Sehr geehrter Ratsuchender,
nach Ihren Angaben gehe ich davon aus, dass Ihre Schwester per Generalvollmacht wirksam bevollmächtigt ist, sämtliche rechtlichen Angelegenheiten für Ihre Mutter zu besorgen, ähnlich wie ein gesetzlicher Vertreter bzw. wie ein rechtlicher Betreuer.
Dies bedeutet zunächst, dass es für alle Entscheidungen, die Ihre Mutter zu treffen hat, auf den Willen Ihrer Schwester ankommt, auch wenn Ihre Mutter eine andere Entscheidung treffen will. Dies gilt solange, bis Ihre Mutter die Vollmacht widerruft. Allerdings ist ein Widerruf der Vollmacht hier nicht möglich, wenn Ihre Mutter aufgrund ihrer Demenz geschäftsunfähig im Sinne des § 104 Nr. 2 BGB
ist, da eine entsprechende Willenserklärung gemäß § 105 Abs. 1 BGB
nichtig wäre.
Auch im Rahmen der Erbengemeinschaft tritt Ihre Schwester somit stellvertretend für Ihre Mutter auf.
Ihre Schwester kann aber dennoch nicht ohne Zustimmung der anderen Erben, also Ihre Schwägerin und Sie eigenmächtig Rechtgeschäfte im Namen der Erbengemeinschaft eingehen. Sie kann insbesondere auch keinen Mietvertrag über eine Wohnung in dem geerbten Haus abschließen - zu welchen Konditionen auch immer - ohne dass Sie und Ihre Schwägerin zustimmen.
Denn die Mitglieder einer Erbengemeinschaft können über einzelne Nachlassgegenstände (hier das Elternhaus) nur gemeinschaftlich verfügen, siehe § 2040 Abs. 1 BGB
.
Zwar sind die Miterben einander verpflichtet, zu einer „ordnungsmäßigen Verwaltung" des Nachlasses aktiv beizutragen (§ 2038 BGB
). So könnte Ihre Schwester unter Umständen die Zustimmung der anderen Erben zu einer Vermietung verlangen, wenn dies wirtschaftlich sinnvoll und erforderlich ist, um den Nachlass zu erhalten bzw. zu mehren. Aber gerade in diesem Fall wäre dies zu verneinen, da die Vermietung ja ohne Gegenleistung erfolgen soll, und zudem an eine Person außerhalb der Erbengemeinschaft.
Sie (und auch Ihre Schwägerin) können daher der Vermietung mit Erfolg widersprechen, ungeachtet der Tatsache dass Ihr Anteil am Erbe nur (jeweils) 1/12 beträgt.
Auch nach dem Ableben Ihrer Mutter ändert sich daran nichts, da sich dann nur die Erbanteile verschieben.
Ihr eigentliches Anliegen, die Immobilie zu veräußern und den Erlös nach Anteilen unter den Erben aufzuteilen, lässt sich dagegen durchaus realisieren. Sie müssen hierzu allerdings die „Auseinandersetzung", also die Teilung des gesamten Nachlasses verlangen, nicht nur die Teilung der Immobilie. Gemäß § 2042 BGB
steht jedem einzelnen Miterben jederzeit das Recht zu, die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft zu verlangen.
Auf diese Weise könnten Sie in der aktuellen Situation „den Spieß umdrehen".
Ich hoffe, ich konnte Ihre Rechtsfragen hinreichend und verständlich beantworten. Für Verständnisfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung, ebenso wie für eine weitergehende Interessenwahrnehmung, wenn Sie mich dazu beauftragen möchten.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Geyer
Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 29.11.2010 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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