Sehr geehrter Fragesteller,
Ihre Anfrage möchte ich Ihnen auf Grundlage der angegeben Informationen verbindlich wie folgt beantworten:
vielen Dank für Ihre interessante Frage, die ich Ihnen gerne auf der Grundlage Ihrer Angaben und der gesetzlichen Vorgaben, sowie dem gewählten Einsatz beantworte.
Da Ihnen die ähnliche Fragstellung aus dem Jahr 2009 bereits bekannt ist, werde ich die dortigen Inhalte nicht wiederholen. Die Hinweise sind nach wie vor aktuell und enthalten daher für Sie hilfreiche Informationen.
Hier werde ich Ihnen weitere Informationen speziell zu Ihren Fragen geben:
1.
Sie können mit Zustimmung der gesetzlichen Vertreter (Eltern) Gesellschafter einer GmbH werden. Sofern die GmbH neu gegründet wird bestehen in der Gründungsphase besondere Risiken, z.B: wegen Einlagenverpflichtung und der unbegrenzten Haftung vor Eintragung gem. § 11 Abs. 2 GmbHG
auch für die Gesellschafter. Daher ist bei der Teilnahme an der Gründung neben der Genehmigung des gesetzlichen Vertreters die des Vormundschaftsgerichts notwendig (§ 1822 Nr. 3, 2. Fall BGB
).
Auch bei einem Erwerb einen GmbH-Anteils gegen Bezahlung wäre das so.
Wird der bestehende GmbH-Anteil, für den die Einlage voll einbezahlt ist, dem Minderjährigen geschenkt, braucht es dafür keine gerichtliche Genehmigung, weil keine relevanten Risiken oder Pflichten mit der Übernahme verbunden sind.
Die Funktionen des Gesellschafters in der Gesellschafterversammlung übt der Minderjährige aber immer über die gesetzlichen Vertreter aus.
2.
Gemäß § 6 Absatz 2
GmbH-Gesetz (GmbHG) kann Geschäftsführer nur eine unbeschränkt geschäftsfähige natürliche Person sein. Daher kann kein Minderjähriger dazu bestellt werden.
Ausnahmen von dieser eindeutigen gesetzlichen Vorgabe gibt es nicht (Gerichtsentscheidung z.B. OLG Hamm, Beschl. v. 13.04.1992 – 15 W 25/92
.
3.
Ein Minderjähriger kann Prokurist oder Handlungsbevollmächtigter werden. Seine Erklärungen sind rechtlich voll wirksam, § 165 BGB
.
Sofern die Tätigkeit als Prokurist in der Handelsfirma in einer selbständigen Position nur im Rahmen eines Dienstvertrags ausgeübt wird, müsste auch die Zustimmung des Vormundschaftsgerichts gemäß § 112 BGB
erwirkt werden.
Bei einem Arbeitsvertrag, über den die GmbH die Haftungsrisiken im Wesentlichen übernimmt und der minderjährige Prokurist als Arbeitnehmer tätig ist, sehe ich keine Notwendigkeit einer gerichtlichen Genehmigung. Dafür gäbe es keine gesetzliche Vorgabe. Denn auch sonst können Minderjährige ja als Arbeitnehmer mit Zustimmung er Eltern tätig sein.
4.
Eine solche Regelung im Gesellschaftsvertrag (Satzung) ist möglich. Es gibt Satzungen, die einen bestimmten Geschäftsführer auch schon bei der Gründung vorsehen. Die Satzung kann aber insofern durch die Gesellschafter auch wieder mit der notwendigen Mehrheit der Stimmen (die im Vertrag auch vorab wirksam festgelegt werden kann, also z.B. 50 / 66 / 75 % des Kapitals) geändert werden.
Außerdem müsste trotzdem die formelle Abberufung des früheren Geschäftsführers und Ihre Neuberufung bei Erreichen des 18 Lebensjahrs nochmals beschlossen und über einen Notar zum Handelsregister angemeldet werden. Diese Regelung wäre nur eine interne Verpflichtung der Gesellschafter untereinander.
Eine Verpflichtung für Sie, die Geschäftsführung mit 18 Jahren tatsächlich zu übernehmen, kann sich sich aus einer solchen Regelung auch nicht ergeben, auch wenn Sie die Satzung selbst mit Genehmigung mitunterzeichnen. Dem steht der verfassungsrechtlich garantierte Minderjährigenschutz entgegen.
5.
Für eine Befreiung gem. § 112 BGB
für eine selbständige Tätigkeit sollte dem Gericht nachgewiesen werden, dass Sie mit Ihren vorgesehenen Handlungen die bestehenden Risiken erkennen und steuern können. Das Gericht muss dafür sorgen, dass Sie sich durch die Tätigkeit nicht selbst gefährden. Daher prüft das Gericht auch, ob die Eltern Ihre Tätigkeit ausreichend überwachen (können). Es darf z.B. nicht die Gefahr bestehen, dass die gesetzlichen Vertreter den Minderjährigen ausnutzen oder dessen Vermögen für eigene Interessen gefährden.
§ 112 BGB
ist keine abschließende Befreiung von gesetzlichen Beschränkungen, sondern erfolgt durch die geseztlichen Vertreter widerruflich. Sie bewirkt nur, dass die Eltern nicht jede einzelne Erklärung (Bestellung, Annahme eines Auftrags, etc.) umständlich einzeln abnicken müssen.
