Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegebenen Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
Im Ergebnis muss ich Ihnen mitteilen, dass Sie zwar hinsichtlich der Wirkung des § 145 SGB III
im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes teilweise recht haben, jedoch Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld trotzdem zurzeit an Ihrer fehlenden Mitwirkungspflicht scheitert. Dieses muss ich wie folgt erläutern:
Der von Ihnen zitierte § 145 SGB III
fingiert nach herrschender Meinung tatsächlich die Verfügbarkeit des Arbeitslosen (§ 138 Abs. 1 S.3 SGB III
). Es tritt bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Frage der Erwerbsminderung eine sogenannte Speerwirkung ein. In Ihrem Fall dürfte diese Speerwirkung dann bis zur Entscheidung des Landessozialgerichtes andauern. Dieses ergibt sich aus dem Urteil des Bundessozialgerichtes vom 09.09.1999 - B 11 AL 13/99 R
. Dieses hat zur Folge, dass die Arbeitsagentur Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld mit dem Argument, dass Sie nicht in der Lage sein sollten, körperlich leichte Tätigkeiten drei Stunden täglich zu verichten, ablehnen kann.
Das Problem ist jedoch hierbei, dass bei der Frage der sogenannten Verfügbarkeit des Arbeitslosen zwischen der objektiven und der subjektiven Verfügbarkeit differenziert wird. Die objektive Verfügbarkeit, somit die Frage ob Sie in der Lage sind eine körperlich leichte Tätigkeit mindestens drei Stunden täglich zu verrichten, wird ganz eindeutig durch die Regelung des § 145 SGB III
fingiert.
Die sogenannte subjektive Verfügbarkeit, also die Frage Sie bereit sind, jede Beschäftigung anzunehmen und auszuüben (bzw. an jeder Eingliederungsmaßnahme teilzunehmen), für die Sie objektiv verfügbar sind, wird durch die Regelung des § 145 SGB III
tatsächlich auch nach Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes nicht fingiert. Sie müssen also bereit sein, sich innerhalb Ihres Leistungsvermögens der Vermittlung zur Verfügung zu stellen. Dabei muss die Arbeitsagentur aber natürlich Ihre körperlichen und psychischen Einschränkungen hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit berücksichtigen, kann Sie also nicht in jede Tätigkeit vermitteln.
Insgesamt können Sie nach dem von Ihnen geschilderten Sachverhalt zurzeit aber keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld wirksam geltend machen, da Sie subjektiv für die Arbeitsagentur nicht zur Verfügung stehen. Eindeutig hatten Sie der Arbeitsagentur mitgeteilt, dass Sie Ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachkommen werden, da Sie "fiktiver Rentner" seien. Sie sollten unbedingt einen neuen Antrag auf Arbeitslosengeld stellen und sich der Arbeitsvermittlung innerhalb Ihrer Möglichkeiten zur Verfügung stellen.
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Diese Antwort ist vom 26.04.2018 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Sehr geehrter Herr Aust,
vielen Dank. Ich habe alles verstanden. Ändert die Tatsache, das ich die ganze Zeit, also vor Antragstellung bei der der Arbeitsagentur bis nach der Entscheidung durch das LSG, krank geschrieben war und dies auch bekannt gab, etwas an der subjektiven Verfügbarkeit?
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Fragesteller,
bezüglich Ihrer Nachfrage kann ich Ihnen mitteilen, dass die Tatsache der Arbeitsunfähigkeit vor Beginn der Antragstellung die vorliegende subjektive Verfügbarkeit nicht entscheidend beeinflusst. Bereits vor der Antragsstellung waren Sie wie mitgeteilt arbeitsunfähig. Der entsprechende Maßstab der Arbeitsunfähigkeit, somit die Frage anhand welcher Tätigkeiten die Arbeitsunfähigkeit zu beurteilen ist, richtet sich dann an der zuletzt ausgeübten Tätigkeit aus. Damit dürfte es eindeutig sein, dass Sie nicht mehr in der Lage sind diese Tätigkeit in dem vertraglich geschuldeten Umfang zu erbringen.
Die Frage der Verfügbarkeit des § 145 SGB III
orientiert sich jedoch an körperlich ganz leichten Tätigkeiten. Diese müssen Sie mindestens drei Stunden täglich verrichten können. Das Sie in Ihrer Arbeitsfähigkeit zum Teil eingeschränkt sind ergibt sich eindeutig aus der bisherigen Arbeitsunfähigkeit. Sie können sich aber (und müssen dieses auch) der Arbeitsvermittlung für körperlich leichte Tätigkeiten innerhalb Ihres Leistungsvermögens zu Verfügung stellen. Dieses hat zur Konsequenz, dass Sie bei einer erneuten Beantragung von Arbeitslosengeld die bisherige Arbeitsunfähigkeit der Agentur nicht mehr vorlegen sollten.
Im Wesentlichen haben Sie auch keine negativen Konsequenzen von Seiten der Agentur zu erwarten. Sie können Ihre Vernittelbarkeit aufgrund der Erkrankungen soweit einschränken, dass Sie sich nur noch für leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung der Vemittlung zur Verfügung stellen. Diese Tätigkeiten (z.B. Museumswärter oder Bürohilfskraft) wird man Ihnen aber aufgrund der fehlenden freien Stellen nicht zur Verfügung stellen können. Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung entspricht dieses auch weiterhin den entsprechenden Umständen in den Arbeitsagenturen.
Ich gehe davon aus, dass diese theoretische Verfügbarkeit auch z.B. der Beweiserhebung in dem sozialgerichtlichen Verfahren der ersten Instanz entspricht. Für den Fall, dass Sie das Verfahren vor dem Landessozialgericht dann gewinnen und das Gericht feststellt, dass Sie keine Tätigkeiten mehr als sechs oder drei Stunden täglich verrichten könnten, hätte dieses dann natürlich rückwirkende Konsequenzen auf die entsprechende Gewährung des Arbeitslosengeldes. Bis zur endgültigen Entscheidung besteht jedoch die bereits beschriebene Speerwirkung des § 145 SGB III
und das Arbeitslosengeld ist bei entsprechender Mitwirkung Ihrerseits von der Agentur für Arbeit zu gewähren.
Ich hoffe Ihre Nachfrage zu Ihrer Zufriedenheit beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Pierre Aust