes durch eine Entscheidung des Gerichtes ersetzt werden.
Von einer Ausreise ohne das Einverständnis des Vaters bzw. einer entsprechenden gerichtlichen Entscheidung würde ich dringend abraten. Ein Sorgeberechtigter hat einen Rückführungsanspruch gegen den anderen, sofern das Kind durch Verbringung ins Ausland einfach entzogen wird. Hierzu kann er sich behördlicher Hilfe bedienen. Letztlich wäre auch eine Strafbarkeit wegen Kindesentziehung, § 235 Abs. I bezüglich des Freundes, Abs. II StGB bezüglich der Mutter denkbar. Der Strafrahmen hierfür liegt bei bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Je nach Tatbestand ist bereits der Versuch strafbar.
Grundsätzlich ist bis zum Scheidungsantrag das sog. Trennungsjahr einzuhalten. Eine strikte Trennung ist nicht erforderlich. Bereits das getrennte Leben in der gemeinsamen Wohnung genügt hier bzw. kann angerechnet werden, sofern man wirklich nicht mehr gemeinsam lebt (kein gemeinsames Essen, Leistungen und Hilfe für den Anderen, etc.). Es müsste sozusagen jeder seinen Haushalt selbst führen.
Je nach Auslastung der Gerichte und Umfang der Angelegenheit (insbesondere der Folgesachen wie etwa Unterhalt, Sorgerecht, etc.) können hier nach Antragstellung durchaus einige Monate vergehen. Dies insbesondere wenn die Parteien sich nicht einig sind.
Sofern hier keine gütliche Einigung mit dem Kindsvater und Ehemann möglich ist, wäre es ratsam einen familienrechtlich orientierten Kollegen/in vor Ort aufzusuchen und mit der Sache zu betrauen. Spätestens mit dem Antrag auf Scheidung bedürfen Sie sowieso der Hilfe eines Rechtsanwaltes. Das Gesetz sieht in Ehe- und Folgesachen den Anwaltsprozess vor. Aufgrund der erheblichen Folgen die Handlungen in einem derartigen Prozess haben können, besteht insofern Anwaltszwang, als das eine wirksame Prozesshandlungen nur durch einen Anwalt vorgenommen werden kann.
Eine Scheidung mit nur einem Anwalt (des Antragstellers/in) ist möglich, soweit die andere Partei selbst keine Anträge stellt (also zustimmt).
Ich hoffe Ihre Fragen zufrieden stellend beantwortet zu haben.
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Bitte beachten Sie, dass die Antwort auf Ihren Angaben beruht und sich die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes nur bei Kenntnis aller Details der Sache vollumfänglich und sicher treffen lässt.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas M. Boukai
- Rechtsanwalt -
Diese Antwort ist vom 19. September 2007 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Andreas M. Boukai
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Hat der Kindesvater trotz etwaigem alleinigem Sorgerecht weiterhin das Besuchsrecht? Vielen Dank für Ihre Information.
Sehr geehrte(r) Fragesteller(in),
das Besuchsrecht bedarf nicht des Sorgerechtes. Sofern den Besuchen nicht das Kindeswohl entgegen steht darf und soll dem anderen Elternteil nicht der Kontakt zu dem Kind erschwert werden.
Letztlich ist ein Kind kein Spielball der sich trennenden Eltern sondern ein eigenes Individuum, das Anspruch auf Kontakt zu beiden Elternteilen hat. Ein gutes und vernünftiges Verhältnis ist der Entwicklung förderlich. Bei unbegründeter Erschwernis der Besuche wird das Kind sich spätestens im Erwachsenenalter fragen, weshalb dies so gehandhabt wurde und wer an dem schlechten Kontakt Schuld hat.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas M. Boukai
Rechtsanwalt