Die Genehmigung des gesetzlichen Vertreters kann mündlich abgegeben werden, sollte aber besser schriftlich für das Gericht fixiert werden.
In jedem Fall ist eine Haftungsbegrenzung gegenüber der Einzelfirma sinnvoll, insbesondere weil Sie das Kapital in der GmbH sofort wieder geschäftlich nutzen können.
Sollten noch Unklarheiten bestehen, können Sie die Nachfragefunktion wählen.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Fortführung Ihres Geschäftes!
Ich hoffe, Ihre Frage verständlich beantwortet zu haben und bedanke mich für das entgegengebrachte Vertrauen. Bei Unklarheiten können Sie die kostenlose Nachfragefunktion benutzen.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Musiol, Rechtsanwalt
Diese Antwort ist vom 09.08.2012 und möglicherweise veraltet. Stellen Sie jetzt Ihre aktuelle Frage und bekommen Sie eine rechtsverbindliche Antwort von einem Rechtsanwalt.
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Antwort
vonRechtsanwalt Stefan Musiol
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Rechtsanwalt Stefan Musiol
Fachanwalt für Gewerblicher Rechtsschutz
Guten Tag Herr Musiol,
viele Dank für Ihre detallierte Beratung. Folgende Antwort erhielt ich heute von unserem Notar:
"Guten Tag,
daß Ihre Gesellschaft wie geplant ohne weiteres gegründet werden kann, bezweifle ich.
Nach im juristischen Schrifttum vertretener Meinung ist bei Gründung durch Minderjährige Genehmigung des Familiengerichts nach den § 1822 BGB
erforderlich, wobei dann noch der Vertragsabschluß durch einen Ergänzungspfleger erfolgen müßte.
Ihr Anwalt beruft sich darauf, daß die Schenkung einen rechtlichen Vorteil bringe. Dies ist nicht erfüllt, da das Stammkapital nur zur Hälfte eingezahlt werden soll. Dies bedeutet, daß die zweite Hälfte rechtlich vom Geschäftsführer jederzeit angefordert werden kann und deshalb nicht unter die gesetzliche Vorschrift des rechtlichen Vorteils fällt.
Ich gehe deshalb davon aus, daß eine Eintragung im Handelsregister nicht erfolgen wird.
Freundliche Grüße"
Könnten Sie mir hier noch einmal erläutern, wie ich am Besten argumentiere, bzw. was zu tun ist, wenn es, wie der Notar sagt, nötig ist, den Vertrag mit einem Ergängungspfleger abzuschließen? Unser Steuerberater hat uns dazu bewogen, am Anfang nur die Hälfte des Stammkapitals einzuzahlen, da dies üblich und das gesamte Stammkapital anfangs nicht notwendig sei.
Zu aller letzt: Wäre es im Extremfall einfacher, nur eine Prokura im Handelsregister zu vermerken und den Eintritt von mir als Gesellschafter bzw. Geschäftsführenden Gesellschafter zu meinem 18. Geburtstag in der Satzung zu Vermerken? Wenn ja, wie könnte so etwas aussehen?
Danke & viele Grüße
Sehr geehrte Ratsuchende, sehr geehrter Ratsuchender,
vielen Dank für Ihre Nachfrage, die ich Ihnen gerne beantworte.
Die Mitteilung des Notars entspricht den Hinweisen unter Ziff. 1.
Den Ergänzungspfleger bei Gründung könnten Sie wie ausgeführt nur umgehen, wenn zunächst nur Volljährige (z.B. die Eltern) die Gründung vornehmen, das Kapital voll einzahlen und dann die Anteile schenkweise übetragen.
Wird das Kapital nicht voll einbezahlt, besteht die ständige Gefahr, dass erhebliche Zahlungen geleistet werden müssen. Davor schützt Sie das Gesetz. Die Eingehung dieser Verbindlichkeiten müsste ein Ergänzungspfleger überwachen.
Wie unter Ziff. 3 ausgeführt, ist die Eintragung einer Prokura bei einem Arbeitsverhältnis unproblematisch.
Die Frage "Vormerkung" des Geschäftsführers ist unter Ziff. 4 beantwortet, bezüglich der Gesellschafterstellung gilt Folgendes:.
Die Verteilung/Übertragung der Gesellschaftsanteile ist nicht Gegenstand der Satzung, sondern wird unter den Gesellschaftern oder von diesen mit evtl. Käufern der Anteile in Einzelverträgen vereinbart.
Die Satzung kann nur Zustimmungsrechte der anderen Gesellschafter vorsehen, also ein Vetorecht, falls ein Gesellschafter die Anteile veräußern will. Auch Vorkaufsrechte der anderen Gesellschafter oder der Gesellschaft selbst können geregelt sein.
Eine solche Abtretung (Übertragung) der Anteile an Sie könnte mit den Eltern gegebenenfalls schon nach Gründung aufschiebend bedingt auf den Zeitpunkt Ihrer Volljährigkeit vereinbart werden. Bis dahin wäre diese Abtretung dann nicht wirksam. Ihre Eltern könnten aber auch nicht mehr "zurückziehen".
Sie müssten der Übernahme der Anteile allerdings mit Volljährigkeit - wie bei allen vorher für Sie geschlossenen Geschäften - nochmals gesondert zustimmen, da Sie das Gesetz auch hier vor nachteiligen Vereinbarungen schützt.
Hier wird Sie der zuständige Notar sicher über die konkrete Ausgestaltung einer solchen Vereinbarung beraten.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Gründung!
Ihr
RA Stefan Musiol